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Das Herz des Ritters

Das Herz des Ritters

Titel: Das Herz des Ritters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian schreibt als Tina St. John
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das Weiße zu sehen war. Er schluckte schwer und öffnete den Mund, als wollte er sprechen. »Ihr …«, sagte er kaum hörbar. »Ihr …«
    Zahirah schaute in sein erbleichendes Gesicht, lauschte angestrengt, um zu erfahren, was er ihr sagen wollte. »Abdul, ich bin hier. Ich werde dich nicht alleinlassen. Was ist? Sag mir, was ich für dich tun kann – was auch immer. Bitte, sag etwas …«
    Er krallte seine Hand in den Ärmel ihrer Tunika, zog sie zu sich, versuchte, sich aufzurichten. Seine Augen trübten sich, sein Griff wurde lockerer, doch ihren Blick hielt er unnachgiebig fest. Ein Flüstern glitt über seine fahlen Lippen, kaum mehr als ein Hauch, doch sie verstand ihn mühelos. Die Anschuldigung, die in diesem letzten Wort lag, war so deutlich zu vernehmen wie die Sonnenstrahlen, die auf sie herniederbrannten, und ebenso sengend.
    Er blickte sie an, das Letzte, was er von dieser Welt sehen würde, sah ihr tief in die Augen und keuchte: »Assassinin.«

12
    Das Gedränge an den Stadttoren ließ zur Mittagsstunde nach, und eine Stunde später fanden sich dort nur noch wenige verspätete Nachzügler ein, die sich lautstark darüber beschwerten, dass sie von den englischen Wachen aufgehalten wurden. Auch Sebastian war die Durchsuchungen inzwischen leid, hatten sie mit der stundenlangen Mühsal doch nichts weiter erreicht, als einen spindeldürren Dorfburschen daran zu hindern, mit der Börse eines Kaufmanns zu entwischen.
    Auch die Gruppe, die nun noch vor den Toren wartete, schien keine größere Bedrohung darzustellen – ein Dutzend Frauen und alte Männer, die Sandalen abgenutzt und staubig von der langen Reise zur Stadt, die ausgemergelten Gesichter gerötet von der Hitze. Verächtlich richteten sie die dunklen Augen auf die christlichen Heiden, die für die Verzögerung bei ihrem Gang zur Moschee verantwortlich waren.
    Sebastian winkte den Torwachen ungeduldig zu. »Lasst sie passieren.«
    Er beobachtete, wie die Gruppe an ihnen vorbeitrottete, und vernahm erleichtert, dass der Muezzin gleich darauf zum Juma rief. Sebastians Kopf schmerzte, die Augen brannten von dem stundenlangen Ausharren unter der gleißenden Wüstensonne. Tief in seinem Inneren spürte er immer noch die dunkle Vorahnung, die ihn beim Aufwachen überfallen hatte.
    Tod. So real war die Vorstellung, dass sie einen gallebitteren Geschmack in seinem Mund hinterließ.
    Seine Vermutung schien unbegründet, dennoch ließ er den geübten Blick aufmerksam über die sich in den Straßen tummelnden Menschen schweifen, als er seinen Posten am Tor verließ. Er folgte der Menge zu der Straße, die zur Moschee führte. Dort würde er, wie er wusste, Abdul und Zahirah nach dem Freitagsgebet antreffen.
    Den ganzen Tag über war sie ihm nicht aus dem Kopf gegangen. Sie verfolgte ihn in Gedanken ebenso wie die Ahnungen von Tod und Blut. Aus unerklärlichen Gründen hatte sie ihn von einem unwilligen Beschützer in eine ungezügelte, räuberische Bestie verwandelt. Ihm gefiel diese Veränderung ebenso wenig wie die Vorstellung, dass er ihretwegen allmählich seine eiserne Selbstbeherrschung verlor. Gleichwohl stellte er fest, dass er im Trubel der Stadt Ausschau nach ihr hielt.
    Trubel war das richtige Wort; es ging noch hektischer zu als an anderen Freitagen. Die Menschen, die sich noch nicht in der Moschee befanden, schienen hastig dorthin zu eilen. Hurtigere stießen die Langsamen einfach zur Seite, Ältere schlurften im aufgewirbelten Staub der Jugend hinterher.
    Sebastian stützte einen alten Mann, der von den anderen Passanten beinahe umgerannt worden wäre. Nachdem er den Graubart sicher auf die Füße gestellt hatte, sah er sich um; ihm fiel auf, dass sich der Souk schnell leerte. Händler ließen ihre Stände unbeaufsichtigt im Stich, manche waren von den Vorübereilenden bereits umgestoßen worden. Auch die Menschen, die sich eben am Stadtbrunnen erfrischt hatten, liefen hastig zum Minarett, strebten eilig dem von einem Bogengang überwölbten Eingang am Ende der Straße entgegen.
    Die Menschen in Askalon gingen nicht zur Moschee, sie rannten förmlich dorthin.
    Hinter ihm kamen drei Jungen mit flatternden weißen Gewändern angestürmt. Sebastian streckte den Arm aus und hielt den langsamsten der drei im Vorüberlaufen fest.
    »Was geht hier vor? Ist etwas geschehen?«
    »Mord«, rief der Junge atemlos und mit wildem Blick. »In der Moschee ist ein Mord geschehen.«
    »Lieber Himmel«, stieß Sebastian hervor. Furcht stieg in ihm auf,

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