Das Herz einer Löwin: Roman (German Edition)
ihnen anfangen. Er würde bestimmt gut für sie sorgen, das verspreche ich.«
»Danke.« Emma lächelte erleichtert. Daniel hielt bestimmt Wort. Auch ihm ging die Sache nahe.
Daniel beobachtete, wie das Kamelkalb einen leeren Eimer über den Boden rollte. Er begann, leise zu lachen. »Der Name passt wirklich zu ihm«, sagte er. » Matata ist das Swahili-Wort für Probleme.«
Als Daniel die letzten Kleidungsstücke aufhob, klappte Emma das Heft zu und setzte sich auf die unterste Treppenstufe. Sie blickte auf den Namen auf dem Umschlag und betrachtete die runden Buchstaben.
»Angel«, sagte sie laut. Beim Klang ihrer Stimme rannte ein Huhn, das vor ihren Füßen gepickt hatte, weg. Ihm folgte ein Vogel, der so ähnlich aussah, aber graue, weiß gefleckte Federn hatte. Der kahle Hals sah aus wie mit blauer Farbe betupft. Es war ein Perlhuhn. Soweit Emma wusste, waren es wildlebende Vögel, aber dieses hier war so zahm wie das Haushuhn. Es passte an diesen seltsamen Ort: Die Station wirkte verlassen, obwohl sie es nicht war; die rosa Blumen ohne Blätter, die im Busch wuchsen; der feine graue Sand und der perfekte Kegel des Berges, wie auf einer Kinderzeichnung.
Emma ließ den Kopf auf die Ellbogen sinken. Die Morgensonne schien warm auf ihren Nacken, und sie schloss die Augen.
Zuerst fiel ihr das Geräusch nicht auf. Das ferne Summen klang schwach wie das einer Biene im Garten. Aber als es stetig lauter wurde, hob sie den Kopf. Nach ein paar Minuten sah sie ein kleines Flugzeug am Himmel.
»Da sind sie«, rief sie Daniel zu. Das Flugzeug war in Richtung Wüste unterwegs. Wegen der Suche flog es niedrig.
Emma wandte sich stirnrunzelnd an Daniel, der neben sie getreten war. »Ich möchte so gerne mithelfen, sie zu finden, statt hier nur zu warten.«
»In einem Gebiet wie der nyika am Boden zu suchen ist zwecklos, wenn man einmal die Spur verloren hat«, erwiderte Daniel. »Es gibt so viele Felsen und Erdspalten, die sie verbergen könnten. Möglicherweise ist sie zu schwach, um zu rufen, wenn jemand in der Nähe ist. Die einzige Chance, sie zu finden, ist die Suche aus der Luft.«
Emma nickte. Sie würde sich viel besser fühlen, wenn sie selbst etwas tun könnte, aber er hatte natürlich recht.
Blinzelnd standen sie da und blickten dem Flugzeug am kristallblauen Himmel nach, bis es nur noch ein schwarzer Punkt in der Ferne war.
Ein kleines Stück entfernt von der Hintertreppe befand sich eine Hütte aus rostigem Eisenblech. Darin hockte Daniel auf einem dreibeinigen Holzschemel und kochte auf einem offenen Holzofen Frühstück. Emma stand in der Tür der Hütte und beobachtete ihn. Sie musste sich zusammenreißen, um nicht ihren Widerwillen vor dem nackten Lehmboden, dem Vogelkot und dem primitiven Ofen, der dicke Qualmwolken ausstieß, zu zeigen. Es gab weder ein Spülbecken noch einen Wasserhahn – die Wasserversorgung schien aus einem irdenen Krug mit Wasser zu bestehen. Emma blickte sich im Raum um und suchte nach weiteren Anzeichen für Schmutz. Schwarzer Ruß klebte an den Wänden, es roch nach Holzkohle, und Spinnweben hingen in den Ecken des Blechdachs. Aber wenn sie genau hinsah, musste sie zugeben, dass die Flächen, die Daniel benutzte – ein hölzernes Tablett zum Aufstellen, ein Schneidebrett, ein kleiner Tisch –, makellos sauber waren. Das Innere der emaillierten Kochtöpfe blitzte silbern im Feuerschein, und sie standen zwar auf dem Boden, aber weit weg von Daniels Füßen. Und der Rauch hielt zumindest die Fliegen fern.
Daniel wirkte entspannt und organisiert, als er sich über das Feuer beugte und mit einem Stock in der Holzkohle stocherte. Er griff hinter sich, nahm eine Schüssel und stellte sie aufs Feuer. Anscheinend hatte er Teig geknetet, während sie die Kamele gefüttert und getränkt hatte. Sie war ganz stolz darauf gewesen, wie gut sie die Aufgabe bereits beherrschte. Sie hatte sie erledigt wie eine jahrelang geübte, morgendliche Routine.
Daniels Bewegungen wirkten so sicher und selbstbewusst, als folge er einer geheimen Choreographie. Sie war nicht daran gewöhnt, Männer kochen zu sehen, abgesehen von den männlichen Köchen im Fernsehen oder denjenigen, die man in Restaurants zu sehen bekam. Ihr Vater hatte in der ersten Zeit in Melbourne ab und zu mal gekocht, aber das hatte aufgehört, als er wieder geheiratet hatte. Und Simon kochte nur, wenn er auf dem Balkon stand und den Grill bediente. Er hatte dabei immer zahlreiche Hilfsmittel zur Hand, und alle Zutaten lagen
Weitere Kostenlose Bücher