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Das Haus mit der grünen Tür

Das Haus mit der grünen Tür

Titel: Das Haus mit der grünen Tür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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Stütze. Ihr Gesicht war bleich wie eine Gipsmaske und hatte einen ebenso erstarrten Ausdruck. Die Augen waren immer noch groß, aber vor das Blau waren jetzt graue Schlechtwetterwolken gezogen. Dieses Mal ließ mich ihr Haar nicht an den Schnee auf dem Kilimandscharo denken, sondern an ein Leichentuch. »Mobergs Sekretärin. Sie war es, die entdeckte …«, sagte Andersen leise.
    Ich nickte. »Was hat sie hier gemacht?«
    »Sie sollte Papiere für Moberg holen. Er rief aus Stavanger an, und …« Dann verstummte er so plötzlich, daß ich fast eine Lippen aufeinanderknallen hörte. Ihm war aufgegangen, daß er Staatsgeheimnisse an einen Ausländer verriet. Vielleicht hatte er auch Muus gesehen. Muus füllte aufs neue die Garagentür aus. Als er die schöne junge Frau mit dem schneefarbenen Haar sah, trat er hinaus in die Sonne, mit einem Sonnenscheinlächeln auf den Lippen. Er war kein schöner Anblick.
    Die junge Frau schaute etwas erschrocken drein, als Muus auf sie zustampfte und mit sonorer Stimme sagte: »Na? Fühlen Sie sich besser, Fräulein Varde?«
    Ihre Stimme war leise, als sie antwortete: »Ja. Ja, danke. Ich habe – mich wieder gefangen.«
    Ihr Blick glitt an Muus vorbei, als ob sie den Anblick schlecht ertragen könnte. Einen Augenblick blieb er an mir hängen. Ich sah, daß sie versuchte, mich einzuordnen. Es dauerte ein paar Sekunden, dann sagte sie: »Ohhh.« Weiter nichts.
    Aber für Muus war es genug. Er drehte sich um und folgte ihrem Blick. »Kennen Sie diesen Mann, Fräulein Varde?«
    »Wen? Herrn – Veum? Nein. Ja. Er war bei – bei Moberg vor ein paar Tagen.«
    »So, war er?«
    Sie nickte, und ihr Blick glitt weiter. In den schönen Tag hinaus. Hinaus in die Leere.
    »Nimm Veum mit auf die Wache«, kläffte Muus Andersen an.
    »Fräulein Varde fährt mit mir.«
    Sie sagte: »Aber …«
    »Ich fürchte, Sie werden eine etwas ausführlichere Erklärung abgeben müssen, Fräulein Varde. Aber es wird nicht allzulange dauern, das versichere ich Ihnen.« Er war die Liebenswürdigkeit in Person.
    »Hast du selbst einen Wagen?« fragte Andersen.
    Ich nickte.
    »Dann nehmen wir den.«
    Wir gingen zum Mini hinunter. Er brachte seine große Gestalt vor dem Wagen zum Stehen. Skeptisch sah er auf ihn hinunter, wandte sich dann mir zu und sagte: »Hast du einen Büchsenöffner?«
    Wir fuhren zur Wache ohne ein Wort.

14
    Das Büro war alles andere als einladend. Ein Schreibtisch in einer Farbe, bei der sich mir der Magen umdrehte. Die Farbe der Wände machte es auch nicht besser. Regale mit Gesetzbüchern und Aktenordnern. Auf dem Schreibtisch stand ein Bild in einem Rahmen. Ich sah nur die Rückseite und wagte es nicht, mich vorzubeugen, um es mir anzusehen. Es war wahrscheinlich Muus’ Frau, und den Schock würde ich sicher kaum verkraften. Der Stuhl hinter dem Schreibtisch war leer. Auf einem Stuhl gleich neben der Tür saß Andersen. Er hatte eine Zigarettenleiche im Mundwinkel und sah selbst auch nicht viel lebendiger aus. Er starrte leer in die Luft. Auf einem Stuhl mitten im Zimmer saß ich. Es war kein bequemer Stuhl. Es war der, auf dem die Verdächtigen zu sitzen pflegen, und das schlechte Gewissen mehrerer Jahrzehnte hatte sich in dem harten, unebenen Sitzpolster abgelagert.
    Wir warteten.
    Ich hatte versucht, mehr aus Andersen herauszukriegen, aber vergeblich. Er war ungefähr so gesprächig wie ein leerer Kühlschrank. Als die Tür endlich aufging, geschah dies mit einem Knall, aber Andersen verzog kaum eine Miene. Ich schrak von meinem Stuhl auf. Muus wankte herein mit seinen ganzen hundert Kilo und plumpste auf den Stuhl hinter dem Schreibtisch; sein Blick grub sich wie mit Krallen in mein Gesicht. Er ließ seine riesigen Pranken auf den Schreibtisch klatschen. Dann rieb er sie gegeneinander. »Na. Wir beide, Veum. Wir beide«, sagte er. Er sah aus, als hätte er sich auf mich gefreut. »Was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen?« begann er.
    »Wie lautet die Anklage?« fragte ich.
    »Das kommt ganz drauf an. Du kannst wählen. Freie Auswahl aus der obersten Reihe. Belästigung durch Verfolgung, Erpressung, Mord, was du willst, Veum. Was du willst.«
    »Könntest du die Alternativen ein bißchen näher erläutern?«
    »Nix. Du erläuterst. Was hast du heute morgen da oben gemacht – und warum?«
    Andersen regte sich neben mir. Er war also wach. Ich sagte: »Ich war engagiert – eine Frau zu beschatten, die … Die Verstorbene. Frau Moberg.«
    »Engagiert? Vom wem? Ihrem

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