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Das helle Gesicht

Das helle Gesicht

Titel: Das helle Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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auch unter der fortdauernden Herrschaft des Killerchief die Bürgerrechte der Reservationsbewohner zu vertreten, war nicht mehr.
    Er war außerhalb der Reservation zu Tode gekommen. Wie, das schien noch keiner recht zu wissen. Aber die Polizei selbst sollte beteiligt sein.
    Hanska und Ite-ska-wih waren tief betroffen. Da ihnen das Wirtshausgeschrei keine zuverlässigen Informationen vermittelte, wollten sie schon das Lokal verlassen, in dem es zu einer Schießerei zu kommen drohte. Eine einzelne kräftige Stimme, die das Stimmengewirr überdröhnte, ließ sie zögern und aufhorchen: »Er hatte keine Waffen bei sich! Mord war das! Mord!«
    Hanska und Ite-ska-wih schauten nach dem Sprecher. Sie beide erkannten Robert, den trotzigen Cowboy Inya-he-yukans, der vor Jahren nach Kanada gegangen, aber wiedergekommen war, da ihn das Heimweh trieb. Er war einer der Aufständischen und Hanskas Freund. Hanska machte kehrt und mit ihm Ite-ska-wih. Sie drängten sich zu Robert durch, der sich über die Unterstützung freute. Die Gegenpartei formierte sich; die tätliche Auseinandersetzung begann.
    Zwei Mann wollten Robert von hinten packen; sie hatten dabei nicht mit Hanska gerechnet, der den einen mit dem Fuß zu Fall brachte, den zweiten am Kragen zurückriß, während Robert sich einen dritten Gegner mit einem Faustschlag vom Leibe hielt. Robert hatte Bärenkräfte und war imstande, ein Rind an den Hörnern zu packen und ins Gras zu werfen. Rücken an Rücken mit Hanska hatte er rasch freien Raum um sich. Auch Ite-ska-wih hatte sich erfolgreich gewehrt.
    Der Wirt verlangte Ruhe.
    Die Rowdies schienen unschlüssig. In diesem Augenblick, in dem Vernunft Aussicht hatte, sich durchzusetzen, krachte ein Revolverschuß. Kaum einer wußte, von wem oder auf wen er abgegeben worden war, aber er wurde das Signal, die Waffen herauszureißen. Hanska hielt seine beiden Pistolen schon schußbereit, den Finger am Abzug, und da er freien Raum um sich hatte, war er im Vorteil.
    »Steckt ein und laßt uns durch«, rief er, sehr ruhig und mit dem Nachdruck, der keinen Zweifel ließ, daß er Ernst machen würde. Er hatte 24 Schuß, ohne neu zu laden.
    Das Geschrei rings wallte wieder auf, sank aber rasch zum Gemurmel ab. Der Wirt konnte eine Gasse schaffen. Hanska hielt seine Waffen im Anschlag, bis er mit Robert und Ite-ska-wih das Lokal verlassen hatte und alle drei zu Pferd saßen.
    Die Tiere gingen sofort in gestreckten Galopp über, der Schecke voran.
    Hinter ihnen verklangen Wutschreie und Drohungen. Einige schienen ihre Wagen zu starten.
    Sobald sich die kleine Gruppe auf Wegen, die nicht befahrbar waren, in Sicherheit glauben konnte, hielt sie auf Hanskas Zeichen an, um zu Pferde kurz zu beraten.
    »So trifft man sich«, sagte Robert, noch sehr erregt. »So geht das aber nicht weiter. Wir müssen wieder bessere Verbindung halten. In drei Tagen treffen wir uns bei euch, bei Wasescha. Ihr wohnt am verstecktesten. Also gut, ja?«
    »Ja.«
    »Pedro ist schamlos ermordet worden. Unsere Killerpolizei hat ihn des Nachts außerhalb der Reservation abgefangen, ihn aus dem Wagen gezerrt, erschossen und verscharrt. Die Spuren sind eindeutig. Wir verlangen den Toten zur Beerdigung. Wir gehen in die Black Hills und führen dort Krieg. Wenn wir ihr Touristengeschäft stören, werden die Herren wohl klein beigeben. Die Black Hills gehören uns, und wenn die Herren die Verträge nicht einhalten, helfen wir uns selbst. Es reicht jetzt.«
    »In drei Tagen beraten wir, Robert.«
    »Es ist beschlossene Sache, Hanska. Ich reite jetzt zu unseren Freunden, um überall wissen zu lassen, daß in drei Tagen bei Wasescha die Weisungen ausgegeben werden. Hau.«
    Robert brauste davon; der Galopp seines Tieres verklang in der Nacht. Hanska und Ite-ska-wih ritten weiter heimwärts. Sie blieben unbehelligt und langten wohlbehalten beim Zelt an, wo sie schon in Spannung und nicht ohne Sorge erwartet worden waren. Die Einwohnerschaft des Tipi hatte sich um Waseschas und Tatokalas beide Kinder, einen Jungen und ein kleines Mädchen, vermehrt. Die alte Frau, der sie in Obhut gegeben waren, hatte sie durch ihren Mann zurückbringen lassen. Mit den Kindern zusammen wohnten nun acht Personen im Zelt, darunter nur zwei waffenfähige Männer.
    Sobald die Kinder schliefen, setzten sich die Erwachsenen zur Beratung zusammen. Hanska und Ite-ska-wih berichteten die Hiobsbotschaft von Pedros Tod.
    Hanska beobachtete dabei sehr genau Waseschas Mienenspiel.
    Die auffallende

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