Das Herz einer Löwin: Roman (German Edition)
verbrannte. Das starke, rauchige Gebräu verstärkte ihren Hunger. Sie vergaß die hygienischen Zustände in der Küche und begann einfach zu essen. Die Eier waren perfekt: knusprig am Rand mit noch leicht flüssigem Eigelb. Das Brot war leicht und feucht, und die Süßkartoffeln waren weich und butterig.
»Es schmeckt sehr gut«, sagte sie zu Daniel. »Danke.«
Während sie aß, blickte sie zu einem weiteren Raum, der an die Lehmwände der Station gebaut worden war. Durch die offene Tür sah sie ein schmales Bett mit einem einfachen weißen Laken, eine Reihe von Haken, an denen Khaki-Kleidung hing, ein gewebter Korb aus ungefärbter Sisalschnur und ein weißes Unterhemd. Daneben hing eine der Wolldecken, wie Massai-Männer sie trugen. Daniels Decke war aus violetter und roter Wolle gewebt. Sie bauschte sich in der leichten Brise.
»Man nennt das eine shuka «, sagte Daniel.
Emma wandte verlegen den Blick ab. Sie kam sich vor, als sei sie in Daniels Privatsphäre eingedrungen.
»Jetzt haben Sie Ihr erstes Wort auf Maa gelernt.« Er begann, die Teller abzuräumen. Als er Emmas Teller nahm, strahlte er. »Sie haben alles aufgegessen.« Dann stand er auf. »Jetzt werde ich Mama Kitus Fuß operieren. Aber wir müssen sie vorher festbinden, und ihr müsst mir beide dabei helfen.«
Bevor sie sich dem Kamel widmeten, zogen Daniel und Mosi sich die Hemden aus und hängten sie über die Wäscheleine. Emma wusste zuerst nicht, warum sie das taten, aber dann wurde ihr klar, dass sie sie wohl nicht schmutzig machen wollten – Haut war leichter zu waschen als Wäsche. Sie selbst hatte reichlich Kleidung zum Wechseln dabei, und in Ngorongoro würde sie sowieso alles erst einmal im Hotel waschen lassen. Als sie mit aufgerollten Ärmeln neben den beiden großen, dunklen Männern stand, kam sie sich wie ein bleicher Schatten vor. Mosi beäugte Mama Kitu nervös. Offensichtlich war er mit seinem Land Cruiser vertrauter als mit einem Kamel. Er sah nicht besonders kräftig aus, da er ja seine Tage meistens hinter dem Steuer verbrachte. Emma versuchte, Daniel nicht zu offensichtlich zu mustern, aber wenn sie ihm von Zeit zu Zeit einen verstohlenen Blick zuwarf, sah sie die Muskeln unter seiner Haut spielen.
Mama Kitu wich zurück, als Daniel auf sie zutrat. Sie schien zu spüren, dass ihr eine schmerzhafte Behandlung bevorstand. Emma und Mosi hielten respektvollen Abstand, bis Daniel die Kamelstute überredet hatte, in die Knie zu gehen. Nach kurzem Zögern knickte sie schließlich auch in den Hinterbeinen ein. Daniel bat Emma, das Seil an ihrem Halfter festzuhalten, während er und Mosi ihre Beine so fesselten, dass sie nicht mehr aufstehen konnte. Als sie sicher festgebunden war, zogen und zerrten die Männer an ihrem gewaltigen Leib. Sie waren beide schweißgebadet, als sie das Tier endlich auf die Seite gedrückt hatten. Ihr Bauch ragte wie ein Hügel vor ihnen auf, bedeckt mit feinen, cremeweißen Haaren.
Mama Kitu lag mit dem Kopf auf dem Sand. Sie protestierte kurz, aber dann ergab sie sich in ihre Lage und war genauso geduldig wie mit Matata. Emma kniete sich neben sie.
»Reden Sie mit ihr«, sagte Daniel zu Emma. Er ergriff ein Messer mit einer kurzen Klinge. »Beruhigen Sie sie.«
Emma streichelte Mama Kitus Hals, und ihre Finger glitten durch die wolligen Löckchen der Mähne. »Was soll ich denn sagen?«
»Reden Sie mit fester, freundlicher Stimme. Sprechen Sie mit ihr, als ob Sie ihre Mutter wären.«
Daniel setzte das Messer an und machte den ersten Schnitt. Mama Kitu erschauerte und richtete ihre große Augen flehend auf Emma.
»Es ist gut. Es ist alles in Ordnung«, sagte Emma. »Bleib ganz ruhig. So ein braves Mädchen.« Sie merkte, dass das Kamel auf ihre Stimme reagierte. Die Augenlider sanken ein wenig herab, und der Hals entspannte sich. »Du bist ein braves Mädchen.«
Emma redete weiter, gab gurrend Unsinn von sich, der ihr normalerweise peinlich gewesen wäre, aber das Kamel saugte ihre Worte förmlich auf. Sie streichelte dem Tier den Hals, und Mama Kitu blickte sie dankbar an. Als Emma aufhörte zu reden, drehte das Tier das Ohr, als suche es nach etwas.
Emma blickte über Mama Kitus Schulter zu Daniel, der sich dicht über den verletzten Huf gebeugt hatte. Er runzelte konzentriert die Stirn, als er das Messer fest in die Fußsohle stieß. Auf seinem Gesicht und seinen Schultern hatte sich ein dünner Schweißfilm gebildet. Auf einem hölzernen Tablett neben ihm sah sie eine Flasche
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