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Das Herz des Satyrs: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das Herz des Satyrs: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das Herz des Satyrs: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Amber
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lag auf einem Samtkissen in einem kleinen Glaskasten, nicht größer als ein Laib Brot. Der wiederum befand sich in einer hohen gläsernen Vitrine hinter einem großen Sekretär. Sowohl Glaskasten als auch Vitrine waren verschlossen. Sie schlüpfte hinter eine spanische Wand auf einer Seite der Vitrine und öffnete rasch das Schloss mit einer Haarnadel. Dann hob sie den kleinen Glaskasten heraus, wickelte ihn in ihren Rock, um das Geräusch zu dämpfen, und schlug ihn mit einer Seite gegen die Ecke des Schreibtisches, um das Glas zu zerbrechen. Durch die Wucht des Aufpralls fiel der Opal auf den Boden. Silvia ging in die Hocke, stellte den Glaskasten weg und hob den Stein auf. Sie hatte ihn, den fünften Stein.
    Er lag warm in ihrer Hand, und jetzt konnte sie auch seine ursprüngliche Besitzerin erahnen. Licinia. »Aber wie bist du hierhergekommen?«, flüsterte sie und sann darüber nach, welche verschlungenen Wege der Stein wohl hinter sich haben mochte.
    Das plötzliche Geräusch von Stiefelabsätzen auf dem Marmorboden erklang wie das Stakkato von Peitschenhieben. Silvia wirbelte herum und warf dabei versehentlich den kleinen Glaskasten um, so dass ein leises Klirren von zerbrochenem Glas zu hören war. Hatte der Eindringling das gehört?
    Zwischen den Latten am unteren Teil der spanischen Wand befanden sich dünne Schlitze, durch die sie hindurchspähte. Beine, die näher kamen. Die Beine eines Mannes, stark und kräftig wie Baumstämme, gekleidet in feine schwarze Wolle und schwarze Stiefel.
    Der Besitzer dieser Beine blieb in der Mitte des Zimmers stehen, zwischen ihr und dem Ausgang. Dann ließ er sich ihr gegenüber auf ein unbequem aussehendes Sofa mit hoher, gerader Rückenlehne sinken und schlug ein Bein über das andere.
    Jetzt konnte sie mehr von dem Mann sehen. Sein Mantel war dunkel, und die abgerundeten Rockschöße reichten bis zu den Oberschenkeln. Eine einreihige Weste mit drei Knöpfen und tiefem Ausschnitt betonte seine breiten Schultern. Doch sosehr sie sich auch bemühte, sein Gesicht konnte sie nicht sehen, ohne sich selbst zu zeigen.
    Schweigen herrschte zwischen ihnen. Sie überlegte, ob sie einfach versteckt bleiben sollte, bis er wieder ging, oder ob sie sich zeigen, ihm zunicken und einfach fortgehen sollte, in der Hoffnung, er würde keine Fragen darüber stellen, warum sie sich hier versteckt hatte. Doch dann sprach der Mann.
    »Hast du erwartet, dass der Stein dir antwortet?« Seine Worte klangen leicht belustigt, lieb und vertraut. Bastian.
    Verdammnis . Da er offensichtlich wusste, dass sie hier war, wäre es mehr als töricht, sich weiter zu verstecken. Sie ließ den Opal in ihre Tasche gleiten und tätschelte kurz die Pistole, die sie mitgebracht hatte. Deren Härte in ihrer Tasche spendete ihr Trost. Dann stand sie auf und trat hinter der Wand hervor, um sich ihm zu stellen.

15
    O h, süße Vesta! Es war Bastian! Törichte Freude überkam sie bei seinem Anblick. Wie viele Nächte hatte sie von ihm geträumt? Doch in Fleisch und Blut war er noch weit unwiderstehlicher als in ihren Träumen. Sein kantiges Kinn war kräftig, seine Nase und Augenbrauen waren gerade. Und seine Lippen – die obere ließ einen Anflug stählerner Männlichkeit erkennen, doch die Unterlippe war sinnlich geschnitten wie bei einer Statue der Renaissance. O ja, er sah gut aus, zweifellos.
    Sie verschlang ihn mit hungrigem Blick, und er schien gleichzeitig dasselbe bei ihr zu tun. Tja, sollte er ruhig schauen. In diesem neuen Wirtskörper würde er sie nicht erkennen. Ihre Augen glitten kurz zur Tür. Sie sollte gehen. Wenn er erriet, dass sie den Opal an sich genommen hatte, würde er zu verhindern suchen, dass sie damit verschwand. Ohne ihn anzusprechen, ging sie auf wackeligen Beinen auf die Tür zu und rechnete dabei jeden Augenblick damit, dass er einschreiten würde. Erleichterung überkam sie, als er keine Anstalten machte, sie aufzuhalten.
    Jetzt war sie mit ihm auf gleicher Höhe. Von hier aus konnte sie nur sein aristokratisches Profil sehen. Sie hielt inne, und alle möglichen Fragen wirbelten ihr durch den Kopf. Warum war er hier?
    Sein attraktives, nachdenkliches Gesicht drehte sich langsam, um sie zu betrachten, und seine silbernen Augen begegneten den grünen ihrer gegenwärtigen Gestalt. »Ich glaube, du hast etwas, das mir gehört.«
    Sie starrte auf seine Lippen, während er sprach, und errötete. Ein seltsame Ruhe überkam sie und löste die Anspannung in ihrem Nacken und ihren

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