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Das Herz des Bösen: Roman (German Edition)

Das Herz des Bösen: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz des Bösen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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meinte, es wäre eine gute Idee. Um mir zu helfen, mit der Scheidung klarzukommen …«
    »Wie lange bist du zu ihm gegangen?«
    »Ein paar Jahre.« Er zuckte die Achseln. »Es ist keine große Sache«, meinte er, doch seine Augen sagten etwas anderes.
    »Dein Dad macht einen ziemlich schlauen Eindruck.« Brianne hatte keine Ahnung, ob Gary schlau war oder nicht, und es war ihr auch relativ egal. Sie hoffte, dass sie nach ihrer Rückkehr in die Stadt nie wieder an Gary oder seinen Sohn denken musste.
    »Er ist super. Das Salz der Erde, hat mein Großvater immer gesagt.«
    »Das Salz der Erde?«, wiederholte Brianne. »Was bedeutet das?«
    »Es ist nur so eine Redensart.«
    »Kann ich noch mal dein Handy probieren?«
    Hayden gab ihr das Telefon. Brianne bemühte sich erneut vergeblich um Empfang.
    »Verdammt«, sagte sie.
    »Vielleicht haben wir mehr Glück, wenn wir uns bewegen.« Hayden stand auf. »Lass mich mal probieren.«
    Brianne beobachtete, wie er ein paar Ziffern drückte und näher ans Ufer ging. »Irgendwas?«
    Hayden begann am Ufer auf und ab zu laufen. »Nein. Hey, weißt du, woher die Redensart ›Es regnet junge Hunde‹ kommt?«
    »Nein«, sagte Brianne. Gott, er war wirklich ein Trottel.
    »Vor langer Zeit, im 16. Jahrhundert, hatten Häuser Strohdächer«, erklärte er ihr unaufgefordert, »nur aus geschichtetem Stroh ganz ohne Holzlatten. Für die Tiere war es der einzige warme Platz, weil es damals natürlich noch keine Zentralheizung gab. Deshalb hausten alle Kleintiere wie Katzen und Hunde im Dach. Und wenn es regnete, wurde es glatt, und die Tiere rutschten aus und fielen vom Dach. Daher die Redensart …«
    »›Es regnet junge Hunde‹.« Brianne rang sich ein mattes Lächeln ab. Der arme Junge war bemitleidenswert. »Okay, mir reicht’s.« Sie rappelte sich auf die Füße. »Lass uns zurückgehen.«
    »Warte«, sagte Hayden plötzlich. »Ich glaube, ich hab vielleicht was.«
    Brianne war sofort an seiner Seite und riss ihm das Telefon aus der Hand. »Es ist ziemlich schwach«, sagte sie und entfernte sich ein paar Schritte, während sie Tylers Handynummer wählte. »Es klingelt. Hallo? Tyler? Verdammt«, fluchte sie, als sie plötzlich nur noch Rauschen hörte und wieder ein paar Schritte auf Hayden zugehen musste. »Tyler? Hörst du mich? Ich weiß nicht, ob er mich hört«, jammerte sie.
    »Brianne«, antwortete eine leise Stimme.
    »Tyler, Tyler, Gott sei Dank. Wo bist du?« Seine Antwort war unverständlich. »Egal. Pass auf, wir sind auf dem Starbright-Campingplatz in der Nähe vom Lake George. Wie spät ist es?«, fragte sie Hayden zischend.
    Er sah auf seine Uhr. »Kurz vor neun.«
    »Ich treffe dich um Mitternacht am Eingang des Zeltplatzes«, sagte sie, ohne zu wissen, ob Tyler überhaupt noch dran war. »Hast du mich gehört? Tyler?« Wieder vernahm sie nur Rauschen und dann gar nichts mehr. »Verdammt. Die Leitung ist tot. Ich weiß nicht genau, ob er mich gehört hat.«
    »Hältst du das wirklich für eine gute Idee?«
    »Halte ich was für eine gute Idee?«
    »Deinen Freund zu treffen. Deine Mutter wird bestimmt sauer.«
    »Meine Mutter wird fest schlafen.«
    »Ja, klar.«
    »Es sei denn, du hast vor, mich zu verpetzen …«
    »Natürlich nicht.«
    »Denn dann müsste ich zurückkommen und dich umbringen«, sagte Brianne, ohne zu lächeln. »Das weißt du doch, oder?«
    »Du bist echt unheimlich«, sagte Hayden.
    Brianne lachte und fühlte sich schon besser. Es war kurz vor neun. Alle waren erschöpft. In einer Stunde würden sie wahrscheinlich fest schlafen, inklusive James, mit dem sie ein Zelt teilte. Sie würde eine schwache Blase vortäuschen und stündlich zur Toilette gehen, damit sie für den unwahrscheinlichen Fall, dass James doch aufwachte, eine Entschuldigung parat hatte. Kinderspiel. »Lass uns gehen«, sagte sie zu Hayden, weil sie es plötzlich eilig hatte, zum Campingplatz zurückzukommen.
    Im selben Moment hörte sie raschelnde Blätter und knackende Zweige und wusste, dass sie nicht allein waren. Irgendjemand hatte sie beobachtet. Irgendjemand hatte ihre gesamte Unterhaltung belauscht.
    Ein Bär? Ihre Mutter? Brianne hielt den Atem an, unsicher, welche Variante ihr lieber wäre.
    »Verzeihung, ich wollte euch nicht erschrecken«, sagte eine Stimme, und ein Mann trat aus der Dunkelheit.
    Brianne brauchte nur ein paar Sekunden, um die inzwischen vertraute Uniform der Park Ranger zu erkennen: das steife beigefarbene Hemd, das Abzeichen, die Waffe im Holster.

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