Das Herz des Yoga: Körper, Geist, Gefühle - Die drei Säulen der Transformation
Sport-Logik lässt sich vor allem auf Alpha-Typen anwenden. Beim Sport wird uns beigebracht, unseren Körper zu opfern, um zu gewinnen; beim Yoga wird uns beigebracht, unser Ego zu opfern, um uns zu transformieren.
In der industrialisierten Welt werden wir schon früh dazu angehalten, an unsere Grenzen zu gehen und auf allen Ebenen zu konkurrieren. Viele Arbeitsstellen, um die wir uns bewerben, nennen als Anforderung »Belastbarkeit«. Diese Belastung, die auf Körper, Herz und Nervensystem ausgeübt wird, baut sich mit jedem Tag mehr und mehr auf.
Taktiken aus Wirtschaft und Sport
• Ertragen, durchhalten
• Gewalt anwenden, erzwingen
• Einschüchtern
• Dominieren
• Gewinnen
Diese Methoden sind in der Welt der Wirtschaft und des Sports Sakramente, und so ist es verständlich, dass viele Leute in der Yogapraxis die gleichen Methoden anzuwenden versuchen. Aber Hatha Yoga verfolgt ein anderes Ziel: Er will Dinge fördern und entwickeln, die nie mehr weggenommen werden können – auch nicht nach dem Versterben des physischen Körpers. Ziel ist, aus dem schlafwandlerischen Zustand zu erwachen, den wir das normale Leben nennen, uns daran zu erinnern, wer und was wir wirklich sind, und unser Herzzentrum zu öffnen und zu kultivieren. Das Öffnen unseres Herzzentrums befreit und kultiviert eine bewusste Energie, die wir Liebe nennen. Wenn wir im Zustand der Liebe sind, sind wir glücklich, und die, mit denen wir in Kontakt kommen, sind es auch. Den Weisen alter Zeiten zufolge ist das der Grund, aus dem wir hier sind. Indem wir dieses Zentrum öffnen, finden wir zur Freude und wahrhaften Befähigung.
Die meisten Dinge, die die Leute jeden Tag unternehmen, dienen dem Streben nach Freude und Befähigung. Jede Wahl, die wir hinsichtlich Unterhaltung, Essen, Sex, Medien treffen, soll uns der Freude und Befähigung näher bringen. Das ist so, als würden wir um den ganzen Globus wandern, um zur Stelle direkt hinter uns zu gelangen, statt uns einfach nur umzudrehen. Das Herzzentrum zu öffnen bedeutet, sich umzudrehen, und es ist der Beginn eines sinnvollen Lebens.
Ein paar Jahre bevor ich selbst Yoga zu unterrichten begann, lernte ich eine Frau kennen, die schon Jahrzehnte Hatha Yoga praktizierte. Sie war natürlich geschmeidig, biegsam und auch ziemlich stark. Obwohl mich ihre Praxis unter dem körperlichen Aspekt beeindruckte, fiel mir auf, dass sie dazu tendierte, ängstlich zu sein und andere Leute zu kritisieren, und das verwirrte mich. Ich begriff nicht, wie eine Person, die sich einer derart fortgeschrittenen Yogapraxis widmete, eine so nervöse Energie, eine solche Ängstlichkeit und Negativität in sich haben konnte. Als ich mir dann der Bedeutung der Atmung bei der Yogapraxis zunehmend bewusster wurde, bemerkte ich, dass der Atem dieser Frau beim Üben praktisch nicht zu hören war. Ich sah mir das genauer an und merkte, dass sie sehr flach und angespannt atmete. Ihr Brustkorb bewegte sich kaum.
Da verstand ich, warum sie nie zu schwitzen schien, obwohl sie sehr intensiv übte: Sie setzte nicht die Ujjayi-Atmung ein und baute deshalb auch keine innere Hitze auf. Die Dinge wurden für mich ein bisschen klarer. Eines Tages erzählte sie mir, dass sie angefangen hatte, eine Zahnklammer zu tragen, um ihre Vorderzähne wieder in Reih und Glied zu bringen. Wie sich herausstellte, drückte sie beim Praktizieren ihre Zunge unbewusst derart stark gegen die Vorderzähne, dass es irgendwann zum Überbiss gekommen war und sie nun eine Klammer brauchte, um das zu korrigieren. Das erklärte mir ihren Zustand. Indem sie sich getreulich in Stärke, Biegsamkeit und augenscheinlicher Willenskraft geschult hatte, wurde sie unbewusst innerlich immer angespannter. Ihre Atmung war flach, was bedeutete, dass sich diese Spannung aufhäufte und dann in ihr »gefriertrocknete«. So konnte es geschehen, dass sie jeden Tag praktizierte und trotzdem ein bisschen »nervös« war, wie sie es nannte.
Die Tatsache, dass keiner ihrer Lehrer ihr Problem erkannt und sich damit befasst hatte, bestärkt mich in meiner Meinung, dass die meisten Yogalehrer in den USA nicht wissen, wie man das Atmen als unschätzbaren Bestandteil der Yogapraxis lehrt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine gute Körperstellungspraxis für sich genommen zu einer besseren Gesundheit, zu mehr Kraft und Gelenkigkeit führt. Das heißt, sie wirkt sich in puncto Gesundheit und Sportlichkeit positiv aus. In Verbindung mit einer hingebungsvollen Atempraxis
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