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Das Heerlager der Heiligen

Das Heerlager der Heiligen

Titel: Das Heerlager der Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Raspail
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beseelt. Zur Zeit, als ich begann, war das natürlich ganz anders. Aber inzwischen mußte natürlich der Kommandant eines Kriegsschiffes zurückstecken.«
    »Wenn ich Ihnen diese Frage stellte, Herr Kommandant, dann deshalb, weil mir gerade einfiel, daß wir den Krieg in Algerien verloren haben – und das war nicht gestern! Es gab dafür sechsundzwanzig Gründe. Der wichtigste war, daß wir – von Fallschirmjägern und der Legion abgesehen – eine Armee von Schattenfiguren eingesetzt hatten, die von Zweifeln befallen und von dunklen Kräften bearbeitet worden war, also eine Scheinarmee. Ich entsinne mich auch, daß einer meiner Vorgänger in diesem Amt zu mir einmal gesagt hat – ich war noch ein ganz junger Minister – ›Die Armee? Pah … Gibt es überhaupt noch einen Krieg, in den sie ziehen will? Ein ideologischer Krieg? Von vornherein verloren. Ein Volkskrieg oder Bürgerkrieg? Sicher nicht. Ein Kolonial- oder Rassenkrieg? Noch weniger. Ein Atomkrieg? Da braucht man keine Armee mehr, da braucht man überhaupt niemand mehr. Ein klassischer Krieg zwischen Staaten? Vielleicht, aber das würde mich doch sehr wundern. Solche Kriege wird es nicht mehr geben. Wozu also Wehrpflicht, frage ich Sie? Sie fördert den Antimilitarismus, steigert die Wehrdienstverweigerung und nährt mit Vorwänden und Anreizen die moralische Zersetzung. Wenn Sie eines Tages an meinem Platz sind, so wünsche ich Ihnen, daß Sie die Armee nicht brauchen, es sei denn zum Vorbeimarsch am 14. Juli. Und dann werden Sie erleben, daß sie immer schlechter marschiert!‹ Leider fürchte ich«, sagte der Präsident abschließend, »daß ich die Armee brauche …«
    »Ich weiß sehr wohl, was Sie sagen wollen, Herr Präsident. Meine Mannschaft waren Berufssoldaten und keine Wehrpflichtigen. Die jungen Einberufenen fügten sich. Nicht mehr Leser von ›La Grenouille‹ oder ›La Pensée Nationale‹ als in andern Truppenteilen. Keine Wehrdienstverweigerer unter dem Sanitätspersonal. Keine militanten Antinationalisten. Wenigstens nach meiner Kenntnis. Jedenfalls nicht mehr als sonst wo. Und besonders keine Priester an Bord. Nun gut! Trotz allem, Herr Präsident, war es nicht berühmt. Keineswegs berühmt!«
    »Erzählen Sie.«
    »Ich habe mit dem Radargerät die Flotte leicht gefunden. Es war heute früh um acht Uhr fünf Minuten. Sie befand sich auf dem zwanzigsten Breitengrad hundertzweiundvierzig Meilen von der Küste von Mauretanien entfernt. Ich hätte sie auch mit der Nase aufstöbern können. Man hätte glauben können, das Meer sei verfault. Ich habe mich gleich hinterhergemacht. Die Anweisungen, die man mir erteilt hat, sahen als erste Übung vor, daß meine Mannschaft mit der Gangesflotte konfrontiert werden solle. Ich habe dies nicht gleich verstanden und habe im Codebuch nachgeschaut. Dieses braucht man, wenn man sich in der Marine mit wenigen Worten verständlich machen will. Ich las: ›Konfrontation. Sich gegenüberstellen, um zu vergleichen. Fortgesetzt vergleichen.‹ Kein Zweifel möglich. Mit meinem Feldstecher begann ich Einzelheiten zu unterscheiden, die selbst mich überraschten, der ich schon alle Rassen und alles Elend der Erde gestreift habe. Wie ich meinen Auftrag zu erfüllen hatte, war mir klar geworden. Ich habe dann die ganze Mannschaft auf der Brücke steuerbords antreten lassen. Im Innern des Schiffs blieben nur unabkömmliche Dienstgrade und Matrosen zurück, die zur Überwachung der Maschinen, der elektrischen Anlagen und der Sicherheitseinrichtungen nötig waren, insgesamt nicht mehr als zweiundzwanzig Mann. Als ich mich dem Konvoi rechts neben mir auf fünfzig Meter genähert hatte, bin ich die ganze Flotte entlang gefahren, also bis zur Spitze, bis zu einem alten Flußdampfer mit dem Namen INDIA STAR. Der Konvoi fuhr zehn Knoten. Wir brauchten für diese Parade eine Stunde. Die ganze Gangesflotte zog an uns vorbei wie bei einem Diorama. So habe ich den Satz verstanden: Fortgesetzt vergleichen.«
    »Sie haben das richtig interpretiert. Ich bin auch ein fanatischer Anhänger des Wörterbuchs. Fahren Sie fort, bitte.«
    »Was wir gesehen haben, ist unbeschreiblich. Insgesamt und bezüglich Einzelheiten. Wo soll ich beginnen? Zuerst mit dem Zählen. Mein Erster Offizier zum Beispiel hat unaufhörlich die Köpfe gezählt. Bei jedem Tausender hat er auf einem Zettel einen Strich gemacht. Nach einer Stunde war er fast verrückt. Neunhundert Striche. Dann die Einzelheiten. Wie in alten Filmen von Pasolini.

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