Das Herz des Ritters
eitler Pfau, urteilte sie stumm, dennoch musste sie zugeben, dass sein männlicher Stolz nicht völlig ungerechtfertigt war. Sein blendendes Aussehen und seine imposante Erscheinung mochten für englische Augen gewiss einen wohlgefälligen Anblick bieten – und auch ihr hätte er gefallen können, wenn sie Männer wie ihn nicht abgrundtief verabscheut hätte.
»Euer Diener sagte, Ihr wünscht mich zu sprechen«, meinte sie schroff.
»Ja. Kommt herein, Zahirah.« Etwas verspätet erhob er sich, so, wie es die Höflichkeit gebot, und winkte sie lächelnd zu sich, wobei kurz seine ebenmäßigen weißen Zähne aufblitzten. Doch sein Lächeln war zu charmant, zu arrogant, weshalb sich ihr Unbehagen nicht legte.
Abduls Nachricht, dass sein Herr sie unter vier Augen in seinen Gemächern zu sprechen wünschte, ließ Zahirah befürchten, der Engländer wolle sich mit ihr vergnügen. Schon als Halim ihr am Morgen den Schleier vom Gesicht gerissen hatte, war ihr nicht entgangen, dass er sie mit den Augen zu verschlingen schien. Sengend heiß wie die Sonne hatte sie seinen Blick auf sich gespürt, und wenngleich sie auch über keinerlei Erfahrung im Liebesspiel verfügte, hatte sie im Harem ihres Vaters in Masyaf genug gesehen, um den Funken der Lust in den Augen eines Mannes erkennen zu können.
Und dieser Funke hatte beim Anblick ihres entblößten Gesichts in Sebastians Augen gelodert. Ebenso wie in der Nacht im Garten, als er so unverfroren im Mondlicht ihren Mund durch den Schleier liebkost hatte.
Und auch jetzt entdeckte sie das Verlangen in seinem Blick, obgleich er es hinter einer gleichgültigen, kühlen Miene zu verstecken versuchte und sie auf einem Stuhl ihm gegenüber Platz nehmen ließ. Er hatte sie mit einer bestimmten Absicht hergebeten, doch eine Verführung schien er nicht im Sinn zu haben. Erleichterung überkam sie.
»Wir müssen uns unterhalten«, sagte er, als sie seiner Bitte schweigend Folge leistete und ins Zimmer trat. »Was heute Morgen zwischen mir und Eurem Bruder geschehen ist … dieser scheinbare Handel …«
Unvermittelt brach er ab. Zahirah legte den Kopf schräg und zog die Brauen zusammen. Obwohl er um Worte rang, wusste sie ganz genau, was er sagen wollte. Er hegte die Absicht, sie aus dem Palast zu werfen, doch sie würde ihm dieses Vorhaben ganz gewiss nicht leichtmachen. Daher ließ sie zu, dass sich das Schweigen in die Länge zog.
Der Hauptmann räusperte sich. »Meine Zeit bei Hofe ist zu lange her. Ich fürchte, meine Fähigkeiten, galant und diplomatisch Konversation zu betreiben, lassen zu wünschen übrig. Darf ich offen sprechen, Mylady?«
»Wie Ihr wünscht, Mylord«, antwortete sie. »Ich ziehe offene Worte einem langen Herumschleichen um den heißen Brei ebenfalls vor.«
Überrascht sah sie ihn an, als er in ein wohlklingendes, sonores Lachen ausbrach, das noch lange in ihr nachhallte, obwohl es längst verklungen war. Sie wusste nicht, warum ihre Bemerkung ihn derart amüsierte, aber in seinen graugrünen Augen stand immer noch ein belustigtes Funkeln, als er nach dem Becher griff, der vor ihm auf dem Tisch stand.
»Möchtet Ihr auch einen Schluck Wein?«, fragte er, als er aufsah und feststellte, dass Zahirah ihn aufmerksam betrachtete.
»Für Muslime ist der Genuss von Wein eine Sünde«, erwiderte sie; zwar leise nur, dennoch klangen ihre anschuldigenden Worte so schneidend wie ein Schwert.
Seine Miene verriet nicht, ob er sich beleidigt fühlte, doch er stellte den Becher wieder auf den Tisch, ohne daraus getrunken zu haben. »Es gibt viele Unterschiede zwischen unseren Kulturen, wie ich jeden Tag aufs Neue feststelle. Abdul hat mir einige Eurer Sitten und Gebräuche nahegebracht. Aus diesem Grund habe ich Euch auch hierhergebeten.«
»Um die Unterschiede zwischen unseren Kulturen zu besprechen, Mylord? Ich dachte, Ihr habt mich vielleicht hergebeten, um mir mitzuteilen, dass es unter diesem Dach keinen Platz für mich gibt.«
Ein Lächeln zuckte um seine Mundwinkel. Lässig lehnte er sich in die Kissen des Diwans, die Beine ausgestreckt, einen Arm über die Rückenlehne gelegt. »Eure unverblümten Worte lassen mich darauf schließen, dass Euch tatsächlich an Offenheit gelegen ist, Mylady. Nun gut. Ihr sollt wissen, dass es nie in meiner Absicht lag, mit Eurem Bruder einen Brauthandel abzuschließen.«
»Noch war es meine Absicht, Eure Braut zu werden«, antwortete sie. Eine Tatsache, die ihr leicht über die Lippen kam.
»Dennoch, Mylady, befinden
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