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Das Haus in Georgetown

Das Haus in Georgetown

Titel: Das Haus in Georgetown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards
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und seine Freunde nicht gerade erst eingezogen waren. Unter dem Hahn spülte sie zwei schmutzige Tassen aus und suchte im Hängeschrank nach Zucker.
    Aus der Tüte ergoss sich ein Strom roter Ameisen. Sie schaufelte löffelweise ameisenfreien Zucker in die Tassen und füllte sie mit Kaffee auf. Die Milch im Kühlschrank roch unverdächtig, also nahm sie sich einen Schuss. Wieder im Wohnzimmer, reichte sie Enzio seine Tasse. Mit einem Nicken forderte er sie auf, sich wieder aufs Sofa zu setzen.
    „Warum hast du keinen Job? Wollen deine Mom und dein Daddy das nicht?“
    Sie hörte den Spott heraus, aber sie konnte ihm ja schlecht erklären, dass Vierzehnjährige froh sein mussten, wenn sie zum Babysitten oder Hundeausführen engagiert wurden. „Ach, die finden, dass ich meine Zeit zum Lernen verwenden sollte.“ Sie nahmeinen Schluck Kaffee und hätte ihn beinahe wieder ausgewürgt. Es war, als würde man geschmolzene Eiscreme trinken.
    „Bist du so schlecht in der Schule?“
    „Sie wollen mich auf ein wirklich gutes College schicken.“
    „College?“ Er schnaubte verächtlich. „Versprich dir nicht zu viel davon. Die Profs ziehen alle ihr eigenes Ding durch. Man kann froh sein, wenn man sie in den Vorlesungen zu Gesicht bekommt. Niemand benutzt seinen Verstand.“ Er tippte sich an die Schläfe. „Außer mir.“
    Sie war beeindruckt. Enzio unterschied sich so stark von den Jungs, die sie kannte, dass er ihr zu einer anderen Spezies zu gehören schien. „Du machst nicht weiter?“ Sie suchte nach einem Platz für ihre Tasse. Ihr Magen hätte keinen zweiten Schluck vertragen.
    „Ich mache meinen eigenen Laden auf. Ich weiß, was sich wirklich verkauft. Ich muss nur noch das nötige Geld zusammenkriegen.“
    „Wie?“ Sie hatte keine Ahnung von Klamotten-Läden, aber es war völlig klar, dass man eine Menge Geld brauchte, um selbst einen zu eröffnen.
    „Ich habe meine Methoden. Klamotten sind nicht das Einzige, was ich verkaufe.“ Zur Bekräftigung zog er eine seiner ausgeprägten schwarzen Brauen hoch.
    Eine ganze Weile begriff sie nicht, wovon er sprach. Dann fiel der Groschen: Drogen. Enzio dealte.
    Sie wollte aufstehen, aber er hielt sie am Handgelenk zurück. „Keine Angst. Ich verkaufe nichts, wofür sie einen richtig drankriegen können. Wie alt warst du noch gleich?“
    „Alt genug, um mich zu fragen, wieso du das Risiko eingehst, hochgenommen zu werden.“
    „Weil da richtig Kohle drinsteckt.“ Er schüttelte den Kopf, als könne er nicht glauben, dass sie so dumm war.
    „Ja und? Warum arbeitest du nicht gleich als Killer?“
    „Auf welchem Planeten lebst du? Was ich mache, schadet keinem. Die Leute rauchen ein bisschen Gras und fühlen sich ein wenig besser. Ich tu was für ihr Wohlergehen, wie ein Arzt. Es ist besser als Prozac. Und nicht so teuer.“
    Man hatte ihr eingetrichtert, dass alle Arten von Drogen Teufelszeug waren. Sowohl in der Schule als auch zu Hause hatte man ihr beigebracht, einfach zu allem Nein zu sagen, was den Werten ihres Elternhauses entgegenstand. Aber in letzter Zeit waren so viele ihrer Überzeugungen den Bach runtergegangen, dass sie allmählich den Überblick verlor. Ihr „Was würde Jesus tun“-Armreif lag jetzt ganz unten in der T-Shirt-Schublade, weil ihr auf diese Frage derzeit einfach keine Antworten einfielen.
    Enzio schaute sie ungläubig an. „Erzähl mir nicht, dass du noch nie was geraucht hast.“
    Sie stand auf, und diesmal hielt er sie nicht fest. „Wissen die anderen, was du tust? Colin? Selim?“
    „Als ob die das kümmert. Die würden doch ihre eigenen Omas verkaufen, wenn sie Geld bräuchten. Nur gut, dass sie es nicht nötig haben. Colins Dad gehört das größte Autohaus von New Jersey. Selims Vater besitzt drei Elektrogeschäfte. Selim und seine Schwester arbeiten nur, weil ihr Alter glaubt, sie bräuchten diese Erfahrung.“
    „Ich geh besser.“
    Er lachte. „Hey, hab ich was Falsches gesagt?“
    „Nein, aber ich muss nach Hause.“
    „Klar, du Baby. Lauf doch zu deiner Mama.“
    Sie war beleidigt, aber clever genug, ihm das nicht zu zeigen.„Ja, mach ich. Wenigstens kann ich da nicht hopsgenommen werden.“
    „Mich nimmt keiner hops. Ich weiß, was ich tue. Glaubst du, die Hauptstadt-Cops kümmern sich um kleine Fische wie mich? Sie sind hinter den Typen her, die die Koksnasen und Junkies versorgen.“
    Das leuchtete ihr irgendwie ein. Die Leere, die ihr Vater in ihr zurückgelassen hatte, füllte sich mit aufregenden Dingen.

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