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Das Herz des Ritters

Das Herz des Ritters

Titel: Das Herz des Ritters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian schreibt als Tina St. John
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konnte, noch gab sie sich Mühe, sittsam zu wirken, als der Hauptmann ihr über die Wange strich. Es war eine beiläufige Geste, doch das perlende Lachen der Frau barg eine eindeutige Einladung.
    Ist sie seine Geliebte?,
fragte sich Zahirah.
    Die Vorstellung versetzte ihr einen Stich, doch sie unterdrückte die aufkeimende Eifersucht rasch. Sollte er doch ein Dutzend Gespielinnen haben – es konnte ihr nur recht sein, wenn diese Art der Ablenkung dafür sorgte, dass er ihr nicht in die Quere kam. Allerdings wollte sie auch nicht zuschauen, wie lange die Frau brauchte, um ihn von seinem Platz fortzulocken. Rasch duckte sie sich und eilte zum Ende des Ganges.
    Sie durchquerte mehrere lange Flure und gelangte schließlich in den verlassen daliegenden Harem. Die Leere der vielen Kammern und Gesellschaftsräume wirkte beinahe unheimlich. In einigen fanden sich nicht einmal mehr Teppiche und Möbel, andere hingegen waren unberührt geblieben. Sie durchstreifte das Badehaus und die Quartiere der Eunuchen, die Küche und die Aussichtspavillons und prägte sich ein, von welchen Räumen man aus Zugang zu den Fluren hatte. Wie von selbst merkte sich ihr Gedächtnis mögliche Verstecke und Fluchtwege. Nichts deutete darauf hin, dass der König diesen Teil des Palastes bewohnte, dennoch machte Zahirah eine interessante Entdeckung, als sie in eine Kammer blickte, die vermutlich eine der Gemahlinnen des Sultans bewohnt hatte.
    In der Mitte der gegenüberliegenden Wand befand sich eine doppelseitige Gittertür, die auf einen überdachten Balkon mit Blick über die Stadt führte. In der Ferne konnte Zahirah sogar das endlose Blau des Meeres erkennen. Eine kühle Brise wehte vom Hafen herauf und strich über die stufig versetzten flachen Dächer des Palastes. Dies war gewiss der Lieblingsplatz der Haremsdamen gewesen.
    Eine der Dachterrassen lag im hellen, warmen Sonnenlicht da und war von dem Balkon aus zugänglich. Zahirah schwang die Beine über das Geländer und ließ sich hinuntergleiten. Sie setzte sich auf den glatten Fliesenboden und atmete die reinigende Luft ihrer Heimat ein. Ihre Augen schmerzten beinahe von der Schönheit des Tages, den Allah geschenkt hatte.
    Hier unter dem wolkenlosen Himmel gab es keine Dunkelheit. Keine Furcht, keinen Tod.
    Hier, allein mit ihrem Gott, musste sie nicht verbergen, wer oder was sie war. Selbst wenn sie ihre Maske abnahm, würde Allah sie in seiner unendlichen liebevollen Güte mit Wohlwollen betrachten und so akzeptieren, wie sie war. Manchmal genügte ihr dieses Wissen.
    Manchmal aber kamen ihr doch die Tränen.
    Wie sie es schon als kleines Mädchen zu tun pflegte, wenn sie allein und ungestört war, nahm Zahirah den Schleier ab und hielt ihr Gesicht in die Sonne. Dann rollte sie die Ärmel und den Saum ihrer Tunika auf, danach die Beine ihrer Seidenhose.
    Lang streckte sie sich auf der Dachterrasse aus, die Haut so weit entblößt, wie sie es wagte, und flüsterte zum Himmel: »Heile mich. Allah, bitte … heile mich.«

7
    Als Zahirah am Abend an seiner Tür erschien, lag der englische Hauptmann lässig wie ein gelangweilter junger Emir auf dem schmalen Diwan, der unter seiner Größe winzig erschien. Nein, nicht gelangweilt, berichtigte sie sich, als sie den Blick über seine beeindruckend kraftvolle Statur schweifen ließ. Kaum hatte er sie bemerkt, als sich auch schon seine Miene verschloss und sich eine steile Falte unter den dunklen Locken auf seiner Stirn bildete, als sei er ungehalten, sie dort stehen zu sehen.
    »Ihr habt nach mir geschickt, Mylord.«
    Es ärgerte sie, dass sie unter seinem forschenden Blick errötete, dass sie sich genötigt fühlte, sich vor diesem Mann zu rechtfertigen. Was sie jedoch noch mehr verdross, war der überwältigende Drang, sein von Lampen erleuchtetes Gemach zu durchsuchen, um festzustellen, ob die Frau, die kürzlich bei ihm auf dem Hof gestanden hatte, dort gewesen war.
    Falls es so war, würde es Zahirah allerdings nie erfahren, denn dieser ungläubige Kriegsherr war diskret und äußerst achtsam; eine Tatsache, die auch seine Erscheinung widerspiegelte – er duftete nach Seife und sah stets gepflegt aus. Das dichte pechschwarze Haar fiel ihm bis auf die Schultern, doch es war nicht zottelig wie bei den meisten seiner Landsleute. Sein dunkler Bart war kaum mehr als ein Schatten auf dem markanten Kinn und gemäß der Gepflogenheiten der heidnischen, aus dem Westen kommenden Ritter dicht über der Haut sorgfältig in Form gestutzt.
    Ein

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