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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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weiteres Mal sah ich in dieser Atmosphäre ein Omen. Der Teufel erwartete mich irgendwo im Umfeld des Vulkans.
       Ich nahm meinen Rechner, das Kabel und das Netzteil aus meiner Tasche. Ich wollte meine letzten Gedanken festhalten und die Fotos, die ich gemacht hatte, digitalisieren.
       Endlich vibrierte mein Handy. Ich griff hastig danach.
       » Pronto! «
       »Geppu. Morgen um zehn werden Sie in Malaspina erwartet.«
       »Brauche ich keine unterschriebene Genehmigung?«
       »Keine Genehmigung. Sie begeben sich heimlich dorthin.«
       »Haben Sie die Anwälte nicht unterrichtet?«
       »Wollen Sie einen Monat lang warten?«
       »Ich danke Ihnen.«
       »Gern geschehen. Agostina wird Ihnen gefallen. Viel Glück!«
       Der Mann wollte gerade auflegen, als ich sagte:
       »Ich wollte Sie fragen … ein letzter Punkt. Wissen Sie, ob konkrete, materielle Beweise gegen Agostina vorlagen?«
       Geppu lachte laut auf – wie eine Stichflamme:
       »Sie machen Witze, oder? Am Tatort fand man überall ihre Fingerabdrücke!«

KAPITEL 60
    Steinplatten, die in der Sonne glänzten wie Spiegel, die von zwei unsichtbaren Händen geschwenkt wurden. Steinhaufen, die fahle Totems zeichneten. Kahle Plateaus, die von dem gleißenden Lichtstrom des Himmels vergewaltigt wurden. Hundert Meter tiefer, am Fuß der Felswand, funkelte das Meer in einer Milliarde von Diamanten, die sich in die Netzhaut einschnitten. Die ganze Landschaft bebte. Man hätte meinen können, dass die Hitze auf diese Weise den Horizont auflöste, aber die Temperatur lag kaum über null Grad. Allein der Staub trübte den Blick.
       Ich klappte die Sonnenblende herunter und versuchte das Ende der Straße zu erkennen, die sich in dem trockenen Nebel verlor. Es war nach neun. Ich hatte beim Verlassen Catanias Zeit verloren. In der Nacht war es noch finsterer geworden. Der berühmte schwarze Regen des dritten Stadiums. Die Straßen waren von einer dicken Ascheschicht überzogen. Die Bulldozer versuchten die Straßen zu räumen und behinderten den Verkehr. Außerhalb der Stadt war es noch schlimmer. Man musste die Scheibenwischer einschalten. Die Straße glich einer Rutschbahn, und die Zahl der Straßensperren nahm zu. Vierzig Kilometer von Catania entfernt hatte ich diese Hölle verlassen, wie ein Flugzeug urplötzlich aus einem Sturmgebiet herausfliegt.
       Jetzt hatte ich Verspätung. Nach meiner Landkarte musste ich noch zwanzig Kilometer der Küste folgen und dann in nordwestlicher Richtung weiterfahren. Ich kam an Hütten und baufälligen Häusern vorbei, die an Hügeln klebten, manchmal auch an Dörfern, Grau in Grau, die verloren in der Felslandschaft kauerten. An anderer Stelle waren es halbfertige Siedlungen, die aufgegeben worden waren. Süditalien hatte sich auf diese totgeborenen Baustellen spezialisiert, die ein Vorwand waren für alle möglichen unlauteren Immobiliengeschäfte.
       Ich wandte mich nach links und fuhr ins Landesinnere. Kein Schild zeigte das Gefängnis von Malaspina an. Die Landschaft veränderte sich. Die Wüste wich einer fahlen Ebene, die von Disteln und gelben Gräsern gespickt war und an einen trockengelegten Sumpf erinnerte. Der Anblick dieser eintönigen Gegend versetzte mich in eine Art Hypnose. Meine Augen brannten, als endlich der Name Malaspina auftauchte.
       Eine neue gerade Linie und noch immer diese versengte Landschaft. Unvermittelt ging die asphaltierte Fahrbahn in eine Piste über. Ich fragte mich, ob ich vielleicht eine Abzweigung verpasst, ein Schild übersehen hatte.
       Rückkehr in die Wüste. Der Weg stieg abermals an. Felskuppen ragten auf wie zerfallene Skulpturen, Hügel fraßen den Horizont. Eine ausgedörrte, von Rissen durchzogene Mondlandschaft.
       Ich begann ernsthaft zu bezweifeln, ob ich auf dem richtigen Weg war, als, kaum sichtbar, das Gefängnis auftauchte. Ein dreigeschossiges Rechteck, das von den Hängen schier zerdrückt wurde. Die Piste führte geradeaus weiter und endete am Knast. Es gab keinen anderen Weg, weder hinein noch hinaus.
       Ich stellte den Wagen auf dem Parkplatz ab. Draußen peitschten mir Wind und Staub ins Gesicht. Die Hitze der Sonne und die winterlichen Böen hoben sich gegenseitig auf und erzeugten eine laue Temperatur – weder warm noch kalt. Den Geschmack von Asche in der Kehle. Stechenden Sand im Gesicht. Entwurzeltes Gestrüpp, das gegen meine Beine stieß. Ich setzte meine Sonnenbrille auf.
       Ich sah

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