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Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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Ahnung, was sie tun oder was sie sagen sollte. Auch nicht, was von ihr erwartet wurde – sollte sie sich mit den Kindern anfreunden oder ihnen als Respektsperson begegnen? Der Schweiß brach ihr aus und lief ihr den Rücken hinab, und dass Melati und Ratu schweigend zusahen, machte es nicht besser. Wahrscheinlich war es grundfalsch, das zu tun, aber da Jacobina es sich furchteinflößend vorstellte, wenn man so klein war wie die beiden und jemand so Hochgewachsenes wie sie selbst vor einem stand, ging sie in die Knie.
    »Du bist also Jeroen«, sprach sie den Jungen unsicher lächelnd an. Er nickte nur, und eine beklemmende Stille setzte sich in der Halle fest, ungeachtet der fröhlichen Stimmen draußen auf der Veranda. »Und du musst Ida sein.« Das kleine Mädchen blickte ihr verängstigt entgegen. Erst jetzt sah Jacobina die Puppe, die Ida umklammert hielt und die größtenteils durch Melatis Wickelrock verdeckt wurde. »Und wie heißt deine Puppe?« Ida sah fragend zu Melati hinauf, die ihr auf Malaiisch etwas zuflüsterte.
    »Lo … la«, piepste das Mädchen Jacobina gehorsam entgegen.
    »Lola? Das ist ein ganz besonderer Name. Ist bestimmt auch eine ganz besondere Puppe.« Jacobina kam sich täppisch vor, wie einer jener Erwachsenen, die sich leutselig auf eine Stufe mit Kindern stellten, dabei aber nur herablassend und unnatürlich wirkten. Aber nachdem Melati dem Mädchen erneut etwas zugeraunt hatte, zog Ida verlegen eine Schulter hoch, drückte ihre Wange dagegen und zeigte ein schüchternes Lächeln. Mit gekrümmtem Zeigefinger wies sie dann auf Jacobina, die sofort verstand. »Ich bin Fräulein van der Beek. Jacobina van der Beek.«
    »Bi…na«, quietschte Ida vergnügt und zeigte dabei ihre weißen Zähnchen.
    Jacobina lächelte. »Ja, Bina. Mein großer Bruder nennt mich so. Ich habe auch einen großen Bruder, genau wie du.« Sie nickte in Richtung von Jeroen, der sie mit regloser Miene anstarrte. »Darf ich mir Lola denn mal ansehen?«, wandte sie sich wieder an Ida, und nach einem weiteren Einwurf Melatis schüttelte das kleine Mädchen so heftig den Kopf, dass seine blonden Haare flogen und die Schleife in Schieflage geriet, lächelte aber dabei. Aus dem Augenwinkel sah Jacobina, wie Jeroen plötzlich angespannt wirkte und sich gleichzeitig bemühte, nicht allzu sehr herumzuzappeln. »Ich … ich hab oben ganz viele Sachen«, platzte er mit feinem Lispeln heraus, das Holländisch hörbar ungewohnt im Mund. »Willst du sehen?«
    Fragend sah Jacobina erst Ratu, dann Melati an, und als ihren verhaltenen Mienen abzulesen war, dass sie darin zumindest kein Tabu sahen, nickte Jacobina. »Sehr gerne.«
    Jeroen spurtete los und rannte die Treppen hinauf; über seine Schulter hinweg rief er seiner Schwester etwas auf Malaiisch zu, und zögerlich setzte sich diese an Melatis Hand in Bewegung.
    Im Spielzimmer der Kinder vergaß Jacobina alles um sich herum, während Jeroen ihr seine Sammlung an Zinnsoldaten vorführte, seine Eisenbahn und sein Schaukelpferd, Ida dann doch Lola herzeigte und, nachdem Jacobina sie gebührend bewundert hatte, auch das schöne große Puppenhaus mit den winzigen Bettchen, Tischchen und Tellerchen. Melati ging irgendwann hinaus und brachte Limonade und Kekse für die Kinder und Jacobina und überließ sie dann ganz sich selbst. Jeroen sprach nur leidlich Holländisch, Ida so gut wie keines, wenn sie auch manches zu verstehen schien, und so verständigten sie sich mehr schlecht als recht in beiden Sprachen, vor allem aber mit Blicken, Gestik und Mimik. Jeroen hatte längst seine Schuhe ausgezogen und einfach an Ort und Stelle liegengelassen, dann seiner Schwester geholfen, sich ihrer ebenfalls zu entledigen, und weil es sich auf dem Boden schlecht damit kauerte, war Jacobina ihrem Beispiel gefolgt.
    Sie war gerade dabei, zum wiederholten Mal unter den gespannten Blicken der beiden einen möglichst hohen Turm aus Bauklötzen zu errichten, den Jeroen danach unter Gepolter umzuwerfen gedachte. Ein Vergnügen, das die Kinder jedes Mal in den höchsten Tönen kreischen und lachen ließ; »noch mal« war womöglich die erste Vokabel, die die kleine Ida auf Holländisch zu sprechen lernte. Unvermittelt ruckte Jeroens Kopf hoch; »Papa!«, brüllte er aus vollster Kehle, sprang auf und rannte zur Tür.
    Jacobina zuckte zusammen, erschrak noch einmal, als der Turm unter ihrer fahrigen Bewegung mit dem letzten Holzklotz krachend einstürzte, und wieder, als ihr Blick auf den Mann in

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