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Das Herz einer Löwin: Roman (German Edition)

Das Herz einer Löwin: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz einer Löwin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Scholes
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Gleiche wie sie. Während sie langsam kaute, blickte sie über die niedrigen Mauern zu den Kamelen. Matata schnüffelte an ein paar zahmen Perlhühnern, die an den Überresten des morgendlichen Kamelfutters pickten. Mama Kitu lag auf dem Boden, die Beine unter den Bauch gezogen. Der Hals war gestreckt, und ihr Kinn ruhte auf dem Sand. Sie blickte direkt ins Esszimmer. Emma musste lächeln. Die Haltung des Kamels wirkte zutiefst vorwurfsvoll.
    »Mama Kitu hat uns nicht verziehen, was wir ihr gestern angetan haben«, sagte sie zu Daniel.
    Daniel schüttelte den Kopf. »Nein, das ist es nicht. Sie weiß, dass Sie wegfahren. Sie ist traurig.«
    Emma betrachtete die Kamelstute. »Woher soll sie denn wissen, dass ich heute wegfahre? Das geht doch gar nicht.«
    »Ein Kamel ist ein Reisetier. Es beobachtet, wenn sich Leute auf eine Reise vorbereiten. Mama Kitu hat Ihren Koffer gesehen, der am Tor steht. Sie hat bemerkt, dass sich Ihre Bewegungen leicht verändert haben, der Tonfall Ihrer Stimme, die Kleider, die Sie tragen. Vielleicht kann sie sogar Ihre Emotionen spüren. Manche Kameltreiber glauben, das Kamel würde dasselbe fühlen wie sie. Kamele spüren, ob Sie sich auf die Reise freuen oder ob Sie traurig sind, dass Sie abreisen müssen.«
    Emma kaute auf ihrer Lippe. Sie hätte gerne laut gesagt, dass sie sich überhaupt nicht auf die Safari freute, dass sie sehr traurig war, die Station verlassen und sich von Daniel verabschieden zu müssen. Sie hätte gerne versprochen, eines Tages wieder hierher zurückzukommen – aber sie wusste, dass das nicht passieren würde.
    Schweigend aßen sie eine Zeitlang. Das Klappern des Bestecks auf den Emailletellern klang laut. Mosi schenkte Tee nach, tropfte Honig hinein und rührte um. Sein Löffel klirrte am Metall.
    »Emma, ich muss Sie etwas fragen«, sagte Daniel plötzlich. »Möchten Sie die Fotografie mitnehmen? Sie gehört Ihnen ja.«
    Emma schwieg ein paar Sekunden, bevor sie antwortete: »Nein, ich finde, sie sollte hier bleiben. Sie ist schon so lange hier. Es käme mir falsch vor, sie jetzt mitzunehmen.« Während sie das sagte, wurde ihr klar, dass ihre Gefühle für die Fotografie stärker mit Daniel als mit Susan verbunden waren. Sie wollte einfach wissen, dass ein kleiner Teil von ihr hier bei ihm blieb, wenn sie wieder in Melbourne war.
    Daniel blickte sie an und nickte. »Sie bleibt hier.«

    Emma stand bei Mama Kitu und streichelte über das rauhe Haar an ihrem Hals. Sie spürte die Wärme des Kamelleibes und atmete ihren Geruch nach feuchter Wolle ein. Das Kamel blickte aus feuchten dunklen Augen auf sie herunter.
    »Du bist ein schönes Mädchen«, murmelte Emma. Sie lächelte leise, als sie merkte, dass sie schon wieder in ihre Mutterstimme verfiel.
    Matata tauchte neben ihr auf und drückte seinen Kopf in ihr Gesicht, um seinen Anteil an Aufmerksamkeit einzufordern. Mama Kitu grunzte ihn an und schob ihn weg. Sie legte ihr Kinn auf Emmas Schulter und stieß einen langen Seufzer aus. Ihr Atem roch nach frisch gekautem Gras. Emma stand ganz still. Speichel tropfte auf ihre saubere Bluse. Noch vor kurzem wäre sie vor Entsetzen erstarrt, wenn ein Kamel das getan hätte, aber jetzt wünschte sie sich nur, nie fortgehen zu müssen.
    »Leb wohl, Mama Kitu.« Sie rieb ihre Wange am samtigen Maul des Kamels. Dann blickte sie auf den verletzten Fuß. »Werde gesund. Du musst schnell wieder gesund werden.«
    »Wir müssen fahren!«, rief Mosi vom Tor aus. Er hatte den Land Cruiser außerhalb des Hofes geparkt. Emma konnte ihren Koffer auf der Rückbank sehen. Neben Mosis Fahrzeug stand der Landrover. Am Steuer saß Daniel, in einem frisch gebügelten Hemd, bereit zum Aufbruch.
    Emma warf noch einen Blick auf die Station, auf das Hauptgebäude, die willkürlich angebauten Räume, den ungepflegten Hof. Mittlerweile war ihr der Anblick so vertraut, dass es kaum zu glauben war, dass sie erst vor zwei Tagen hier angekommen war. Als sie zum Tor lief, drehte sie sich nicht mehr nach den Kamelen um, aber aus den Augenwinkeln sah sie, dass die beiden die Hälse gereckt hatten und ihr nachschauten.
    Bald fuhren sie auf der Straße nach Malangu und ließen die Station hinter sich zurück. Emma saß auf dem Beifahrersitz im Land Cruiser und dachte, wie sauber und modern Mosis Auto ihr jetzt vorkam. Im Rückspiegel sah sie den alten Landrover mit seinem zerrissenen Leinwanddach über die Piste holpern. Er war zwar schon ein gutes Stück zurückgefallen, aber sie konnte trotzdem

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