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Das Herz Des Daemons

Das Herz Des Daemons

Titel: Das Herz Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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vorderen Wohnzimmer. Der Flachbildschirmfernseher hier war nur halb so groß wie der im hinteren und auch nicht an eine ultraraffinierte Stereoanlage gekoppelt - Juliens Spielzeug -, aber das interessiert mich herzlich wenig. Ich zappte mich durchs Fernsehprogramm, stand auf, ging zum Fenster, starrte minutenlang hinaus, kehrte zum Sofa, der Chipstüte und der Fernbedienung zurück und zappte weiter.
    Inzwischen war es schon nach zehn und von Julien noch immer keine Spur. Sein Handy war aus. Ich hatte ihn in den letzten sechzig Minuten oft genug ohne Erfolg zu erreichen versucht.
    Und was, wenn er auf die blödsinnige Idee verfallen war, dass es doch zu gefährlich für mich sein könnte, wenn er bei mir blieb? Was, wenn er ... einfach gegangen war?
    Plötzlich erfasste mich Panik. Ich war in den vergangenen Stunden in jedem Raum dieses Hauses gewesen, nur in einem nicht ...
    Wie eine Besessene stürmte ich die Treppe hinauf und riss die Tür zu Juliens Zimmer auf. Im Rahmen blieb ich stehen und knipste mit unsicheren Fingern das Deckenlicht an. Nein. Es war alles noch da, obwohl er genug Zeit gehabt hätte, seine Sachen zu holen, während ich in der Schule gewesen war. Und selbst wenn er nur das Wichtigste mitgenommen hätte ... Er würde ohne Skrupel seine Kleider zurücklassen, aber bestimmt nicht seinen Laptop. Und der stand noch immer auf dem Schreibtisch neben der Glastür zum Balkon hin. Ein hypermodernes Ding, auf dem die Hälfte der Programme entweder illegal oder zumindest nicht zu hundert Prozent legal war, soweit ich das mitbekommen hatte. Oder seit wann kam man so einfach in die Datenbänken des FBI - oder anderer Regierungsstellen -, wenn man nicht zu dem entsprechenden Verein gehörte? Was auf den beiden mehrere Gigabyte großen USB-Sticks war, auf die man nur mit Passwort zugreifen konnte und die scheinbar achtlos mit vier weiteren, die voll mit Musik waren, in einer Holzschale lagen, wollte ich gar nicht wissen. Die anderen vier mit Musik waren Juliens Ersatz für eine umfangreiche CD-Sammlung, die von Haydn und Händel bis zu Blind Guardian, Metallica und Manowar reichte und ein paar hochseltene Releases enthielt, die zu Unsummen gehandelt wurden, wenn man sie überhaupt noch irgendwie bekam.
    Aufatmend sank ich gegen den Türrahmen.
    Mein Blick fiel auf sein Bett. Ein breiter, asiatisch wirkender Futon, der uns beiden mehr als genug Platz geboten hätte. Zum ersten Mal stellte ich mir die Frage, warum wir eigentlich immer bei mir schliefen. Die wenigen Sachen - überwiegend Kleidungsstücke -, die im Raum verteilt lagen, weckten in mir in diesem Moment das Gefühl, als seien sie mit voller Absicht an ihrem jeweiligen Platz hindekoriert worden, um das Zimmer bewohnt wirken zu lassen. Sogar die Bettdecke war angemessen zerwühlt und das Kissen sah aus, als hätte jemand darauf eingeprügelt, bis es seiner Vorstellung von bequem entsprach. Warum war mir das bisher nicht aufgefallen? Rechnete er damit, dass einer meiner Großonkel oder mein Großvater uns einen Überraschungsbesuch abstattete, um zu kontrollieren, dass wir auch wirklich in getrennten Betten schliefen?
    Ein absolut lächerlicher Gedanke! Oder gab es einen anderen Grund?

    Ich rieb mir übers Gesicht. Ich wusste nicht mal halb so viel über Julien, wie ich mir wünschte, und hatte mich oft genug selbst dafür verflucht, dass ich mich damals auf seine »Keine Fragen«-Bedingung eingelassen hatte, um überhaupt mit ihm zusammen sein zu können. Verglichen mit meinem Freund - zumindest was seine Vergangenheit betraf - war eine Auster gesprächig. Auch wenn es nicht so aussah, als hätte er beschlossen, dass er eine zu große Gefahr für mich darstellte: Ich wusste noch immer nicht, wo er im Moment war. Oh, natürlich konnte Julien auf sich aufpassen. Wenn das einer konnte, dann er. Was jedoch nichts daran änderte, dass ich mir Sorgen machte. Ich knipste das Licht aus, schloss seine Tür wieder und kehrte ins vordere Wohnzimmer auf das Sofa zurück.
    Als Kälte an mir vorbeistrich und der Fernseher verstummte, erschrak ich so sehr, dass ich die Hälfte der noch vorhandenen Chips über die Decke verteilte. Offenbar musste ich eingedöst sein, denn für ein paar Sekunden war ich vollkommen orientierungslos, bis mein Verstand wieder einsetzte und ich begriff, dass Julien vor mir stand. Gerade eben legte er die Fernbedienung auf den Glastisch zurück. »Julien!«
    Er zog seine Jacke aus, warf sie achtlos auf den Sessel, der der Tür am

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