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Das Haus zur besonderen Verwendung - Boyne, J: Haus zur besonderen Verwendung - The House of Special Purpose

Das Haus zur besonderen Verwendung - Boyne, J: Haus zur besonderen Verwendung - The House of Special Purpose

Titel: Das Haus zur besonderen Verwendung - Boyne, J: Haus zur besonderen Verwendung - The House of Special Purpose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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aufgewachsen.«
    »Warum dann diese Geheimniskrämerei? Haben Sie vielleicht was zu verbergen? Haben Sie Angst, dass man Ihnen auf die Schliche kommt?«
    Ich blickte um mich und zögerte, bevor ich antwortete – im Lokal war ein reges Stimmengewirr zu vernehmen, aber ich war mir ziemlich sicher, dass die meisten Ohren trotzdem auf unser Gespräch gerichtet waren.
    »Ich habe überhaupt nichts zu verbergen«, sagte ich schließlich. »Und wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich dieses Gespräch jetzt gerne beenden.«
    »Beantworten Sie meine Frage, und dann lasse ich Sie in Ruhe«, sagte er, nun mit einer aggressiveren Stimme, so als habe er die Geduld mit mir verloren. »Los, kommen Sie, Mister, wenn es keine so große Sache ist, wieso wollen Sie mir dann nicht erzählen, wo Sie Ihren Akzent herhaben?«
    »Aus Russland«, sagte ich. »Ich bin in Russland geboren worden. Ist Ihre Neugier damit gestillt?«
    Er lehnte sich einen Moment lang zurück und schien fast ein bisschen beeindruckt. »Russland«, murmelte er vor sich hin, bevor er sich seinem Freund zuwandte. »Wie stehen wir uns mit den Russen, Frankie?«
    »Schlecht. Die können wir nicht ausstehen«, antwortete der jüngere Mann, wobei er sich vorbeugte und bedrohlich zu wirken versuchte, was ihm allerdings schwerfiel, denn mit seiner naiven, kindlichen Physiognomie erinnerte er eher an ein neugeborenes Lamm, das sich alle Mühe gab, auf die Beine zu kommen. Ich hatte den Eindruck, dass er, solange er nicht zum Sprechen aufgefordert wurde, in seiner ganz eigenen Gedankenwelt versunken war.
    »Meine Herren, ich denke, es ist an der Zeit, dass ich gehe«, sagte ich, erhob mich und ließ die beiden an ihrem Tisch zurück. Sie riefen mir hinterher, dass sie bloß nett sein wollten, dass sie bloß ein wenig mit mir plaudern wollten, doch ich beachtete sie nicht weiter und verließ den Pub, wobei ich spürte, dass mehr als nur ein Augenpaar auf mich gerichtet war. Ich ließ mich nicht beirren und wandte mich draußen in Richtung der Straße, die zu mir nach Hause führte, doch wenig später vernahm ich hinter mir Schritte, und das Herz rutschte mir in die Hose. Zwanzig oder dreißig Sekunden lang versuchte ich verzweifelt, mich nicht umzudrehen, doch die Schritte kamen näher und näher. Schließlich hielt ich es nicht mehr aus und schaute zurück, genau in dem Moment, als die beiden Männer aus dem Pub mich eingeholt hatten.
    »Wohin so schnell, Freundchen?«, fragte mich der Ältere, wobei er mich gegen die Hauswand drückte und bei der Kehle packte. »Wollen sich wohl aus dem Staub machen, um Ihren russischen Freunden geheime Informationen zuzustecken, wie?«
    »Lassen Sie mich los«, zischte ich ihn an und befreite mich für einen Moment aus seinem Griff. »Sie haben beide getrunken, und ich rate Ihnen, wieder in den Pub zurückzugehen und mich in Ruhe zu lassen.«
    »Ach, Sie wollen mir einen Rat geben?«, fragte er mich feixend, wobei er dem jüngeren Mann zuzwinkerte, bevor er ausholte, um mir mit der geballten Faust ins Gesicht zu schlagen. »Hier, ich habe auch einen Rat für Sie!«
    Seine Faust kam nie mit meinem Gesicht in Berührung, denn meine linke Hand umschloss seinen rechten Arm und – gelernt ist gelernt – brach ihm in Sekundenschnelle den Unterarm, während meine rechte Faust seitlich in seinen Unterkiefer krachte, sodass er rücklings auf den Bürgersteig fiel, wo er fluchend seinen lädierten Arm betastete, der ihm jetzt noch nicht wehtat, aber bereits taub wurde und ihm einen kleinen Vorgeschmack auf die Schmerzen gab, die ihn wenig später ereilen würden.
    »Der Saukerl hat mir den Arm gebrochen, Frankie!«, schrie er, wobei ihm die Worte wie Bier aus dem Mund trieften. »Frankie, er hat mir einfach so den Arm gebrochen. Schnapp ihn dir, Frankie! Mach ihn fertig!«
    Der jüngere Mann schaute mich verdutzt an, denn einen solchen Gewaltexzess hatte er, genauso wie ich, vorher noch nie erlebt. Ich erwiderte seinen Blick, ohne mit der Wimper zu zucken, und schüttelte den Kopf, um ihm zu bedeuten, dass jede Aktion seinerseits eine schlechte Idee wäre. Er schluckte nervös, und ich kehrte ihm den Rücken und entfernte mich, wobei ich ein gleichmäßiges Tempo einhielt und die mir nacheilenden Geräusche und Flüche ignorierte, bis ich die nächste Ecke erreicht hatte.
    Es lag Jahrzehnte zurück, dass ich mich auf diese Weise hatte verteidigen müssen, doch Graf Tscharnetzki hatte mich hervorragend ausgebildet, und die nötigen Bewegungen

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