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Das Herz der 6. Armee

Das Herz der 6. Armee

Titel: Das Herz der 6. Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zwei andere Kanister in den Hof geplumpst waren. Einmal mit Seife und das andere Mal mit Mehl. Die Seife wurde im Lazarettkeller gebührend bestaunt. So etwas kannte man seit Wochen nicht.
    »Wenn das alles Gulaschstücke wären!« sagte Dr. Portner böse. »Seife! Was soll das?! So viel Seife gibt es gar nicht, daß wir uns damit reinwaschen könnten …«
    An diesem frühen Morgen hockte Knösel an der Mauer des Hofes, sah über die Trümmer und wunderte sich über einen dünnen Rauchfaden, der zwischen Steinen aus der Erde ringelte.
    »Da raucht doch eener«, sagte er und klopfte seine Pfeife aus. »Det muß man sich begucken.«
    Er robbte durch die Ruinen, kroch bis zum Rand des Trichters und sah hinein. Vorher schnupperte er noch an dem Rauch und stellte fest, daß es weder Gras noch Matratzenfüllung war, sondern echter, kerniger Machorka. Das trug dazu bei, seine letzten Hemmungen zu zerstören. Ein Mensch, der noch Tabak rauchte, konnte einfach nicht davor entrinnen, in den Bekanntenkreis Knösels aufgenommen zu werden.
    Unten im Trichter saß nichtsahnend Kaljonin und dachte an sein Weibchen. Er erschrak, als eine Stimme von oben sagte: »Junge, davon jiebste mir eene mit –«
    Kaljonin riß seine Maschinenpistole hoch. Dann erkannte er vor dem Abdrücken das Gesicht Knösels.
    »Komm häärr –«, sagte er. Knösel ließ sich in den Trichter rutschen. Ohne Hemmung nahm er Kaljonin die Zigarette aus den Fingern, machte zwei tiefe Züge und gab sie ihm dann zurück.
    »Det ist wie'n Frühlingsabend mit Emma«, sagte er seufzend und schnupperte dem Rauch nach. »Junge, Emma im Hemd ist nischt dagegen …«
    Sie saßen nebeneinander auf der gefrorenen Trichtersohle und rauchten abwechselnd die Zigarette. Ein Zug Kaljonin, ein Zug Knösel. Die Kippe schenkte Kaljonin mit einer Handbewegung dem Deutschen. Knösel steckte sie weg, als sei sie aus Gold.
    »Det ist wahre Freundschaft, Iwan«, sagte er. »Aba nu was anderes. Der Stengel is alle … nun hab'n wir wieder Krieg. Wat machen wir jetzt? In Berlin würd ick sajen: ›Junge, det war det drittemal, nun läßte 'ne Molle jubeln, und 'nen Kümmel druff!‹ Aba hier?«
    »Nix verstähnn …«, sagte Kaljonin und grinste.
    »Du woijonnoplenny –«
    »Njet!« sagte Kaljonin ebenso selbstbewußt.
    »Junge, sei brav.« Knösel schob den Helm von der Stirn. »Wir verstehen uns so gut. Warum sollen wir uns vor die Rübe hauen?«
    »Du mit mir?!«
    »Bejinnt wieder det alte Spiel? Ick bleibe bei meinem Stabsarzt.«
    »Du bei Arzt?«
    »Ja. Und von euch hab'n wir ooch zwei da. 'ne tolle Madka. Pannarewskaja heißt se …«
    Kaljonin blieb fast das Herz stehen. »Bei dir … Olgaschka? Und Dr. Sukow?«
    »Jenau! Kennste die?«
    »Und Vera?«
    »Wer ist Vera?«
    »Frau. Mir!« Kaljonin zeigte auf sich. »Ich suchen.«
    »Hier?«
    »Ja.«
    »Hübsch?«
    »Ja.«
    »So richtig Madka, was?« Knösel zeichnete mit beiden Händen die Umrisse einer üppigen Form. Kaljonin grinste. Er nickte und blinzelte.
    »Du gesehen?«
    »Nee.«
    Kaljonin faßte in seine Tasche und holte zwischen den Fingern Tabak heraus. Es waren armselige Krümel, vermischt mit Wollfäden und Zeitungspapier. Knösel hielt die Hand auf und empfing das wertvolle Geschenk.
    »Isch suchen«, sagte Kaljonin, wie um Entschuldigung bittend. »Do swidanja –«
    Er kroch aus dem Trichter, duckte sich, sicherte zu den deutschen Bunkern hin und rannte um eine Ruinenecke in Sicherheit. Über die Mauer hinweg, hinter der Knösels Markierungskreuz ausgebreitet lag, bellte eine Maschinenpistole dem flüchtenden Kaljonin nach. Knösel stemmte sich fluchend aus dem Trichter.
    »Aufhören, du Windpisser!« schrie er. Auf allen vieren kroch er der Mauer zu. Gegenüber in den Ruinen wurde es lebendig. Die sibirischen Scharfschützen bezogen ihre Schießscharten. Der deutsche Feuerstoß hatte sie aus dem Schlaf gescheucht. Mit einem Satz sprang Knösel über die Mauer und fiel neben Emil Rottmann in die Steine. Hinter ihm, die Mauerkuppe aufstaubend, zwitscherten die Geschosse der Sowjets.
    »Det hätte in'n Arsch gehen können, du Pfeife!« Knösel lag schweratmend auf dem Rücken wie ein vom Baum geschüttelter Maikäfer.
    »War das nicht ein Russe?« fragte Rottmann und preßte sich an die Mauer. Die Sowjets waren verrückt geworden, sie tasteten mit Gewehrgranaten das ganze Gelände ab.
    »Wo?«
    »Bei dir im Trichter.«
    Knösel schielte zu Rottmann. »Haste 'nen Koller, Kumpel?« fragte er gedehnt. »Ick kannte eenen,

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