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Das Herz des Bösen: Roman (German Edition)

Das Herz des Bösen: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz des Bösen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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»Ich hab mal irgendwo gelesen, dass alle Phobien im Grunde nur Angst vor dem Tod sind.«
    »Klingt logisch.« Brianne kroch zurück ins Zelt und in ihren Schlafsack und lag, die Augen weit offen, im Dunkeln. Ich will sterben, dachte sie.

KAPITEL 18
    Das Mädchen richtete sich in dem zu weichen Bett auf und blickte zum Fenster. Okay, wo steckte er, fragte sie sich und sah auf der Uhr auf dem Nachttisch, dass es schon fast zwei war. Er sollte mittlerweile längst zurück sein, dachte sie. Wie lange brauchte man, um eine Leiche zu beseitigen?
    Sie ließ den Abend noch einmal im Schnelldurchlauf Revue passieren: seine Verspätung, sein erleichterter Gesichtsausdruck, als er erkannt hatte, dass sie nicht wütend war – »ich bin gestört worden«, war seine einzige Erklärung; die unbekannten Klamotten, die er trug und anbehalten hatte, als er ihre Jeans herunterzerrte und in sie eindrang, erst auf einer Decke aus kaltem, feuchtem Laub, dann im Haus der Laufers in dem zu weichen Bett ihrer unfreiwilligen Gastgeber. Liebevoll zeichnete sie den blutigen Abdruck seiner Hand auf ihrer linken Brust nach und lächelte bei der Erinnerung an den Geschmack frischen Blutes auf seinen Lippen.
    Wessen Blut, hatte sie sich still gefragt.
    Er hatte wieder getötet, das wusste sie mit Sicherheit, und sie spürte einen Stich der Eifersucht, nicht an seiner Seite gewesen zu sein, ein Aufflackern von Wut, dass er nicht auf sie gewartet hatte, doch sie war klug genug, ihn nicht darauf anzusprechen oder auszufragen. Es gab für alles einen Grund. Er würde es ihr erzählen, wenn es so weit war. »Später«, hatte er nur geantwortet, als er ihren fragenden Blick gesehen hatte. Dieses einzelne Wort – voller Versprechen und Faszination – hatte sie noch mehr erregt. Und nachdem er sie ein drittes Mal genommen und von hinten geritten hatte wie ein wildes Pferd, hatte er erklärt, dass er noch mal wegmüsse.
    »Ich komme mit«, hatte sie sofort gesagt.
    »Nein. Bleib hier«, hatte er geantwortet. »Ich muss noch ein bisschen sauber machen. Und das hasst du. Ich bin bald zurück.«
    Und wo war er jetzt? Warum brauchte er so lange?
    Sie stieg aus dem Bett, schaltete das Deckenlicht ein und sah das Schlafzimmer unvermittelt in greller Deutlichkeit. »Ugh«, sagte sie, als ihr Blick auf das vergilbte Spitzendeckchen auf der dunklen Eichenkommode fiel und weiter zu den passenden Gardinen vor dem großen rechteckigen Fenster wanderte. Alte-Leute-Kram. Obwohl die Schmerztabletten, die sie im Medizinschrank gefunden hatte, ganz gut knallten, dachte sie und schob sich eine weitere in den Mund.
    Auf dem Spitzendeckchen stand ein kunstvoll silbern gerahmtes Foto der beiden Menschen, bei deren Ermordung sie mitgeholfen hatte. Die Laufers lächelten freundlich zurück, als sie das Bild zur Hand nahm, ahnungslos über das Schicksal, das sie von ihrer Hand erwartete. Warum sahen alle alten Menschen gleich aus, fragte sie sich ohne Mitleid oder Reue. Austauschbare Gesichter. Austauschbare Leben.
    Austauschbare Tode, fügte sie hinzu und lächelte.
    Sie dachte an die anderen Paare, die sie ermordet hatten. Nichts an den Opfern war in irgendeiner Weise außergewöhnlich gewesen bis auf ihren außergewöhnlich gewaltsamen Tod.
    Aber selbst unter diesen spektakulären Umständen hatten sie am Ende alle ähnlich reagiert, alle hatten den gleichen entsetzten Ausdruck in ihren blassen, wässrigen Augen – als ob sie, nachdem sie es geschafft hatten, so alt zu werden, ihr Schicksal nicht fassen konnten. Als ob die bloße Tatsache, dass sie ein so langes, langweiliges und absolut belangloses Leben gelebt hatten, sie dazu berechtigte, mit einem Minimum an Aufregung und Schmerz in die friedliche Umarmung des Todes zu sinken.
    »Überraschung!«, rief das Mädchen ausgelassen, warf eine weitere Tablette ein und ließ das Foto auf den Boden fallen. Sie riss die Kommodenschubladen auf und wühlte gedankenlos darin herum. Die oberste enthielt einen Haufen hässlicher Strassbroschen und bunter Ketten, die mittlere eine Sammlung feiner Unterwäsche und Nachthemden. »Ich glaube, das brauchst du jetzt alles nicht mehr«, sagte sie, hob ein blass rosafarbenes Spitzenunterhemd auf, das herausgefallen und an ihrem dicken Zeh hängen geblieben war, und hielt es vor ihre nackten Brüste. Sie ging zum Kleiderschrank und betrachtete sich in dem großen Spiegel in der Innentür. »Großmutter, warum hast du so große Titten?« Sie warf das Kleidungsstück in die Luft und sah zu,

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