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Das Herz der Ozeane - Honky Tonk Pirates ; Bd. 5

Das Herz der Ozeane - Honky Tonk Pirates ; Bd. 5

Titel: Das Herz der Ozeane - Honky Tonk Pirates ; Bd. 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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Hoffnung und mit dieser Hoffnung kehrte urplötzlich eine Erinnerung zurück.
    Das Herz der Ozeane, erinnerte er sich. Daran hast du doch schon einmal gedacht. Gedacht oder nein, du hast es gerochen, gefühlt. Ja, es war fast wie hier. Es roch nach Feuer und Schwarzpulver, nach Tod und Zerstörung, doch irgendetwas war stärker als das.
    Will sah sich plötzlich wieder in dem Ruderboot sitzen. Er saß neben Nat und ruderte die wie ein Engel in Silber gekleidete Hannah über den Niagara zur Drachenburg. Er roch das geborstene Holz der Festung. Er roch Zerstörung, Blut und Tod. Doch dieser Gestank hatte keine Chance gegen den Duft, der von Hannah ausging. Er hatte vergeblich versucht, dafür Worte zu finden. Denn es war kein Parfüm gewesen. Sie hatte nichts aufgetragen. Sie roch nach sich selbst und das roch nach Morgen: einem Morgen im Herzen der Ozeane.
    Verflucht, Will hatte keine Ahnung gehabt, woher er diesen Ort kannte, falls es überhaupt ein Ort war … aber er hatte ihn riechen können, so wie er ihn auch jetzt wieder roch. Hier mitten im Atlantischen Ozean vor diesem immer noch glühenden Wrack.
    Er roch nach Leben, Lachen und Glück, nach Mut und nach Sorge, ja, und nach Freiheit.
    Das Herz der Ozeane musste hier sein. Will war sich ganz sicher und die Hoffnung, die in ihm aufstieg, stärkte ihn mehr als der Käse und das Brot, was er gefunden hatte.
    Will sah sich alles ganz genau an. Der Name des Schiffes, den er nur noch zum Teil an dem verkohlten Bug lesen konnte, war spanisch gewesen. Auch musste es groß gewesen sein. Groß, stolz und mit mindestens hundertfünfzig Kanonen bestückt. Eine schwimmende Festung. Eine Fregatte, mit denen die Spanier früher, als es noch Gold in Südamerika gegeben hatte, die Schätze sicher nach Spanien brachten, und die jetzt Afrikas Gold nach Amerika schleppten. Eine in Leder gebundene Liste trieb knapp unter der Wasseroberfläche und verhedderte sich an der Spitze des Sarges. Will fischte sie heraus und las die Posten der Ladung. Jamon, las er: Schinken. Trigo hieß Weizen, Vino war Wein und Esklavo/Esclava … Will stockte der Atem: Das waren die spanischen Wörter für Sklaven. Für Sklaven und Sklavinnen. Verflucht: Die Fregatte hatte sechshundert Afrikaner geladen. Und die waren jetzt tot … Will blickte sich um, als könnte er es nicht glauben: Bei Gott und dem Teufel. Warum? Wer tötete sechshundert gefangene Menschen?
    Da hörte er Backbord ein leises Plätschern. Die Dünung hatte sich inzwischen beruhigt. Der Sarg wippte nur leicht auf den sanft rollenden Wellen und deshalb konnte Will den bunten Ball ganz deutlich erkennen. Er leuchtete hellblau mit knallroten Punkten und die Bugwelle vor dem Spielzeug zeigte ihm an, dass dieser Ball – wie auch immer – gegen die Strömung trieb. Irgendetwas zog und lenkte ihn direkt auf ihn zu. Anders war das nicht zu erklären, denn kurz bevor der Ball mit dem Sarg zusammenstieß, schlug er einen Haken. Er wich ihm in letzter Sekunde aus und bei diesem Manöver entdeckte Will die Rückenflosse und den Rücken des Hais.
    Ein Hai aus Old Nassau!, dachte der Junge. Und der Ball war kein Ball. Nein, Jay-Nice hat mir das doch gezeigt.
    Will packte das Paddel und folgte dem Raubfisch, umrundete hinter ihm den Rumpf der Fregatte und entdeckte dahinter die Boote. Es waren noch drei und sie waren mit ehemaligen Sklaven besetzt. Doch die waren bewaffnet und jetzt verstand Will, was hier vor seiner Ankunft passiert war.
    Die Sklaven hatten sich befreit. Sie hatten gemeutert, die Spanier überwältigt und das Schiff in ihre Gewalt gebracht. Sie hatten den Kapitän und die Mannschaft gezwungen, sie wieder zurück in ihre Heimat zu bringen. Doch das roch nach Freiheit und Freiheit war das, was Gagga und seine Monster anzog. Sie hatten das Schiff sofort gewittert. Oder waren es sogar zwei Schiffe gewesen? Das wollte Will sich jetzt nicht vorstellen müssen. Sie hatten die beiden Schiffe gejagt, hatten sie angegriffen und in Flammen gesetzt. Sie hatten dafür gesorgt, dass es Überlebende gab, und mit denen spielten sie jetzt ihr grausames Spiel. Sie wollten die armen Seelen bestrafen, weil sie das für sich forderten, wonach sich jeder Mensch sehnte: in Freiheit zu leben.
    Will hörte die ängstlichen Rufe der Afrikaner. Sie zeigten aufs Wasser, wo die Bälle, Puppen und Hüte, die um sie herum aus den Wellen tauchten, aus allen vier Himmelsrichtungen Kurs auf sie nahmen. Er hörte die Schüsse der zitternden Schützen und sah, wie

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