Das Herz des Highlanders: Roman (German Edition)
wollte über das reden, was am See geschehen war. Ian war besonders still und konzentrierte sich ganz darauf, das Fahrzeug durch den Wald zu lenken, der sich unter einer Last von Eis quälte, die jetzt schon fast fünf Zentimeter dick war. Wenn es nicht so schrecklich gewirkt hätte, wäre der Eindruck überwältigend gewesen.
Grace weinte aus Erschöpfung. Das ließ sie natürlich die beiden Männer vor ihr nicht merken. Sie lag auf der Rückbank in eine Decke zusammengerollt, das Gesicht in den Armen vergraben.
Es war einfach zu viel gewesen, das alles zu verstehen: Daars geheimnisvolles Erscheinen, Jonathans Verschwinden, das Feuerwerk, die Tatsache, dass alles Geschehene eigentlich total unmöglich war.
Das Beunruhigendste an allem war Michaels geflüsterte Vermutung gewesen, dass die vier Männer womöglich durch die Zeit rückwärts transportiert worden waren.
Irgendwie hatten der alte Mann – Druide hatte Michael ihn genannt – und sein langer, knorriger Stab genug Energie konzentriert, um die vierte Dimension zu überbrücken.
Genau wie Michael es vor vier Jahren gesehen und erlebt hatte.
Genau wie Grey zugab, es schon einmal gesehen zu haben, was der Grund war, warum er den Priester am See angegriffen hatte.
Doch das alles, egal wie unerklärlich, war nichts im Vergleich zu der Erkenntnis, dass, wenn Michael MacBain verrückt war, Grey, Callum, Morgan, Ian und Vater Daar es genauso sein mussten.
Und sie selbst auch.
Grace hörte, wie Grey Ian anwies, direkt zum Hotel zu fahren, und sie trocknete sich die Tränen und setzte sich auf.
Sie waren zurück. Zum zweiten Mal in vier Tagen war sie sicher vom Berg heruntergekommen. Nur diesmal wusste Grace, dass ihre Reise, um das Versprechen zu halten, das sie Mary gegeben hatte, jetzt vorüber war.
Sie entdeckte das Schneemobil, das Michael benutzt hatte. Es stand vor dem Eingang des Hotels. Noch bevor der Motor der Schneeraupe ausgeschaltet war, sprang Grace aus dem Fahrzeug und rannte zum Hoteleingang.
Da traten Ellen und John und Michael gerade aus der Tür unter das Vordach, das den Eingang vor dem Wetter schützte. Das Baby lag in Ellens Armen. Grace eilte zu ihnen, nahm das Kind von Ellen entgegen, drückte den Kleinen an ihre Brust und küsste sein süßes Gesicht.
»Ach, du fühlst dich so gut an«, flüsterte sie dem Baby zu. »Schenk mir ein Lächeln.«
Er machte es noch besser. Er krähte vergnügt auf und zappelte unter den Küssen, die sie ihm gegeben hatte. Grace drückte ihn für ein paar Sekunden mit heftigem Herzklopfen fest an sich und sah dann Michael MacBain an.
Grey und Ian stellten sich dazu, um ebenfalls dem unaufhörlichen Nieseln zu entkommen. Ian wandte Michael den Rücken zu und spähte hinaus zum Hang. Morgan und Callum kamen in dem Moment auch aus dem Hotel und schlossen sich ihnen an.
»Er war so ein lieber Junge«, lobte Ellen und zupfte die Decke auf Graces Armen um das Baby höher zu seinen Schultern.
»Wann immer du einen Babysitter benötigst, Grace, brauchst du mich nur zu rufen. Es war mir ein Vergnügen.«
»Das werde ich tun, vielen Dank.«
Ein tiefes Rumpeln, das offensichtlich vom TarStone herüberkam, erschütterte plötzlich den Boden unter ihren Füßen. Das Rumpeln wurde lauter und heller, bis es klang wie das Summen einer Stimmgabel, die immer näher surrte.
»Verdammt, die Seilbahn!«, rief Grey, packte Grace, schob sie und das Baby zu einer der Säulen des Carports und umarmte sie beide schützend. Grace sah nur noch, wie Michael Ellen und John umarmte und seinen Körper so hinstellte, dass er sie von jeder Bedrohung aus Richtung des Lifts beschützen konnte. Dann drückte Grey ihr Gesicht – und somit auch das Baby – an seine Brust und bedeckte ihrer beider Köpfe mit den Armen.
Eine plötzliche Explosion wie das Durchbrechen der Schallmauer erschütterte die Erde und brachte die Fenster des Hotels zum Klirren. Grace hob den Kopf gerade so viel, dass sie über Greys Schulter lugen konnte. Mit Entsetzen verfolgte sie, wie das Kabel der Seilbahn riss, wild schlingernd durch die Luft zischte und dabei die Lifthütte traf. Unter der Gewalt des Schlages brach die Hütte zusammen.
Als Nächstes brachen die Turm-Arme, und jedes Mal klang es wie eine Folge von Gehwehrschüssen, die in harten Echos den Berg hinaufhallten. Gondeln krachten in einem Hagel von zersplitterndem Glas und Eis auf den Boden. Bäume in der Nähe des Lifts beugten sich und brachen unter der grausamen Peitsche des
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