Das Herz des Bösen: Roman (German Edition)
James.
»Was soll das heißen? Wie kann sie recht haben, wenn sie ihn nicht einmal kennt? Genauso wenig wie du.«
»Ich weiß, dass er zu alt für dich ist.«
»Vielleicht bin ich reifer, als du denkst.«
»Du hast mit sieben noch in die Hose gemacht«, erinnerte er sie.
»Das hab ich dir im Vertrauen erzählt«, erwiderte Brianne wütend. »Und jetzt verwendest du es gegen mich?«
»Tut mir leid. Ich wollte bloß besonders clever sein.«
»Nun, du bist aber nicht clever. Du bist kein bisschen clever. Vielleicht hat Jennifer recht. Vielleicht bist du nur so wie … Toto .« Wütend wühlte sich Brianne aus ihrem Schlafsack, schlug das Zelt auf und atmete die Abendluft tief ein. »Wann bist du so, so … uncool geworden?«, fauchte sie James an und krabbelte ins Freie.
Kurz darauf stapfte sie zu den Dixi-Klos am anderen Ende des Zeltplatzes.
Sie musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass James ihr auf dem Fuße folgte.
Jennifer hörte Brianne und James im Zelt neben ihrem streiten und fragte sich, ob sie eingreifen sollte. Ich denke, du hast fürs Erste genug gesagt, mahnte eine leise Stimme sie zu bleiben, wo sie war. Der wütende Wortwechsel wurde lauter und brach dann abrupt ab. In der folgenden Stille stampften zwei Paar Füße an ihrem Zelt vorbei zum Ende des Campingplatzes. Sie kuschelte sich fröstelnd tiefer in ihren Schlafsack, obwohl sie extra einen zweiten Pullover übergezogen hatte. Sie fragte sich, was Evan machte, ob sein Meeting endlich zu Ende und er erfolgreich gewesen war, ob er in diesem Augenblick in ihrem gemeinsamen Bett lag und sie so vermisste wie sie ihn.
Oder vielleicht vermisste er auch Val, überlegte sie, zu müde, um den beunruhigenden Gedanken zu verdrängen.
In Wahrheit wäre es kein allzu großer Schock zu erfahren, dass er immer noch etwas für seine Frau empfand. Das hatte er im Prinzip schon zugegeben. »Natürlich empfinde ich noch etwas für sie«, hatte er ihr eines Abends erklärt, nachdem zu viele Drinks sie so kühn und dumm gemacht hatten zu fragen. »Wir waren eine lange Zeit zusammen. Und ich war nicht immer der beste Ehemann«, hatte er beinahe wehmütig hinzugefügt.
Du warst ein lausiger Ehemann, dachte Jennifer jetzt, obwohl sie die Schuld dafür damals rasch Val zugeschoben hatte.
Das verheißt nichts Gutes , hörte sie ihren Vater sagen.
Geh weg, Daddy, dachte sie. Das Zelt ist nicht groß genug für uns alle.
Doch sie sah ihn bereits vor sich, Essensflecke auf seiner zerknitterten Kleidung, das schüttere Haar ungekämmt und ungewaschen, mit sichtbarem Schorf auf der zu rötlichen Kopfhaut. Vorwurfsvoll starrte er sie an. Sie fragte sich, ob Cameron sich die Mühe gemacht hatte, nach ihm zu sehen, und wenn ja, ob sie mehr als ein paar Minuten geblieben war. Hatte ihre Schwester sich vergewissert, dass er gegessen hatte? Hatte sie mit ihm eine kleine Spritztour in ihrem neuen Wagen gemacht? Oder hatte sie bloß dagesessen und mit ihm über seine egoistische, jüngere Tochter geklagt?
Scheiße, dachte Jennifer, als sie Brianne und James zu ihrem Zelt zurückkehren hörte. Wahrscheinlich sollte sie sich noch einmal bei James entschuldigen. Schließlich war nichts von allem seine Schuld. Andererseits war dieses Wochenende so oder so eine Katastrophe.
Scheiße, fluchte sie noch einmal, legte sich wieder hin und versuchte, eine bequeme Position zu finden. War es möglich, dass Val wirklich Spaß an so was hatte? Oder hatte sie bloß mitgemacht, weil sie wusste, wie gerne Evan in den Adirondacks war? Und würde sie selbst nicht genau das Gleiche tun, wenn Evan hier wäre?
Aber er war nicht hier, dachte Jennifer und sparte sich jegliche weitere Selbstbetrachtung. Wenn Evan hier wäre, wäre alles ganz anders. Nichts von alldem würde passieren.
Sie hatte das Gefühl, dass die Zeltwände enger zusammenrückten und der missbilligende Blick ihres Vaters auf ihr Gesicht fiel wie ein erstickendes Kissen. Das verhieß nichts Gutes.
Eine Stunde später hörte Brianne das Geräusch von James’ gleichmäßigem Atem und wagte es, aus ihrem Schlafsack und dem Zelt zu krabbeln.
»Hi«, begrüßte Jennifers Stimme sie, als sie ins Freie kam.
»Scheiße!«, rief Brianne und sank auf die Knie. Ihr Herz pochte so wild, dass es ihre Brust zu sprengen drohte. Was zum Teufel machte Jennifer um diese Zeit noch hier draußen? Und was sollte sie jetzt tun?
»Sorry. Hab ich dich erschreckt?«
»Was glaubst du denn?«, fauchte Brianne und dachte: Scheiße, Scheiße,
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