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Das Herz der Nacht

Das Herz der Nacht

Titel: Das Herz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Satz machte. Der junge Visconti entschuldigte sich wortreich. Seine Wangen glühten nicht nur vor Kälte. Auch der alte Trauttmannsdorf schien nicht viel Erfahrung mit Pferd und Zügel zu haben. Er wedelte wild mit seiner langen Peitsche umher und traf zweimal das Pferd des Schwarzenbergschlittens, der neben dem seinen dahinglitt. Die hübsche Schimmelstute wieherte empört, und Fürst Schwarzenberg sandte böse Blicke zurück.
    Therese kicherte vergnügt. »Na vor dieser Konkurrenz müssen wir uns nicht fürchten. Sie werden es schon schaffen, sich gegenseitig in den Schnee zu werfen.«
    András ließ den Blick schweifen. »Und wen sollten wir als Konkurrenten fürchten?« Er zwinkerte, hielt aber das Lachen aus seinem Ton heraus, denn Therese schien sich ernsthafte Gedanken darüber zu machen.
    »Hm, ich weiß, dass die älteste Tochter des Fürsten Daun treffsicher ist und eine ruhige Hand hat. Und der Erzherzog auf der Pritsche macht mir einen kompetenten Eindruck. Auch Fürst Liechtenstein weiß seinen Schlitten zu beherrschen.«
    »Und da holt uns Ihr Ausreitfreund ein. Schneidig, muss ich sagen. Er hat seinen Rotschimmel gut in der Hand.«
    Therese wandte sich um und winkte dem Leutnant zu. Ihn hatte das Los mit seiner Cousine aus dem Grafengeschlecht Grünne zusammengeführt, aus dem seine Mutter stammte, und Therese kam nicht umhin zuzugeben, dass die beiden ein prächtiges Paar abgaben. Wer auch ihre Kostüme ersonnen hatte, war gut beraten gewesen, denn sie standen sowohl dem schneidigen Husarenleutnant als auch der blonden Schönheit wunderbar zu Gesicht. Wie zwei bunte Vögel, die es aus dem Paradies in diese nächtliche Schneelandschaft verschlagen hatte. Der Leutnant schwang die Peitsche, ohne das Pferd mit der Spitze zu berühren, und ließ ihren Schlitten, der so farbenprächtig dekoriert war wieihre Kostüme, an die Seite des schwarz-roten Gefährts gleiten.
    »Nun Fürstin, wollen Sie es wirklich wagen, sich mit uns anzulegen?«, rief er neckend herüber.
    »Natürlich, Sie Jungspund! Sie werden nur noch den Schnee schlucken, den unsere Kufen zurücklassen«, konterte Therese. »Geben Sie lieber gleich auf. Das ist nichts für Kinder.«
    Die junge Comtesse, die die zwanzig eben erst überschritten hatte, lachte übermütig. »Fürstin Kinsky, dann wollen wir sehen, ob Sie mehr drauf haben als psychologische Kriegsführung.« Sie reckte einen der Spieße. »Denn das allein wird nicht genügen, den Preis davonzutragen.«
    Leutnant Schönfeld nickte András mit ernster Miene zu. »Graf Báthory, Ihr Können beim Kutschieren ist in Wien bereits in aller Munde. Es ist mir eine Ehre, mich mit Ihnen zu messen.« Ein verschmitztes Lächeln teilte seine Lippen. »Und ich überlasse Ihnen gerne den zweiten Platz hinter uns.«
    András grüßte zurück. »Wir werden sehen, Graf Schönfeld. Wir erwarten Sie und die Comtesse dann im Ziel!«
    Trotz dieser Worte ließ er den Schlitten des Grafen vorbeiziehen, ohne auch nur den Versuch zu unternehmen, an seiner Seite zu bleiben. Therese protestierte.
    »Wir können uns doch nicht so abhängen lassen. András, tun Sie etwas! Ist das alles, was Sie aus Ihrem Rappen herausholen können?«
    Der Vampir zeigte seine weißen Zähne. »Sie zweifeln an mir? Therese, das müssen Sie nicht. Lassen Sie sie vorausfahren und die Illusion genießen, schneller zu sein, denn das wird das Einzige sein, das sie heute gewinnen werden. Noch ist Schnelligkeit nicht gefragt. Freuen Sie sich an der Musik und am Fackelschein und an den unglaublich vielen Wienern, die sich eingefunden haben, um dem Spektakel beizuwohnen. Spüren Sie nicht die Blicke der Bewunderung? Jetzt ist es Zeit, sich an ihnen zu wärmen. Ich sage Ihnen rechtzeitig Bescheid, wann es darum geht, Türkenköpfe zu stechen!«
    Der Spott in seiner Stimme war nicht zu überhören, dennoch nickte Therese ein wenig versonnen.
    »Ja, es sind so unglaublich viele Bürger, die die Straßen säumen, wie man es sonst nur von kaiserlichen Trauerzügen kennt, wenn selbst die Fenster der Häuser entlang des Weges an Schaulustige für gutes Geld vermietet werden, um ihnen einen ungestörten Blick auf den Kondukt zu gewähren.« Therese zog eine Grimasse. »Ich glaube, es wird zu Recht behauptet, die Wiener hätten einen ungewöhnlichen Bezug zum Tod.«
    András nickte und ließ den Blick über die Menge schweifen, die die Vorstellung zu genießen schien. Wärmende und berauschende Getränke kreisten in Flaschen und großen irdenen

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