Das Herz des Bösen: Roman (German Edition)
wüsstest.«
»Ich weiß es wirklich nicht.«
»Hat dein Dad es dir nicht erzählt?«
»Sollte er?«
Brianne blieb abrupt stehen. »Willst du mir ernsthaft erzählen, dass dein Dad nichts darüber gesagt hat, was heute Nachmittag passiert ist?«
Hayden zuckte mit den Schultern. »Nur dass es im Hotel irgendein Durcheinander wegen eures Zimmers gegeben hat und ihr deswegen auf dem Zeltplatz übernachten würdet.«
»Mehr nicht?«
»Offenbar hat er etwas ausgelassen.«
»Ich will nicht darüber reden.« Sie stapfte vor ihm los und beschleunigte ihre Schritte.
Und dann lag der See auf einmal direkt vor ihnen, die glatte Oberfläche glitzerte im Mondlicht wie auf einer Hochglanzpostkarte.
Hayden lächelte. »Wunderschön, nicht wahr?«
Das musste auch Brianne stumm eingestehen. »Wenn man so was mag«, sagte sie laut.
»Du nicht?«
»Ich hab eigentlich noch nie darüber nachgedacht.«
»Ich hätte gedacht, du schwimmst gern.« Er hob einen Kieselstein auf und warf ihn elegant auf den gläsern schimmernden See. Der Stein titschte mehrmals kurz auf und kräuselte das Wasser, wie Risse in einem Spiegel.
Brianne sah die Wellen, die immer weitere Kreise zogen, ehe sie kurz vor dem Ufer ausrollten. »Wie kommst du darauf?«
»Waren deine Mutter und mein Dad nicht zusammen im Schwimmteam ihrer Schule?«
»Bloß weil meine Mutter gern schwimmt, heißt das nicht, dass ich auch gern schwimme. Magst du etwa alles, was dein Vater macht?«
»Ich wollte bloß mit dir reden.«
»Nicht nötig. Kann ich noch mal dein Handy probieren?«
Hayden zog sein Handy aus der Jeanstasche und überreichte es ihr kommentarlos.
»Verdammt«, fluchte Brianne, als sie wieder keinen Empfang hatte. »Was ist denn mit dem blöden Ding los?« Sie begann am Ufer des Sees auf und ab zu laufen und das kleine Telefon zu schütteln wie einen Salzstreuer. »Woher hast du dieses vorsteinzeitliche Ding überhaupt?«
»Hey, vorsichtig. Du machst es kaputt.«
»Ich glaube, es ist schon kaputt.«
»Manchmal braucht es ein paar Minuten.«
»Scheiße.«
»Was ist denn so dringend?«, fragte Hayden.
»Das geht dich nichts an.« Brianne ließ die Schultern sacken. Konnte der Abend noch schlimmer werden? »Versprichst du, meiner Mutter nichts zu erzählen?«
»Was denn? Warum sollte ich ihr irgendwas erzählen?«
Briannes Seufzer sprach zu gleichen Teilen von Erschöpfung und Kapitulation. »Ich versuche, meinen Freund zu erreichen.«
Hayden nickte, als würde er verstehen. »Einen Freund, den deine Mutter nicht mag.«
»Sie hasst ihn.«
»Warum?«
»Sie denkt, er ist zu alt für mich.« Und vielleicht auch weil ein paar neugierige Park Ranger sie am helllichten Tag unbekleidet aufgegriffen hatten, fügte sie stumm hinzu.
»Wie alt ist er denn?«
»Jedenfalls nicht zu alt.« Brianne entschied, dass es vermutlich das Beste war, nicht weiter auf die Details einzugehen. Sie versuchte es erneut. Nach wie vor kein Netz.
»Wir könnten noch ein bisschen weiter gehen. Der Shadow Creek ist ganz in der Nähe.« Hayden zeigte in die Ferne.
»Das ist ein Scherz, oder?« Brianne gab ihm das Handy zurück, ließ sich auf den Boden sinken und spürte sofort, wie die Feuchtigkeit der Erde durch ihre Shorts kroch. Verdammt, ihre Schuhe waren schon hinüber, da konnte sie auch den Rest ihrer Klamotten ruinieren. Es war ziemlich offensichtlich, dass sie Tyler heute Abend ohnehin nicht mehr sehen würde. Hayden hockte sich neben sie auf den Boden, sorgfältig darauf bedacht, respektvollen Abstand zu wahren. »Komm bloß nicht auf irgendwelche Ideen«, sagte sie trotzdem.
»Was?«
Sein Tonfall ließ nicht erkennen, ob ihn die Vorstellung eher schockierte oder anwiderte. Sie fragte sich, was er für ein Problem hatte. »Und hast du eine Freundin?«
Er schüttelte den Kopf.
»Einen Freund?«, fragte sie provozierend und war enttäuscht, dass sie seine Reaktion wegen der Dunkelheit nicht klarer erkennen und genießen konnte.
»Denkst du, ich bin schwul?«
»Bist du?«
»Nein. Wie kommst du darauf?«
»Wenn, ist es keine große Sache, weißt du.«
»Bin ich aber nicht.«
»James, der Freund meiner Mutter, ist schwul.«
»Ja, das dachte ich mir schon.«
»Subtilität ist nicht gerade seine Stärke. Ich ziehe ihn immer damit auf, dass er so klischeehaft ist, aber er sagt, er wurde von einer ledigen Mutter dazu erzogen, Tänzer am Broadway zu werden, also was erwarte ich?« Sie lachte.
»Er macht jedenfalls einen ganz netten Eindruck.«
»Du findest
Weitere Kostenlose Bücher