Das Herz des Satyrs: Roman (Knaur TB) (German Edition)
Szenen, in denen die Götter persönlich Sterbliche mit einem Besuch beehrten. An ihren Rändern waren phantastische Tiere und schreckliche Bestien eingemeißelt. Dieses Paradies war Sevins Werk, und er verbrachte seine Rufnächte oft hier. Doch für heute Nacht hatte Bastian diesen Ort für sich beansprucht, denn er brauchte dieses Gefängnis aus Mauern, um das einzusperren, was aus ihm werden würde.
Schon fühlte er, wie sein Unterleib sich verkrampfte, wie seine Haut prickelte. Bald würde ein leichter Haarflaum seine Lenden bedecken und sich über seine Beine hinab bis zu den Knöcheln erstrecken. Nur ein weiterer Wesenszug der unersättlichen Bestie, zu der er werden würde. Er blieb neben dem kleinen Teich stehen, der ironischerweise Bacchus, dem römischen Gott des Weins, gewidmet war. Sein Gott, der heute Nacht über die Vorgänge hier wachen und sich an seinem Tun erfreuen würde.
Bastians Blick glitt zu dem Altar, der in die niedrige Wand vor dem flachen Teich eingelassen war, und dessen Anblick ließ seine Lust noch größer werden und verwandelte Verlangen in lüsterne Besessenheit. An diesem Altar hatten die Satyrn seit uralten Zeiten ihre Hochzeitsnächte und andere Rufnächte gefeiert. Er war einst aus einem Tempel der Anderwelt hierhergebracht worden, und hier würde er seinen Körper mit dem Michaelas vereinen, so wie Legionen seiner Art sich über Jahrhunderte hinweg mit ihren Gespielinnen vereinigt hatten. Er war nicht sicher, warum es ihm so überaus wichtig erschienen war, sie gerade jetzt hierherzubringen, denn das hatte er noch nie zuvor getan. Aber heute Nacht war irgendetwas an ihr anders als sonst, und von dem Augenblick an, als er gesehen hatte, wie sie sich auf der Straße erhob, hatte er nur noch daran gedacht, sie hier unter den Augen des Gottes seiner Familie zu lieben.
Er blickte sie erneut an, und da bemerkte er ein Aufblitzen von strahlendem Rotgold, das ihr dunkles Haar überzog, das jedoch augenblicklich wieder verschwunden war. Was, bei den Höllen …?
Sie hob fragend die Augenbrauen. »Was ist los?«
Er schüttelte den Kopf. »Der Wein … hat Auswirkungen auf mich.« Der Wein allein war schon genug, um seinen sinnlichen Hunger noch stärker zu steigern, als Michaela bei ihm gewohnt war. Doch die Farben, in die sie nun getaucht war, stießen ihn über eine Art unsichtbare Grenze in ein neues Reich, wo sinnliche Genüsse ihn lockten, die weit intensiver waren, als er sie je erfahren hatte, und wo er nicht darauf vertrauen konnte, seine Impulse im Zaum zu halten.
Götter, wann erscheint endlich der Mond! Er musste etwas tun, um seine Lust zu lindern, oder er würde zu früh mit ihr beginnen. Er öffnete seine Weste und legte ihre Hände auf seinen Brustkorb, er sehnte sich nach ihrer Berührung. Dann sah er zu, wie seine eigenen Hände ruhelos über ihre Kleidung wanderten, über ihre Hüften glitten, ihren Oberkörper, ihre Brüste.
»Immer noch?«, fragte sie, als verspätete Antwort auf seine Bemerkung, während ihre Hände über seine Brust wanderten. »Aber ich dachte … die Wirkung schien nachgelassen zu haben.«
»Ich meinte, wenn die Wandlung stattfindet. Durch den Wein, den ich heute getrunken habe, werden die Dinge zwischen uns … anders sein, als du es bei mir gewohnt bist.«
Ihre Hände hielten inne, und ihr Blick begegnete alarmiert dem seinen. »Warum? Du und deine Brüder trinken doch vor jedem Vollmond ein Elixier, das aus den Trauben eurer Familie hergestellt ist. Alle Satyrn tun das.«
Er nahm sie bei den Schultern und ließ seine Finger unter den Stoff ihres Kleides gleiten. »Ich bin anders als meine Brüder. Ich vertrage Alkohol nicht. Hast du dich nie gefragt, warum ich nur aus der Karaffe in meinem Arbeitszimmer trinke?«
Sie nickte und sah sonderbar nachdenklich aus, als hätte sie davon nichts gewusst und es erst jetzt von ihm erfahren. Doch er wusste, dass das nicht der Fall war.
Er schob das Kleid über ihre Schultern, der Stoff glitt über ihre Arme hinab und ließ ihr Mieder aufklaffen. Sie neigte den Kopf und knabberte an ihrer Unterlippe, während sie ihn beobachtete, wie er die üppigen Rundungen, die er enthüllt hatte, streichelte. »Diese Karaffe enthält ein Gebräu, das als Ersatz für Wein dient – speziell für mich hergestellt«, fuhr er fort und achtete dabei nur halb auf das, was er sagte. »Ich habe dir nie davon erzählt, weil es nicht notwendig war. Doch jetzt … du solltest wissen, dass ich mit fortschreitender
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