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Das Herz des Ritters

Das Herz des Ritters

Titel: Das Herz des Ritters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian schreibt als Tina St. John
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nachdem er sich wieder gefasst hatte. Sein Blick verdüsterte sich und wurde vorwurfsvoll. »Nun, denn. Das muss Euch sehr enttäuscht haben. Lasst uns hoffen, dass sie nicht noch einmal ihrer Gefangennahme entgeht.«
    »Ja, Mylord«, antwortete Sebastian, in der Überzeugung, dass er mit einer Strafe des Königs rechnen musste, doch er verschwendete keinen weiteren Gedanken daran, sondern berechnete vielmehr insgeheim, wie weit Zahirah inzwischen nach ihrer Flucht vom Palastgelände wohl gekommen war.
    Richard blickte ihn eine Weile wortlos an, dann rammte er die Faust in die Rückenlehne des Diwans. »Wachen!«, brüllte er, worauf im anderen Zimmer Hektik ausbrach und die bewaffneten Leibwächter herbeieilten. »Irgendwo in dieser Stadt befindet sich eine flüchtige Frau – eine Assassinin. Sucht sie! Ich möchte sie unverzüglich festgenommen wissen. Nun macht schon. Los!«
    Die Ritter stürmten an Sebastian vorbei durch die Tür. Ihre Schritte klangen fast wie Hufschläge, so schnell stampften sie auf Geheiß des Königs durch den Korridor. Die Chance, dass sie Zahirah tatsächlich ergreifen würden, war jedoch gering. Sebastian hatte eine ganze Weile abgewartet und ihr reichlich Zeit gegeben, den Palast zu verlassen, ehe er sich aufmachte, um dem König Bericht zu erstatten. Wenn sie ebenso schnell war wie klug, hatte sie Askalon inzwischen längst verlassen – und versteckte sich hoffentlich irgendwo tief in den schwer zugänglichen Bergen.
    Allmählich verklang das Echo der Schritte seiner Soldaten im Gang und Richard ging, die Hände auf dem Rücken gefaltet, wie ein gefangener Löwe rastlos im Zimmer auf und ab.
    »Heute Nacht habt Ihr mir zum zweiten Mal das Leben gerettet, Montborne. Womöglich sogar noch öfter, wenn ich die zahlreichen Male dazuzähle, an der wir Seite an Seite in die Schlacht gezogen sind. Ich bin Euch zu Dank verpflichtet, aber ich bin auch Euer König und Befehlshaber. Und als solcher kann ich nicht darüber hinwegsehen, dass Ihr Euch mir und meinen Befehlen widersetzt habt, indem Ihr die Frau entkommen ließet, aus welchen Gründen auch immer.«
    Als der König zu seiner Linken stehenblieb, sagte Sebastian: »Ja, Mylord.«
    »Ich bin nicht gern jemandem verpflichtet, also werde ich Euch eine Gunst erweisen, damit wir quitt sind. Angesichts Eurer Verdienste werde ich daher bis zu unserer Rückkehr nach England davon absehen, irgendwelche Vergeltungsmaßnahmen hinsichtlich Eurer Ländereien in Erwägung zu ziehen. Allerdings entbinde ich Euch mit sofortiger Wirkung Eurer Pflichten als Befehlshaber der Garnison und degradiere Euch zum Fußsoldaten. Welchem Offizier Ihr untersteht, werde ich noch entscheiden.«
    Falls der König es darauf abgesehen hatte, dass Sebastian für sich um Gnade bat, wurde er enttäuscht. Sebastian war nicht in der Stimmung, zu flehen oder zu feilschen, selbst wenn er damit riskierte, Montborne zu verlieren. Er nahm des Königs Gunstbezeugung – sofern man überhaupt davon sprechen konnte – mit einem respektvollen Neigen des Kopfes an. »Euer Wunsch ist mir Befehl, Mylord. Ich danke Euch für Eure Güte.«
    Löwenherz gab einen grunzenden Laut von sich. »Nun denn. Ihr habt meine Erlaubnis, Euch nun zu entfernen.«
    Sebastian drehte sich auf dem Absatz um und verließ die Gemächer. Vor der Tür standen zwei neue Soldaten Wache – einfache Ritter, die er vor Kurzem noch befehligt hatte und die nun plötzlich mit ihm gleichgestellt waren. Er ging an ihnen vorüber und redete sich ein, dass es ihm nichts bedeutete. Er hatte in dieser Nacht vieles aufgegeben: seine Stellung, seinen Stolz und letztendlich womöglich sogar seine Ländereien und Titel.
    Er hatte all das für eine Dame getan, die keine Dame war. Eine Delilah, wie der König sie genannt hatte. Zahirah war durch und durch genauso raffiniert und gefährlich wie die Schurkin aus der Bibel. Und er war ein ebenso großer Narr wie der blinde, gebrochene Samson, der ihr vertraut und dadurch seine Kraft verloren hatte und der sich verzweifelt danach sehnte, nichts weiter als Hass für sie zu empfinden, während die Trümmer seiner einstürzenden Welt ihn unter sich begruben.
    Wie benebelt stolperte Zahirah durch die verwinkelten Gassen der Unterstadt von Askalon. Ihr schwirrte der Kopf, und ihre Schritte waren zögernd und unsicher. Sie befand sich in den schäbigeren Vierteln der Stadt; gepflasterte Straßen waren hier schmalen, schmutzigen Gassen gewichen; zerfallende Steinhäuser drängten sich

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