Das Herz Des Daemons
Auftragskiller des Rates. Jene Fürsten, die die Lamia und Vampire beherrschten. Was ihn, mal abgesehen von dem Umstand, dass er mich liebte, zu einem idealen Leibwächter für mich machte. Zumindest wenn es nach meinem Großonkel Fürst Vlad und seinen Brüdern, den Fürsten Mircea und Radu, ging. Was mich betraf, war mir Juliens offizielle Funktion in meinem Leben absolut und vollkommen egal. Solange er nur bei mir war!
Erneut zog ich Juliens Rucksack weiter auf meine Schulter hinauf. Allmählich fühlte es sich an, als hätte er in dem Ding keine Bücher, sondern Backsteine.
Die Sonne blitzte in einem der hohen Fenster des Hauses. Wenn man bedachte, in welch erbärmlichem Zustand es noch vor Kurzem gewesen war, nachdem es all die Jahre seit dem Tod meiner Eltern leer gestanden hatte, und wie es jetzt aussah, da mein Großonkel es für mich hatte renovieren lassen ... Jetzt erstrahlte es mit seinen zwei Stockwerken und der Veranda, die rundum lief, und deren Dach, das an einigen Stellen zugleich Balkon war und von gedrechselten Säulen getragen wurde, wieder in jener zeitlosen Eleganz, die mir so sehr an ihm gefiel. Ich hatte erst im Nachhinein erfahren, dass mein Traumhaus seit der Renovierung auch über abschließbare Fenster, Terrassen-und Balkontüren - die höchstwahrscheinlich aus Spezialglas waren - und eine Alarmanlage verfügte, die sogar Julien Respekt abgenötigt hatte. Ein kurzes Stück hinter dem Anwesen verbarg sich ein See, der von jahrhundertealten Ahornbäumen umstanden war und der auch zu diesem Besitz gehörte. Im Sommer konnte man wunderbar darin schwimmen gehen, doch inzwischen war sein glasklares Wasser leider eindeutig zu kalt.
Die Vette stand nicht vor dem Haus. Auch der Schuppen war leer. Drinnen empfing mich - natürlich! - Stille. Etwas anderes hatte ich nicht erwartet. Keine Vette: kein Julien.
Ziemlich achtlos beförderte ich unsere Sachen und meine Jacke auf einen Sessel im vorderen, von uns ungenutzten kleineren Wohnzimmer, ging in die Küche und schenkte nur ein Glas Limo ein, das ich an die Arbeitsplatte neben der Spüle gelehnt trank, um den Zufahrtsweg im Auge behalten zu können.
Ich zwang mich Hausaufgaben zu machen - der Aufsatz in englischer Literatur war nach Halloween fällig -, aber ich war meinem Gefühl nach viel zu schnell fertig. Entgegen unserer Gewohnheit erledigte ich sie diesmal allerdings nicht im großen, sondern im vorderen Wohnzimmer, da man von hier einen Blick auf den Zufahrtsweg und den Platz vor der Eingangstür hatte. Meinen Versuch, noch eine Runde spanische Vokabeln zu lernen - wobei Julien mich für gewöhnlich abhörte -, gab ich nach einer Viertelstunde wieder auf, weil ich mir nicht eine richtig merken konnte. Irgendwann hatte ich eine der kleinen Lampen neben dem Sofa angeknipst. Draußen wurde es inzwischen bereits dunkel. Ich kontrollierte, oh die Fenster und Terrassentüren im Erdgeschoss alle abgeschlossen waren, wiederholte das Ganze im ersten Stock im Bad und in meinem Zimmer. Die übrigen brauchte ich nicht zu überprüfen, denn Julien ließ niemals eine Tür oder ein Fenster unverschlossen, wenn er sich nicht im Raum aufhielt oder ihn für längere Zeit verließ. Danach schaltete ich die Alarmanlage an - Julien würde mir eine elende Predigt halten, wenn ich es nicht tat - und sperrte die Haustür ab. Nur die Kette legte ich nicht vor.
In der Küche kam ich dem fordernden Knurren meines Magens nach und machte mir etwas zu essen. Der Kühlschrank gab nicht mehr wirklich viel her. Ich beschloss, morgen unbedingt einkaufen zu gehen, während ich mich durch unsere - oder besser meine - Sammlung aus Tiefkühl-Fertigfutter grub. Ich entschied mich für etwas, auf dessen
Verpackung
»Gebratene
Nudeln
mit
Hühnerfleisch« stand, kippte einen Teil davon in eine Pfanne und machte es heiß.
Mit meinem Teller auf den Knien setzte ich mich auf die Arbeitsplatte, ließ die Beine baumeln, während ich beim Essen in die Schwärze jenseits des Fensters schaute, in dem ich mich schwach spiegelte. Auch wenn ich draußen nichts mehr erkennen konnte, die Scheinwerter der Vette würde ich im Dunkeln bereits auf dem Zufahrtsweg sehen.
Die Hühnerfleischnudeln schmeckten wie Pappe. Wenn Blutkonserven für Julien ähnlich delikat waren, konnte ich verstehen, warum er sie verabscheute. Ich stellte die halb volle Pfanne samt Teller in die Spüle, schnappte mir eine Tüte Chips aus dem Vorratsschrank und kauerte mich mit einer Decke auf das Sofa im
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