Das Herz der Kriegerin
d’Azieme.
»Bist du dir sicher?«
»Ja, sie hieß Jeanne. Und ich habe das Dorf, den Flecken, an dem sie zu den Engeln spricht, genau gesehen.«
»Und die Engel?« Noch immer hatten diese Wesen etwas Befremdliches für mich, denn das Einzige, was sich in Asgard in die Luft schwingen konnte, waren die Walküren.
»Die habe ich nicht gesehen, aber das Gesicht des Mädchens war voller Entzücken. Und als sie das Schwert hielt, blickte ich in das entschlossene Gesicht einer Kriegerin.«
Das machte mich sehr neugierig, denn bisher hatte ich zwar schon sehr viele mutige Frauen kennengelernt, aber eine echte Kriegerin war nicht darunter gewesen.
»Also gut, dann sagen wir den anderen Bescheid.«
»Warte noch.« Sayd umfasste meinen Arm, sah mich an.
»Ich danke dir, dass du mich gehalten hast.«
»Dafür musst du mir nicht danken«, entgegnete ich und strich zärtlich über seine Brauen. »Und komm, jetzt entschuldige dich bloß nicht, weil du mir einen Schrecken eingejagt hast. Ich weiß ja, wer und was du bist.«
Sayd lächelte, dann hob er ein wenig zögerlich die Hand, legte sie um meinen Nacken und zog mich an sich. Unsere Lippen trafen sich, und in diesem Augenblick, dachte ich nicht an Gabriel oder irgendetwas anderes. Alles, worauf ich mich konzentrierte, war das Gefühl seiner weichen Lippen auf meinen, die Feuchtigkeit seiner Zunge, die sich sanft um meine schlang und dann meinen Mund erforschte. Er zog mich schließlich ganz in seine Arme und ich versank im Gefühl seines Körpers, seines pulsierenden Herzens, das ich dicht an meinem spürte.
Warum nur hatte ich mir das so lange versagt?
Weil du Gabriel liebst, sagte mir eine kleine Stimme. Liebte ich auch Sayd? Ich wusste es nicht. Ich wusste nur, dass ich ihn begehrte, und dass ich diesen Moment, diesen innigen, sehnsüchtigen Kuss, der so anders war als der damals in der Normandie, am liebsten für immer gespürt hätte.
Doch dann lösten sich seine Lippen von meinen und als ich ihm in die goldenen Augen sah, sagte er: »Ich sollte jetzt besser gehen.«
Das enttäuschte mich, denn in diesem Augenblick wäre ich bereit gewesen, ihm alles zu geben, wirklich alles.
»Ich möchte nicht, dass du etwas tust, das du später bereust«, setzte er hinzu, als er mir übers Haar streichelte. Daraufhin küsste er mich noch einmal, milde und wie zum Abschied jetzt, erhob sich und verließ meine Schreibstube. Ich blieb mit meinen Chroniken und meiner Sehnsucht allein.
16
W ir werden zu dritt reisen«, eröffnete er uns am nächsten Morgen, während wir uns Alix’ Milchgrütze schmecken ließen. Sie und ihre Enkelinnen wechselten sich mit den anderen Frauen beim Kochen ab. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass meine Kochkünste über die Jahrhunderte nicht besser geworden waren, war ich vom Dienst am Herd befreit worden, ja, Alix hatte mir geradezu verboten, mich dort blicken zu lassen, denn ich hatte um ein Haar einen ihrer besten Kessel ruiniert.
»Vincenzo und Belemoth, ihr beide bleibt hier und steht den Leuten bei«, sagte Sayd. »David, Laurina und ich werden uns auf die Suche nach dem Mädchen machen.«
»Warum nur ihr drei?«, entgegnete Vincenzo mit vollem Mund.
»Weil wir diesmal nicht darauf aus sind, Truppen zu sabotieren. Wir sollen nur ein Mädchen finden und, wenn ich die Vision richtig verstanden habe, ausbilden. Wir bewegen uns schneller, wenn wir zu dritt sind. Die Menschen hier können zwei starke Männer gebrauchen, für den Fall, dass die Dschinn wiederauftauchen.«
»Was sie zu ihrem Glück schon eine ganze Weile nicht getan haben«, setzte Vincenzo grimmig hinzu. Inzwischen hatte er wieder ein wenig zu einer Unbeschwertheit zurückgefunden, doch sobald die Sprache auf die Dschinn kam, wurde aus dem sanften Jungen ein grimmiger Krieger, an dem mein Vater seine helle Freude gehabt hätte.
»Aber es wäre möglich, dass sie wiederauftauchen«, bemerkte Belemoth. Der Tod seiner Geliebten ging ihm seltsamerweise immer noch sehr nahe und er brannte darauf, die Dschinn dafür bezahlen zu lassen. »Also mir ist es recht, wenn ich hier bleibe. So kann ich diese Kreaturen mein Schwert schmecken lassen, sollten sie sich hier wieder zeigen. Allerdings wünschte ich, dass Ashar und Malik bei mir wären. Zusammen könnten wir sie wesentlich besser das Fürchten lehren.«
Und ich war sicher, dass auch Ashar und Malik lieber hier wären, als mit Jared und Saul in der Wüste herumzustochern, auf der Suche nach einem Mythos. »Ich wünschte,
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