Das Herz des Ritters
mit meinen Männern an den Toren beschäftigt sein«, erklärte er. »Daher fehlt mir die Zeit, Euch zur Moschee zu begleiten.«
»Aber, Mylord!« Sie machte einen Schritt nach vorn. »Ich habe nicht um Eure Begleitung gebeten und sie ist auch keineswegs erforderlich.«
Er bedachte sie mit einem unerbittlichen Blick. »Ich hingegen halte sie sehr wohl für erforderlich, Zahirah.«
»Christen ist der Zutritt zu den Heiligtümern der Muslime verboten«, erwiderte sie, und ihre sonst so ruhige Stimme klang nun ein wenig trotzig. Sie legte Handtuch und Korb auf einem Podest ab und ging auf ihn zu, eine wütende Tigerin, bereit zum Kampf. »Selbst wenn Ihr mich begleitet, würde man Euch keinen Einlass in die Moschee gewähren. Und ich bin mir sicher, Ihr werdet mir die Ausübung meiner Religion nicht verbieten wollen.«
»Ihr befindet Euch in meiner Obhut, unter meinem Schutz, und solange dies der Fall ist, werdet Ihr tun, was ich sage. So lautet unsere Vereinbarung.«
Sie atmete scharf aus. Ihre Augen blitzten vor Zorn. »Kein Engländer besitzt das Recht, mir etwas zu befehlen.«
»Ich schon«, erwiderte er. »Ich bitte Euch, dies im Gedächtnis zu behalten, es sei denn, Ihr wollt Euch anderswo Schutz suchen. Ihr könnt Eurem Juma huldigen, wie auch immer es Euch beliebt, Mylady, doch Ihr werdet dies im Palast tun.«
»Ihr habt behauptet, ich sei keine Gefangene«, höhnte sie. »Ihr sagtet auch, Ihr würdet keine Forderungen an mich stellen.«
»Und das habe ich auch nicht getan«, entgegnete er gelassen, was ihm nicht leichtfiel, da sie nun nur noch ein paar Schritte von ihm entfernt war. Ihre Augen funkelten vor Zorn, und ihre Brüste drückten sich mit jedem heftigen Atemzug gegen ihre Tunika.
»Ihr Engländer!«, stieß sie anklagend aus. »Ihr verfolgt rücksichtslos nur Eure eigenen Interessen, und aus Eurem Mund kommen nur Lügen.«
Nun hatte sie den Bogen überspannt. Er legte die geringe Entfernung, die sie noch voneinander trennte, zurück, trat ganz nah an sie heran und sah unheilvoll auf sie herab. »Wäre ich ein Mann, der nicht zu seinem Wort steht, hätte ich mich gestern dann so leicht von Eurer Tür wegschicken lassen, was meint Ihr wohl?«
Bebend holte sie Luft und verharrte wie gelähmt. Er erkannte, dass sie sich nicht sicher war, welche Absichten er hegte, und war vermutlich auch überrascht, weil er unvermittelt so nahe vor ihr stand, dass er sie mit seinem fast nackten Körper beinahe berührte. Er bemerkte ihre Beklommenheit, die plötzliche Vorsicht und lehnte sich vor, so nah, dass er den schnellen Pulsschlag ihres Herzens in der Kuhle über dem Ausschnitt ihrer Tunika sehen konnte. Er sehnte sich danach, sie zu berühren. Himmel, er begehrte weitaus mehr als das.
»Glaubt Ihr etwa, Mylady, ich wäre gestern Abend gegangen, wenn ich kein Ehrenmann wäre, obwohl ich mir nichts sehnlicher wünsche, als Euch in mein Bett zu holen? Obwohl mich das Verlangen, Euch zu liebkosen, schon seit unserer ersten Begegnung schier um den Verstand bringt?«
Stumm vor Erstaunen blickte sie ihn an. Das leise Seufzen, das ihren Lippen entwich, ließ ihren zarten Schleier aufwehen.
»Wenn ich auch nur annähernd der ungehobelte, rücksichtslose Klotz wäre, für den Ihr mich offensichtlich haltet, würde ich es dann wohl zulassen, dass Ihr mich einen Unmenschen und Lügner zeiht, obwohl ich Euch ganz leicht in meine Arme ziehen und Euch zum Schweigen bringen könnte?« Um seiner Bemerkung Nachdruck zu verleihen, umschlang er ihre Taille und zog sie an sich. Sie keuchte auf, versteifte sich, doch sie wehrte sich nicht gegen seinen Griff. »Sagt mir, Zahirah, wenn ich wahrlich der Mann wäre, für den Ihr mich anscheinend haltet, wärt Ihr dann wohl hinter einem dünnen Seidentuch vor mir sicher, wenn ich Eure hübschen Lippen kosten wollte, die mich immer so bereitwillig und schnell mit Schmähworten verunglimpfen?«
Hätte sie sich auch nur ein klein wenig zurückgezogen, hätte er sie losgelassen. Wäre sie zusammengezuckt, als er seine Hand hob, hätte er sein Verlangen bezwungen. Doch sie erbebte nur leicht, als er unter ihren Schleier griff und mit den Fingerspitzen über ihre Wange strich. Er umfasste ihr Kinn, legte die andere Hand um ihren Nacken und zog sie an sich.
Sie war weicher, unendlich weicher als die Seide, die sie umhüllte. Er schwelgte in dem Gefühl, sie zu berühren, ihre Wärme zu spüren, ihren Duft wahrzunehmen. So weiblich, so schön. Der Wunsch, ihr Gesicht zu sehen,
Weitere Kostenlose Bücher