Das Herz des Bösen: Roman (German Edition)
ihn nett?«
»Wie meinst du das?«
»Ach, nur so. Wieso bist du denn plötzlich so empfindlich?«
»Bin ich doch gar nicht.«
Brianne zuckte die Achseln. »Ist ja auch egal.«
»Und was ist mit der Frau in Schwarz?«, fragte Hayden nach einem längeren Schweigen mit belegter Stimme.
»Melissa. Sie trägt immer Schwarz. Es ist eine Art Erkennungszeichen von ihr. Sie ist eigentlich ziemlich cool.«
»Das heißt, du magst bloß deine Mutter nicht«, stellte Hayden fest.
Die beiläufige Bemerkung verärgerte Brianne. »Wovon redest du? Ich liebe meine Mutter.«
»Du liebst sie. Du magst sie bloß nicht .«
»Wovon redest du?«, fragte Brianne noch einmal.
»Und wer ist jetzt empfindlich?«
»Ich jedenfalls nicht.«
»Schon gut. Ich mag meine Mutter auch nicht.«
»Nicht? Wieso nicht?«
»Sie ist eine Schlampe«, erwiderte er schlicht.
»Wow! Hast du deine Mutter gerade eine Schlampe genannt?«
»Ja, glaub schon. Ist mir so rausgerutscht. Tut mir leid.«
»Nein, du musst dich nicht entschuldigen.« Brianne lachte.
»Findest du es komisch, dass meine Mutter eine Schlampe ist?«
»Nein, natürlich nicht. Es ist nur, dass meine Mutter Jennifer immer so ähnlich nennt. Die Verlobte meines Vaters. Die …«
»Mit den Beinen«, sagte Hayden.
Okay, er war also wirklich nicht schwul, dachte Brianne. Trotzdem steckte mehr in ihm, als sie ursprünglich gedacht hatte. Er mochte ein Trottel sein, aber er war ein wütender Trottel, einer, der Probleme mit seiner Mami hatte, was ihn marginal interessanter machte. »Und warum denkst du, dass deine Mutter ein Flittchen ist?«
»Weil sie meinen Vater mit dem halben Planeten betrogen hat. Sag ihm nichts«, fügte er rasch hinzu. »Er glaubt, ich weiß nichts davon.«
»Wie hast du es herausgefunden?«
»Einer meiner Freunde hat sie mit einem Typen aus einem Hotel kommen sehen, der nicht mein Dad war. Er hat es mir gesteckt.«
»Ich hab meinen Vater mal mit Jennifer im Auto rummachen sehen. Wie zwei hormongesteuerte Teenager. Echt widerlich.«
Hayden nickte. »Sieht so aus, als hätten wir eine Menge gemeinsam.«
»Hat sie wirklich mit dem halben Planeten geschlafen?«, fragte Brianne, der die Andeutung, sie könne irgendetwas gemeinsam mit jemandem haben, der so offensichtlich uncool war, gar nicht gefiel. Sie dachte an ihren Vater und fragte sich, wie viele weitere Affären er gehabt hatte. Sie wusste nur, dass Jennifer nicht seine erste war.
Manchmal war sie an seinem Arbeitszimmer vorbeigekommen und hatte ihn ins Telefon flüstern hören, gefolgt von einer hastigen Verabschiedung und einem zu breiten Lächeln, wenn er sie sah. Und dann hatte sie ihn vor ein paar Jahren einmal unangekündigt im Büro besucht. Seine Tür war abgeschlossen gewesen und seine neue Sekretärin nicht an ihrem Platz. Sie wollte gerade gehen, als sie aus seinem Büro gedämpfte Geräusche gehört hatte – Kichern, Seufzen, leises Murmeln. Sie hatte ihr Ohr an die Milchglasscheibe gelegt und dann leise geklopft. »Daddy«, hatte sie gerufen und war mutiger geworden, als sie hörte, dass sich hinter der Tür etwas bewegte. »Daddy, bist du da?« Es hatte ein paar Minuten gedauert, bis die Tür geöffnet wurde und seine neue Sekretärin, eine Miss Jacqueline Gum, leicht errötet und sichtlich derangiert herausgekommen war. »Aber hallo, Brianne«, hatte sie gesagt. »Wie geht es dir heute?« Ihr Vater hatte Brianne eilig hereingewunken und sein zu breites Lächeln gelächelt. »Na, wenn das nicht eine unerwartete Freude ist?« Als Brianne ihren Vater das nächste Mal bei der Arbeit besuchte, war Miss Gum nicht mehr da. »Wie kommt es, dass deine Sekretärinnen nie lange bei dir bleiben?«, hatte sie ihn gefragt. Er hatte nur gelacht und den Kopf geschüttelt, als wäre es ihm selbst ein Rätsel.
»Ich habe mitgehört, wie mein Dad mit seinem Anwalt telefoniert hat«, beantwortete Hayden ihre Frage, die sie selbst längst vergessen hatte. »Er hat gesagt, er wüsste von drei Männern, darunter – das glaubst du nie – auch mein Onkel.«
»Ohne Scheiß.« Wow , dachte Brianne. Der Junge musste ernsthaft gestört sein.
»Seit der Scheidung gab es noch mindestens vier, von denen ich weiß«, fuhr er unaufgefordert fort. »Jetzt ist sie seit etwa einem halben Jahr mit einem Typen zusammen. Sieht so aus, als könnte es was Dauerhaftes werden.«
»Und wie findest du das?«
Er lachte. »Du klingst wie mein Therapeut.«
»Du warst bei einem Psychiater?«
»Eine Zeitlang. Mein Dad
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