Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)
Geruch nicht.«
»Könnten wir bitte ein Glas Wasser haben?«, rief es neben ihr, und als sich gleich darauf eilige Schritte näherten, die Stimme neben ihr sich bedankte, löste Jacobina zögerlich den Arm von ihrem Gesicht. Während die Hand nach wie vor auf ihrem Rücken ruhte, bekam sie ein Glas an die Lippen gehalten und Wasser eingeflößt.
»Langsam trinken«, wurde ihr zugemurmelt. »Schluck für Schluck. So ist gut. – Besser?«
Jacobina nickte und schluckte noch ein paar Mal trocken, während sie nach Luft schnappte und sich den Magen rieb. »Ja, danke!« Beruhigend streichelte sie mit zitternden Fingern über Idas Kopf, die sich erschrocken zu ihr umgedreht hatte.
»Sind Sie sicher, dass es nur der Geruch war? Ich kann Sie gerne untersuchen, ich bin Arzt.« Er sprach hervorragend Englisch; der einzige Akzent, der sich heraushören ließ, war derjenige der englischen Oberschicht, der Privatschulen und Clubs, der Fuchsjagden und Landsitze.
Jacobina versuchte sich an einem Lächeln. »Nein, danke. Es war wirklich nur der Rauch, und auch nur für einen Moment.« Unwillkürlich sah sie auf, als sie seine Augen auf sich spürte. Schöne Augen waren es, schmal und schräg gestellt, das klare Weiß deutlich abgegrenzt von der Iris, die mehr braun denn schwarz war, fast wie dunkle Schokolade.
»Edward Leung«, sagte er und hielt ihr die Rechte hin, die Jacobina nach kurzem Zögern ergriff. »Jacobina van der Beek.«
Verstohlen musterte sie seine Hand, als er die ihre wieder losließ. Auch seine Hände waren schön und elegant, groß und schlank, die Nägel gepflegt mit einem deutlich abgesetzten hellen Halbmond. Pianistenhände.
»Hat die kleine Miss denn auch einen Namen?« Er krabbelte Ida an der Schulter, die den Kopf wandte und ihn verdutzt, aber neugierig ansah.
»Sie heißt Ida.«
»Hallo, Ida.« Edward Leung zwinkerte ihr zu. Ida schlug rasch die Augen nieder, hob sie dann aber wieder zu dem fremden Mann an und wandte sie auch nicht mehr von ihm ab.
»Mister van der Beek scheint ein sehr glücklicher Mann zu sein«, sagte der Chinese lächelnd.
Jacobina brauchte einen Augenblick, um zu begreifen. »Oh«, machte sie, und ihre Wangen färbten sich. »Nein, es gibt keinen … Ich bin nicht verheiratet, und Ida ist auch nicht meine Tochter. Ich war nur ihre Gouvernante und bringe sie nun zu ihrem Großvater nach Amsterdam.«
Sein Lächeln vertiefte sich, und der Funke, der dabei in seinen Augen aufglomm, machte Jacobina verlegen und ließ sie den Kopf abwenden.
»Soll ich wirklich nicht nach Ihnen sehen?«, erkundigte er sich nach einer Weile.
»Nein, danke.« Nachdenklich streichelte Jacobina über Idas Schulter. Im Hospital von Batavia war sie einfach nur froh gewesen, dass Ida die Katastrophe bis auf ein paar Prellungen und leichte Verbrennungen, von denen man außer rosiger neuer Haut kaum noch etwas sah, unverletzt und gesund überstanden hatte. Erst danach kam ihr der Gedanke an die Syphilis, das grausige Erbe, das ihr ihre Eltern möglicherweise hinterlassen hatten, aber nachdem sie von Floortje wusste, wie heikel diese Angelegenheit auf Java betrachtet wurde, hatte sie sich nicht getraut, einen Arzt mit dem Mädchen aufzusuchen. Vielleicht wäre es nicht falsch, wenn sie einen fremden Arzt hinzuzog.
»Aber wenn es Ihnen nichts ausmacht«, wandte sie sich dann an Edward Leung, »könnten Sie dann vielleicht Ida untersuchen?«
Verstohlen musterte Jacobina den chinesischen Arzt, während er Ida, die in ihrem Unterhöschen zwischen ihnen auf Jacobinas Bett saß, eingehend betrachtete und abtastete, abklopfte und abhorchte. Er konnte gut mit dem kleinen Mädchen umgehen, das die blauen Augen ein bisschen scheu, aber ohne Angst auf ihn geheftet hielt. Und obwohl Ida kein Englisch verstand und Jacobina ab und zu seine Anweisungen, Ida solle kurz husten oder tief Luft holen, auf Holländisch wiederholen musste, schienen dem kleinen Mädchen seine Stimme und seine Art zu sprechen vertrauenerweckend. Edward Leung hatte überhaupt eine angenehme Art an sich, ruhig und doch lebendig, konzentriert, aber ohne dass er verkniffen wirkte.
»Wie alt ist sie jetzt?«, fragte er, als er die Stöpsel des Stethoskops aus seinen Ohren zog.
Jacobina musste kurz überlegen und nachrechnen. »Im Februar wird sie vier.«
Lächelnd überließ Leung Ida das Stethoskop, nach dem sie die Hände ausgestreckt hatte, und fasziniert betrachtete und befingerte Ida das Instrument.
»Sie scheint mir ein bisschen zu
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