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Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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jedes umherziehende Schiff, dessen Höhe sich schätzen lässt, während sein Wert unermesslich bleibt. Eine Liebe, die sich von der Zeit nicht narren lässt, auch wenn der Sensenmann den noch rosigen Wangen näher kommt. Eine Liebe, die sich nicht in den kurzen irdischen Stunden und Wochen wandelt, sondern hält bis an das Ende der Zeit.
    Verraten Sie mir, wie Sie darüber denken?
    In aufrichtiger Zuneigung grüßt Sie
    Jan
    Aus der an Bällen, Feiern und Aufführungen ohnehin nicht armen gesellschaftlichen Saison während der Regenzeit, die Festlichkeiten zu Weihnachten und an Silvester nicht mitgerechnet, stach ein Ereignis besonders prunkvoll hervor: das Wochenende vor dem sechsundsechzigsten Geburtstag Seiner Majestät Willem III. in den fernen Niederlanden am 19. Februar, der in diesem Jahr auf einen Montag fiel. Schon lange vorher hatte Batavia sich herausgeputzt; schließlich würde der Generalgouverneur von Niederländisch-Ostindien, Frederik ’s Jacob, eigens von Buitenzorg herunterkommen, um den Feierlichkeiten beizuwohnen. An jedem holländischen Haus hing die rot-weiß-blaue Trikolore, und auch alle Schiffe im Hafen zeigten niederländisch-patriotisch Flagge.
    Die Wellen, die des Königs Geburtstag in Batavia schlug, erreichten auch das Haus der de Jongs am Koningsplein Oost, das sich nicht nur mit einer riesigen Trikolore an der Fassade geschmückt hatte, sondern auch mit Papierkokarden in Rot-Weiß-Blau und Blütengirlanden in Orange, die alle Fenster, Türen und Geländer des Hauses zierten; zusätzliche Blumenkübel, in den Nationalfarben bepflanzt, waren ebenfalls geordert und aufgestellt worden. Als wichtige Mitglieder der gehobenen Gesellschaft ebenso wie als Offizier und Offiziersgattin erfasste die feierlustige Betriebsamkeit der gesamten Stadt auch Vincent und Margaretha de Jong. Am Samstag hatte Endah alle Hände voll zu tun gehabt, sich um Margaretha de Jongs Teint, Dekolleté und Schultern zu kümmern, und Stunden hatte sie dafür gebraucht, das schwere, glänzende Haar von nyonya besar zu striegeln und zu einem kunstvollen Gebilde aus Schlaufen und Schnörkeln aufzustecken, in das Bänder in den Nationalfarben eingeflochten waren und in dem die Enden unzähliger Schmucknadeln funkelten wie ein Sternenhimmel. In einer eigens von Rouffignac für diesen Anlass angefertigten Robe in Niederländisch-Blau mit Rot und Weiß und ausladender Schleppe rauschte sie am Arm ihres Gatten in seiner Galauniform davon. Zum Ball in der Grundschule Willem III. , in der der Generalgouverneur nach einer Ansprache mit seiner Gattin den ersten Walzer tanzte und damit die dreitägigen Feierlichkeiten eröffnete; der erste Walzer von so vielen während dieses glanzvollen Abends, von dem die letzten Gäste erst nach Hause zurückkehrten, als es schon längst wieder hell war.
    Zu Jacobinas Erleichterung hatten sich die Wogen zwischen den Eheleuten de Jong seit dem Jahreswechsel spürbar geglättet. Sogar der Wutausbruch des Majors am Sonntag war vergleichsweise zahm ausgefallen und schnell verraucht. Nach dem Gottesdienst in der Willemskerk in Anwesenheit des Generalgouverneurs und der daran schließenden Militärparade, bei der Jeroen und Ida Fähnchen schwenkend mit ihrer Mutter, Jacobina und Melati zugeschaut hatten, hatte ihn über seinem hastig eingenommenen Nachmittagstee am Koningsplein die Nachricht erreicht, dass die für des Königs Geburtstag geplante große Abendparade mit Musik und Vorführungen der einzelnen Regimenter nicht stattfinden könnte. Über Wochen hinweg hatten sich die Vorbereitungen und Proben für das Glanzstück der Feierlichkeiten hingezogen, und im Lauf einer einzigen Nacht hatte sich der Waterlooplein, die vorgesehene Bühne für diese Darbietung, in ein einziges Becken aus zähem rotem Schlamm verwandelt, der zu hoch stand, als dass die Räder der Kanonen darin vorwärtskamen. Das Wetter war in der Tat wenig königlich zu nennen: Der Februar, auf Java ohnehin der Monat mit den ergiebigsten Regengüssen, brachte in diesem Jahr buchstäbliche Sturzfluten vom Himmel. Einige niedriger gelegene Teile der benedenstad waren überflutet, und im Landesinneren waren zahlreiche Straßen unpassierbar geworden.
    Nach einem krachenden Donnerwetter, das über dem betreten dreinblickenden Adjudanten herniederging, dem das unglückliche Los zugefallen war, den Major davon in Kenntnis zu setzen, hatte sich Vincent de Jong rasch wieder beruhigt. In blendender Laune war er abends mit seiner Frau in den

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