Das Herz der Dunkelheit: Psychothriller (German Edition)
Entschuldigung.«
Wagner nickte ihr zu. »Wir verstehen, wie schwer das für Sie ist.«
»Lassen Sie die Zeugin einfach fortfahren«, sagte der Richter.
Wagner nickte und wartete.
»Am Tag vor der Beerdigung meines Bruders«, fuhr Gina Bianchi fort, »habe ich seinen Laptop eingeschaltet. Zum einen, weil ich sehen wollte, ob es irgendwelche Leute gab, die noch kontaktiert werden mussten, und zum anderen, weil ich das Bedürfnis verspürte, einen Teil seiner Arbeit zu lesen. Richard schrieb unter anderem Kurzgeschichten, und ich dachte, das könnte mir helfen, mich ihm nahe zu fühlen.«
Wagner wartete einen Moment, aber die junge Frau sah jetzt ihre Eltern an. Ihre Mutter sah blass aus, ihr Vater angespannt.
»Ist Ihnen sonst noch irgendetwas auf Mr. Bianchis Computer aufgefallen?«, fragte er schließlich.
»Ja.« Sie schwieg einen Augenblick. »Ein paar ungewöhnliche Webseiten beim Suchverlauf.«
»Was für Webseiten?«
»Ich habe sie mir nicht angesehen, aber den Namen nach schienen sie irgendetwas mit Organtransplantationen zu tun zu haben.«
»Kam Ihnen das seltsam vor?«
»Eigentlich nicht. Ich nahm an, dass es sich um Recherchen für seine Geschichten handelte.«
»Schrieb Ihr Bruder über Organtransplantationen?«
»Nicht dass ich wüsste. Aber damals ging ich davon aus.«
»Und heute?«, fragte Wagner. »Gehen Sie noch immer davon aus?«
Die junge Frau sah todunglücklich aus.
»Nein«, antwortete sie leise.
»Warum nicht?«
»Ich habe danach noch andere Dinge gefunden«, erzählte sie. »Nicht an diesem Tag. Eine Weile nach der Beerdigung, als ich den Laptop noch einmal eingeschaltet habe.«
»Was haben Sie dann gefunden, Miss Bianchi?«
Sie brauchte einen Moment. »Ich habe Material gefunden, das Richard – oder jemand anders, der seinen Computer benutzt hat – aus dem Internet heruntergeladen hatte.«
»Was für Material?«
»Es ging um Herzoperationen. Vor allem ging es um Herzentnahmen zu Transplantationszwecken.«
Jetzt brauchte Wagner einen Moment.
»Sie waren so freundlich, Miss Bianchi«, sagte er, »mir kurz vor dieser Anhörung eine E-Mail mit einer Kopie dieses Materials zu schicken.«
»Ja«, flüsterte sie.
»War Ihnen bewusst, dass es sich dabei um genau dasselbe Material handelte, das in ausgedruckter Form auf dem Hausboot namens Aggie gefunden wurde, auf dem Jerome Cooper festgenommen wurde?«
Im Gerichtssaal kam Unruhe auf. Gemurmel wurde laut und etwas, das wie das Tippen von Fingern auf Laptops klang, vielleicht der Gerichtsreporter. Grace sah sich nicht um, sondern saß nur wie erstarrt da und wartete auf Gina Bianchis Antwort.
»Nein«, erwiderte sie. »Das konnte ich unmöglich wissen.«
»Was haben Sie sonst noch gefunden, Miss Bianchi?«
Eine Pause trat ein.
»Miss Bianchi?«, fragte Wagner noch einmal.
»Ich habe eine E-Mail-Bestätigung über den Kauf chirurgischer Instrumente gefunden.«
Grace, der nicht bewusst gewesen war, dass sie ein paar Augenblicke lang den Atem angehalten hatte, holte auf einmal tief Luft. Es klang in ihren eigenen Ohren wie ein Stöhnen, sodass sich wiederum ihre Wangen röteten. Und sie wollte Sam ansehen, aber sie wagte es nicht, sich zu bewegen, wollte nichts tun, was den Fluss dieses Augenblicks unterbrechen könnte.
»Fahren Sie fort, Miss Bianchi«, forderte Richter Brazen sie auf.
»Dann fiel mir ein, dass Jerome Cooper unter anderem im Zusammenhang mit diesen ›Herzmorden‹ festgenommen worden war – diese entsetzliche Geschichte von dem Herzen, das ein Kind in einem Pool in einem Hotel gefunden hatte.«
»Stand auf der E-Mail-Bestätigung des Kaufs, von der Sie uns eben berichtet haben, ein Datum?«, fragte Wagner.
»Sie wissen doch, dass dort eines stand«, erwiderte sie gereizt. »Ich habe sie Ihnen heute Morgen geschickt.«
»Würden Sie bitte die Frage beantworten?«
»Ja«, sagte sie. »Der 11. März.«
»Der 11. März dieses Jahres?«, fragte Wagner.
»Ja.«
»Und haben Sie irgendeine Verbindung zwischen dem Kauf chirurgischer Instrumente durch Ihren Bruder und diesen entsetzlichen Verbrechen hergestellt?«
»Ich weiß nicht, ob mein Bruder sie gekauft hat«, sagte sie. »Jemand anders könnte seinen Computer benutzt haben.«
»Jerome Cooper vielleicht?«
»Ich weiß es nicht.«
»Wissen Sie von irgendjemand anders, der seinen Computer benutzt haben könnte?«
»Nein«, erwiderte Gina. »Aber das heißt nicht, dass es niemand getan hat.«
»War auf der E-Mail-Bestätigung die
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