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Das Hausbuch der Legenden

Das Hausbuch der Legenden

Titel: Das Hausbuch der Legenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Adolf Narciss
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Mönch antwortete: »Was geht das dich an, Bruder? Natürlich habe ich eine Zelle und Arbeit genug.«
    Da fragte der Mörder weiter: »Warum sitzest du dann nicht in deiner Zelle und beweinst deine Sünden?« Darauf antwortete der Mönch: »Du hast recht, Bruder, ich vernachlässige mich und meine Pflichten. Aber höre: jetzt bin ich hierher gekommen, um zu sehen, wie du geköpft wirst. Ich hoffe, daß ich auf diese Weise wieder Zerknirschung lerne.« Darauf beendete der Mörder das Gespräch mit den Worten: »Herr und Vater, geh lieber in deine Zelle, setz dich und danke Gott, daß er uns alle erlöst hat! Denn wisse: Seit er Mensch geworden und für uns gestorben ist, stirbt keiner mehr den ewigen Tod.«

    Abt Thomas und die Frauen

    ABT THOMAS reiste im Auftrag seines Klosters nach Theopolis, wurde schwer krank und starb in der Vorstadt Daphne, in der Kirche der heiligen Euphemia. Die Kleriker des kleinen Ortes kannten ihn nicht und begruben ihn deshalb in dem Friedhof der Fremden. Am nächsten Tag mußten sie eine Frau
    begraben. Sie legten ihren Leichnam in dasselbe Grab, über den Abt. Sieben Stunden später stieß die Erde die Frau wieder aus. Die Totengräber wunderten sich, gruben sie aber noch am selben Abend wieder ein. Am nächsten Tag lag aber die Leiche der Frau wieder neben dem Grab. Da beerdigten sie die Tote in einem anderen Grab.
    Einige Tage später wurde wieder eine Frau bestattet. Sie legten sie wieder in das Grab des Mönches, denn sie wußten nicht, daß er keine Frau in seinem Grab duldete. Das merkten sie erst, als die Leiche am Abend wieder neben dem Grab lag.
    Jetzt meldeten die Kleriker den merkwürdigen Vorgang ihrem Patriarchen Domninus. Der rief die Männer und Frauen der ganzen Stadt auf und zog an ihrer Spitze mit Kerzen in den Händen nach Daphne, um den Toten mit Psalmengesang
    einzuholen. Sie setzten ihn in einem Friedhof bei, in dem viele Märtyrer begraben lagen. Über dem Grab des heiligen Thomas wurde später eine Kapelle errichtet.

    Der Priester Konon und die Weiber

    IN EINEM der Klöster in Palästina lebte der Priester Konon, den die Väter seines tugendhaften Wandels wegen besonders hoch schätzten. Der Abt beauftragte ihn deshalb damit, alle die sich zu Christus bekennen wollten und genügend vorbereitet waren, zu taufen und zu salben.
    Konon aber geriet jedesmal in schwere Versuchungen, wenn er ein Weib salbte. Er wollte deshalb das Kloster verlassen. Da erschien ihm der heilige Johannes im Traum, machte ihm Mut und sagte: »Sei weiter standhaft, dann kann ich dich von den ständigen Versuchungen des Satans befreien.« Bald darauf erschien eine junge Perserin und wollte sich taufen lassen. Sie war so schön, daß Konon es nicht wagte, sie mit dem heiligen Öl zu salben. Er ließ sie mehr als zwei Tage warten. Als der Erzbischof Petrus davon hörte, wollte er schon eine der heiligen Frauen aus dem Kloster mit der Taufe beauftragen. Er unterließ es aber, weil er keine neuen Bräuche einführen wollte. Konon aber nahm seinen Mantel und seinen Schafpelz und verließ das Kloster. Er wollte nicht an einem Ort bleiben, an dem er ständig neuen Versuchungen ausgesetzt war. Als er über die Höhen lief, trat ihm plötzlich der heilige Johannes in den Weg und sagte: »Kehre um und geh in dein Kloster! Ich werde dich von den Versuchungen befreien.« Der Vater Konon aber wurde zornig und erwiderte: »Ich gehe nicht zurück! Was du versprichst, hast du nicht gehalten!« Da befahl ihm der heilige Johannes, sich auf den Felsen zu setzen und sich auszuziehen. Er machte ihm das Zeichen des Kreuzes unter den Nabel und sagte dazu: »Hab jetzt Vertrauen, Priester Konon! Ich habe gehofft, daß du den Kampf durchstehst. Du hättest den Lohn für deine Standhaftigkeit empfangen. Aber du willst nicht. Nun wirst du nicht mehr versucht werden, du wirst dir aber auch keine Verdienste erwerben.«
    Konon ging in sein Kloster zurück, taufte und salbte die schöne Perserin und wußte gar nicht mehr, daß er ein Weib vor sich hatte. Zwölf Jahre, bis an sein Lebensende, taufte und salbte er Männer und Frauen, ohne daß seine Seele oder sein Leib erregt worden wären.

    Die Säulenheiligen und die Hostien

    IN DER NÄHE der Stadt Ägina in Kilikien standen zwei Säulenheilige. Der eine gehörte zur Gemeinschaft der heiligen katholischen und apostolischen Kirche, der andere vertrat die Thesen des Ketzers Severus. Seine Säule stand nur
    sechstausend Schritt entfernt, unmittelbar neben dem Gut des

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