Das Hausbuch der Legenden
weiter auszufragen. Sie bekannten sich offen zum Christentum. Da ließ der Statthalter sie festnehmen und hinrichten. Damit fiel ihr ganzes Vermögen an ihn. Als er es einziehen wollte, entdeckte er, daß Cäcilia schon alle bewegliche Habe an die Armen verschenkt hatte. Da wurde Almachius zornig und ließ auch Cäcilia vor seinen Richterstuhl schleppen, obgleich ihre einflußreiche Sippe dagegen Widerspruch erhob.
Er befahl ihr, den Göttern zu opfern, und bedrohte sie mit der Todesstrafe. Die Häscher hatten Mitleid mit der schönen jungen Frau und versuchten sie umzustimmen. Sie aber sagte zu ihnen: »Ihr guten Leute, wer sich zu Christus bekennt und dafür sterben muß, der entsagt nicht dem Leben; er gewinnt das wahre Leben. Wenn euch einer für Pfennige Taler anböte, würdet ihr dann nicht mit Freuden in den Tausch einwilligen?
Gott aber will, was er empfängt, hundertfältig vergelten.« Sie redete lang zu den Schergen; über vierhundert ließen sich taufen.
Amachius ließ sie in ihr Haus bringen und befahl, das Wasser in ihrem Bad zum Sieden zu bringen und sie dort
vierundzwanzig Stunden brodeln zu lassen. Aber Cäcilia vergoß dabei nicht einmal einen Tropfen Schweiß. Da gebot der Statthalter, sie im Bad zu enthaupten. Dreimal schlug der Henker mit aller Kraft nach ihr. Er konnte ihr aber das Haupt nicht abschlagen. Nach dem Gesetz durfte kein Enthaupteter einen vierten Streich bekommen. Der Nachrichter ließ sie darum in ihrem Blute liegen. Sie lebte noch drei Tage, ehe sie ihren Geist aufgab.
Sebastian, der Soldat Christi
SEBASTIAN STAMMTE
aus einer alten französischen
Adelsfamilie, die in Südfrankreich beheimatet war. Er wurde früh Soldat und kam mit einer der römischen Legionen nach Mailand und Rom. Er galt als ein tapferer und umsichtiger Vorgesetzter, den seine Männer liebten und verehrten. Als Kaiser Diokletian den jungen Offizier sah, ernannte er ihn zum Kommandanten seiner Leibwache. Er wußte nicht, daß
Sebastian Christ war, Sebastian behielt dieses Geheimnis für sich, weil er in seiner Stellung verfolgten Christen helfen oder sie wenigstens trösten und aufrichten wollte.
Als die Zwillingsbrüder Markus und Marcellianus, die jüngsten Söhne einer angesehenen römischen Familie,
hingerichtet werden sollten, kam ihre Mutter mit aufgelösten Haaren, zerrissenen Kleidern und entblößten Brüsten in den Kerker und flehte ihre Söhne an, dem Kaiser zu gehorchen und den Göttern zu opfern. Sie rief: »Liebe Kinder, erbarmt euch des Leibes, der euch getragen hat! Erbarmt euch der Brüste, die euch getränkt haben! Wäret ihr in die Hände der Feinde gefallen, ich würde mich in ihre Schwerter stürzen, um euch zu retten! Hätten Feinde euch in unterirdischen Kerkern festgehalten, ich hätte den Weg zu euch gefunden, trotz Schloß und Riegel! Aber ihr geht freiwillig in den Tod! Ihr entsagt freiwillig dem Leben! Was sind das für Zeiten, in denen die blühende Jugend vor den Augen der Eltern den Tod umarmt, während die hilflosen Alten sich an ihr Leben klammern!«
Auch der Vater stimmte in die Klagen der Frau ein. Er war alt und müde, zwei Knechte mußten ihn stützen. Er sprach leise, mit gebrochener Stimme: »Ich komme, um euch Lebewohl zu sagen, liebe Kinder. Ich hoffte immer, daß ihr mich einst bestatten und beweinen werdet. Und jetzt muß ich in diesen Kerker kommen, um euch die letzte Ehre zu erweisen. Habt ihr vergessen, daß ihr die Stütze meines hohen Alters seid, das Licht meiner erlöschenden Augen? Liebt ihr den Tod mehr als euren Vater? Kommt alle und helft mir, den Starrsinn meiner Kinder zu beweinen! Erblindet, meine tränennassen Augen, damit ich meine Söhne nicht von Henkers Hand fallen sehe!«
Die Frauen der beiden Verurteilten kamen mit den Kindern auf den Armen. Sie hielten sie den Vätern hin und fragten ihre Männer mit erstickter Stimme: »Was soll nun aus uns werden?
Was soll aus euren Kindern werden? Werden wir zu allem unseren schönen Besitz verlieren? Ihr Felsenherzen! Ihr schmäht eure Eltern und beschämt eure Freunde, viel
schlimmer, ihr verstoßt eure Kinder und die Mütter eurer Kinder! Freiwillig entsagt ihr diesem Leben! Freiwillig stürzt ihr euch in die Schwerter der Henker!«
Jammer und Vorwürfe machten die jungen Bekenner
unsicher. Sie waren nahe daran, nachzugeben. Da trat Sebastian zu ihnen, munterte sie auf und sagte: »Laßt euch die himmlische Krone nicht durch süße Bitten und irdische Verlockungen rauben! Haltet euch wacker,
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