Das Herz des Bösen: Roman (German Edition)
gleichgültiges Achselzucken. »Okay, sie schläft nicht direkt. Die Wahrheit ist … sie ist gestorben. Vor ein paar Monaten.«
Das war’s, dachte Val, stellte ihren Becher auf den Couchtisch und blickte zu der nach wie vor offen stehenden Haustür. Sie mussten sofort hier raus.
»Ich hab es Ihnen nicht erzählt, weil ich nicht wusste, wer Sie sind, und ich wollte nicht, dass Sie denken, ich wohne hier ganz alleine. Jedenfalls«, fuhr Nikki fort, »hat sie mir die Hütte mit allem vererbt. Deshalb ist das mit dem Schmuck auch kein Problem. Können Sie mir das Geld sofort geben?«
Melissa sah Val an, ihr Blick wirkte seltsam verschwommen. »Nun, im Moment habe ich nur ein paar Dollar dabei.«
Nikkis Augen blitzten wütend auf. »Und … was? Wollten Sie mich nur verarschen? Ist das Ganze eine Art Witz für Sie?«
»Nein, natürlich nicht. Ich habe bloß meine Handtasche im Wagen gelassen.«
»Und wo ist Ihr Wagen?«
»Auf dem Campingplatz«, ging Val rasch dazwischen. Brianne war auf jeden Fall hier gewesen, da war sie sich sicher. Genauso sicher, wie dieses Mädchen wusste, wo sie war. Aber dieses Mädchen war ebenso offensichtlich verrückt, und Val bezweifelte, dass es irgendetwas brachte, weiter hierzubleiben. Sie hatten Henrys Uniform gefunden. Der Mann, der sie gestohlen hatte, lauerte vielleicht noch irgendwo in der Nähe. Sie mussten die Behörden benachrichtigen. »Hören Sie, wir laufen zum Auto, holen das Geld und kommen sofort zurück. Wie wäre das?« Sie rappelte sich auf die Füße und merkte, dass Melissa neben ihr Mühe hatte aufzustehen. »Alles in Ordnung?«
»Mir ist ein bisschen schwindelig«, sagte Melissa.
»Was glauben Sie, wie lange Sie brauchen?«, fragte Nikki.
»Bestimmt nicht lange«, antwortete Val und sah, wie James taumelte, als er aufstehen wollte. Er ließ seinen leeren Becher fallen, der in Richtung Kamin kullerte. Val packte ihn am Arm, bevor er stürzte.
»Was ist los?«, fragte Jennifer.
»Warum fragen Sie das nicht ihn?«, sagte Nikki und zeigte zur Tür.
Im Rahmen stand ein junger Mann, ein Lächeln auf den Lippen, ein Bild von Keith Richards auf der Brust und eine blutverschmierte Machete in den Händen.
Val stöhnte auf, Melissa und Jennifer folgten wie ein Echo.
»O Gott«, jammerte James, der sich weiter nur mühsam aufrecht halten konnte.
»Ich denke, Sie gehen nirgendwohin.« Der junge Mann trat mit einem Stiefel die Tür zu und kam die Machete schwingend in den Raum. »Schmeckt der Tee allerseits?«
»Meine Spezialmischung.« Nikki zog die Pistole aus der Tasche.
»O Gott«, sagte James noch einmal.
»Kein Grund, so förmlich zu sein. Nennen Sie mich einfach Henry.« Der junge Mann lachte. »Hallo, Jennifer. Nett, Sie wiederzusehen. Und Sie müssen Briannes Mutter sein«, sagte er zu Val. »Die Ähnlichkeit ist unverkennbar.«
»Wo ist meine Tochter? Was haben Sie mit ihr gemacht?«
»Nichts.« Henrys Lächeln wurde breiter. »Noch nichts.«
»Sie haben Geld«, erklärte Nikki ihm. »Die Hexe hat mir tausend Dollar für den Scheiß angeboten.« Sie blickte von Melissa zu dem auf dem Couchtisch ausgebreiteten Schmuck. »Sie wollten gerade zu ihrem Wagen laufen und das Geld holen.«
»Du bist wirklich dumm, weißt du das? Glaubst du ernsthaft, irgendjemand würde mit tausend Dollar in bar in der Tasche zelten gehen?« Henrys Stimme triefte vor Verachtung. »Oder wolltest du dir einen Scheck ausstellen lassen?«
Nikki wurde vor Verlegenheit rot. »Du sollst mich nicht dumm nennen.«
»Du musst lernen, zwischen den Zeilen zu lesen, Schätzchen. Sie wissen alles. Nicht wahr?«, fragte er Val. »Natürlich wissen sie alles«, beantwortete er seine eigene Frage. »Sie haben schon mit den Park Rangern gesprochen. Sie wissen, dass ich nicht der echte Henry Voight bin. Ich glaube sogar, dass sie inzwischen eine ziemlich konkrete Ahnung haben, wer ich wirklich bin.« Er richtete die Machete auf Vals Hals. »Und wenn nicht, ist das hier ein guter Hinweis, würde ich sagen.«
»Sie haben diese Leute in den Berkshires ermordet«, flüsterte James.
»Bingo.«
»Und den echten Henry Voight?«, fragte Jennifer.
»Vergessen Sie David Gowan nicht«, sagte Nikki sichtlich stolz.
Val kämpfte gegen die Tränen an, die ihr in die Augen stiegen. »Was haben Sie mit meiner Tochter gemacht?«, fragte sie noch einmal.
»Noch nichts, wie gesagt. Ich spare sie auf.« Der junge Mann zwinkerte. »Für später.«
»Darauf würde ich mich nicht verlassen«, murmelte
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