Das Herz des Highlanders: Roman (German Edition)
griff sie nach dem Schwert. Sie konnte es nicht hochheben, also zerrte sie es über das Bett und stellte es vor sich. Wie sie schon vermutet hatte, war es genauso lang wie sie groß war.
»Du brauchst dir wirklich keine Sorgen zu machen, dass ich dieses Ding je gegen dich verwenden werde«, versprach sie und versuchte, es mit beiden Händen hochzuhalten und zu schwingen.
»Schwacher Trost«, gluckste er kehlig und nahm ihr die Waffe gerade noch rechtzeitig aus den Händen, um zu verhindern, dass sie auf ihre bloßen Füße fiel.
Er griff das Schwert nur mit der rechten Hand und hob es ohne jede Mühe hoch. Er grüßte sie damit, indem er es vor seine Stirn legte und sich verbeugte.
»Deine Aussprache klingt gerade richtig schottisch«, sagt sie.
Er legte sein Schwert über die Sessellehnen. »Ich schätze, das kommt daher, dass ich mich mit dir wohl fühle.« Er zuckte mit den Schultern. »Da brauche ich nicht aufzupassen, wie ich rede.«
Graces Knie wurden weich. Der Mann hätte kaum etwas Schöneres sagen können, was ihr so sehr zu Herzen gegangen wäre.
Grey fühlte sich wohl mit ihr, wie mit warmen Hausschuhen an einem kalten Winterabend, wie heißer Kakao vor dem Kaminfeuer, wie sonntags den ganzen Tag mit Zeitungen im Bett zu faulenzen. Ihr gefiel der Gedanke an ein alltägliches Leben mit Grey. Wenn sie mal die Tatsache außer Acht ließ, dass der Mann keinen Strom im Schlafzimmer hatte und sich mehr wie ein mittelalterlicher Krieger benahm als der Besitzer eines Wintersportzentrums – dann würde sie möglicherweise gern den Rest ihrer Tage in Gu Brath verbringen.
Grace saß am Ende eines langen Tisches mit genug Speisen darauf für mindestens zehn Männer. Im Moment aßen nur fünf davon. Vater Daar war Gott sei Dank irgendwo anders hingegangen, und Grace hoffte, er wäre erst am zweiten Tag seiner Novene. Es war ihr immer noch peinlich, dass er sie mit Grey im Bett erwischt hatte, und sie hatte es nicht eilig, ihn wiederzusehen.
Jonathan war seltsamerweise ebenso abwesend. Grace vermutete, dass er endlich zu sich gekommen war und aufgehört hatte, seinen Kopf gegen die Betonmauer zu donnern, die die vier MacKeages darstellten. Das war die eine Möglichkeit. Die andere war, dass er allein in die Berge aufgebrochen war, um nach ihren CDs zu suchen.
Das Baby befand sich derzeit auf seiner zweiten Runde um den Tisch. Von Mann zu Mann wurde es weitergereicht, die es mit allerlei Tricks bei Laune hielten. Es entspann sich gerade ein Wettbewerb, wer es am längsten zum Lächeln bringen konnte.
Ian war der Gewinner. Der knurrige alte Sauertopf machte sich total zum Narren, rieb Babys Kinn mit seinem Bart und machte dabei seltsame, glucksende Geräusche.
Jeder Mann gab außerdem seinen Kommentar ab, was einen Namen für das Kind betraf. Jeder MacKeage hatte ihr erklärt, es gehe nicht an, das Kind so lange ohne Namen zu lassen.
Callum hatte Duncan vorgeschlagen, weil das ein edler, starker Name für so einen kräftigen Jungen war.
Morgan meinte, Douglas wäre der bessere Name, bei dem man auch die Koseform Dougie benutzen konnte, solange er noch klein war.
Ian meinte, sie sollte ihn Malcolm nennen.
Und Grey? Nun, er hatte ihr ein erheitertes Grinsen zugeworfen und gesagt, er finde, Ränzchen passe gut zu dem Jungen.
Ihr kleines Spiel erinnerte sie daran, dass es Marys Wunsch
gewesen war, Michael solle seinem Sohn einen Namen geben. Dennoch wusste Grace immer noch nicht, ob der Mann nun geistig normal war oder nicht. Dabei saß sie am selben Tisch mit Menschen, die sie dazu befragen konnte.
Allerdings hasste sie es, das Thema aufzubringen. Ihr tat der Kopf weh, weil sie zu wenig geschlafen hatte, und sie hatte es nicht eilig, erneute Empörung über sich hereinbrechen zu lassen.
Doch die Männer wirkten alle müde und abgespannt. Vielleicht waren sie ja gar nicht in der Stimmung, eine Szene zu machen. Und gut gegessen hatten sie auch. Da Grace sechs ältere Halbbrüder hatte, erinnerte sie sich lebhaft daran, dass ein Mann mit einem vollen Bauch gewöhnlich milder gestimmt war. Nachgiebiger. Und weniger zu Streit aufgelegt.
»Ich habe mich gefragt«, begann sie und streckte die Arme aus, um das Baby entgegenzunehmen und auf ihren Schoß zu legen, »ob ihr Herren mir wohl eine Frage beantworten würdet, die mir seit einiger Zeit im Kopf herumgeht.«
»Und wie lautet die, Mädel?«, fragte Callum und steckte sich eine Gabel voll Rührei in den Mund.
»Ich habe mich gefragt, ob es euch wohl
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