Das Herz einer Löwin: Roman (German Edition)
fuhr – dann brauchte sie auf niemanden Rücksicht zu nehmen. Andererseits hätte sie eine so wichtige Erfahrung gerne mit Simon geteilt. Und sie hatte sich auf die gemeinsame Zeit – ohne Arbeit – gefreut.
»Vielleicht hast du recht«, sagte Emma schließlich.
Er lächelte. »Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann.« Er legte ihr den Arm um die Taille und küsste sie auf die Wange. Er roch nach dem Bier, das er getrunken hatte, vermischt mit dem Zitrusduft seines Duschgels. Seine Lippen glitten zu ihrem Ohr. »Ich liebe dich, Em, du weißt das«, flüsterte er.
Emma widerstand einen Moment lang, aber dann gab sie sich seiner Umarmung hin. Sie sagte sich, dass sie nicht überrascht zu sein brauchte. Sie hatte immer gewusst, dass Simon sich nicht vereinnahmen ließ. Wenn sie versuchte, ihn zu sehr an sich zu binden, zog er sich zurück. Und dann war sie wieder allein. Sie fröstelte, als sie daran dachte. Dann wäre wieder nur eine Zahnbürste im Badezimmer, die Bettwäsche auf der anderen Hälfte des Bettes wäre faltenlos und unberührt, im Wäschekorb läge nur ihre eigene Kleidung. Und auf den Seiten ihres Tagebuchs wäre kein Datum rot umrandet mit der Bemerkung: »Simon kommt nach Hause«.
Emma blickte einen Moment lang auf den Bildschirm, dann schrieb sie eine kurze Antwort, in der stand, dass es ihr gut- ginge und die Reise schön sei. Als sie auf »senden« klickte, überkam sie ein Gefühl von trüber Hoffnungslosigkeit. Rasch verdrängte sie es und konzentrierte sich stattdessen auf die einzige andere E-Mail, die sie lesen wollte. Sie war von ihrer Laborassistentin Moira. Als sie sie öffnete, überkam sie Erleichterung, weil sie dadurch mit der organisierten Welt des Instituts verbunden war – der einzige Ort, an dem sie genau wusste, wer sie war und was sie tat und warum.
Moira teilte Emma mit, dass die MS4-Mäuse mit Kaiserschnitt auf die Welt gekommen und erfolgreich einer Pflegemutter übertragen worden seien.
»Das ist gut«, murmelte Emma. Die Mäuse waren mit der spezifischen genetischen Mutation gezüchtet, die sie für ihre aktuelle Arbeit brauchte. Die natürlichen Mütter dieser Rasse waren nicht gut darin, ihre Brut aufzuziehen, deshalb war es notwendig, ihnen eine Ersatzmutter zu geben. Manchmal nahmen diese allerdings die Jungen nicht an, und deshalb freute sie sich, dass es in diesem Fall erfolgreich gewesen war. Das ermöglichte es ihr, unverzüglich mit ihrem neuen Projekt zu beginnen, wenn sie wieder zu Hause war.
Sie fuhr den Computer herunter und ging zu Mosi.
»Sie waren sehr schnell«, sagte Mosi. »Für gewöhnlich sitzen Touristen sehr lange im Internetcafé.«
»Ich habe bloß meine E-Mails von der Arbeit gecheckt.« Emma lächelte ihn an. »Sie wissen ja, wie es ist – der Arbeit entkommt man nie.«
Ein weiteres Fahrzeug fuhr auf den Platz vor der Polizeistation. Es war ein Vierradantrieb, der offensichtlich aus der Wüste kam, weil er voll mit grauem Staub war. Emma beobachtete, wie er in dem mit weißen Steinen markierten Bereich parkte.
»Anscheinend eines der Suchfahrzeuge«, sagte Emma und zeigte darauf. Erneut stieg Sorge um Angel in ihr auf.
»So Gott will, haben sie sie gefunden«, sagte Mosi.
Emma holte tief Luft. Sie wandte ihre Aufmerksamkeit einer dicken, getigerten Katze zu, die auf einer der Bänke saß. Das Tier sah halbwild aus; es hatte ein zernarbtes Gesicht, haarlose Stellen im Fell und ein zerrissenes Ohr. Es hob ein muskulöses Hinterbein und begann, sich das Fell zu lecken. Plötzlich flog ein Gummischlappen durch die Luft und landete am Kopf der Katze. Wie der Blitz sprang sie von der Bank und verschwand. Als sie sich umschaute, sah Emma den Jungen, der ihnen bei ihrem ersten Besuch das Essen serviert hatte. Zufrieden grinsend hob er seinen Schlappen auf.
Mosi stand auf. »Ich sehe Daniels Landrover.«
Daniel erwartete sie an der Treppe zur Polizeistation. Er wirkte nervös, dachte Emma. Er steckte sein Hemd in die Hose und richtete seinen Kragen. Mosi hatte sich in seinen Land Cruiser gesetzt, froh darüber, dass er mit der Sache nichts zu tun hatte.
Im Büro hatte sich seit ihrem letzten Besuch wenig verändert. Noch mehr Aktenordner und Papierstapel türmten sich auf der Arbeitsplatte, und an der Wand waren einige Kisten Cola aufgestapelt worden, aber das war auch schon alles. Der Polizeibeamte saß hinter seinem Arbeitstisch.
Er begrüßte Emma kurz auf Englisch, dann wechselte er zu Swahili und führte ein
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