Das Herz einer Löwin: Roman (German Edition)
neuer Energie.
Emma stieg aus, hob die Arme über den Kopf und drehte sich, um ihren steifen Rücken zu dehnen. Daniel trat neben sie, den Korb und eine gefaltete kitenge in der Hand. Er winkte sie in den Schatten des Baumes und breitete das Tuch auf dem Boden aus. Das leuchtende schwarzgelbe Muster hob sich von den gedämpften Erdtönen der Umgebung ab.
Emma überprüfte den Boden auf Dornen oder Insekten, dann ließ sie sich mit gekreuzten Beinen nieder. Sie nahm Angels Sachen vom Korb herunter und legte sie neben sich. Dann wickelte sie das Päckchen mit den mandazi aus und schlug das abgerissene Viereck aus Zeitungspapier, das voller Ölflecken und Zucker war, auseinander.
Daniel setzte sich ihr gegenüber, die langen Beine seitlich ausgestreckt. Angels Habseligkeiten lagen zwischen ihnen. Von Zeit zu Zeit betrachtete Emma den kleinen, bunten Haufen. Es war, als ob er den Platz markierte, der für eine dritte Person, die noch erwartet wurde, reserviert war.
Daniel sah Emma zu, wie sie das Essen arrangierte. Jede ihrer Handbewegungen verfolgte er so aufmerksam, als sei sie eine seltene Tierart, deren Gewohnheiten ihm neu waren. Als alles bereit war, begannen sie zu essen. Sie sprachen nicht. Der Geschmack des Essens und die Landschaft um sie herum waren genug. Schließlich jedoch brach Daniel das Schweigen.
»Jetzt wären Sie schon fast halb in der Serengeti, wenn Sie mit Mosi gefahren wären.« Er musterte sie. »Tut es Ihnen leid, dass Sie Ihre Safari verpassen?«
Emma schüttelte den Kopf. »Es war nicht meine Idee. Simon hat sie als Geburtstagsgeschenk für mich gebucht. Es wäre sowieso sehr anstrengend geworden – fünf Nationalparks in sieben Tagen …« Der Moment fiel ihr ein, als Simon ihr die Broschüre gereicht hatte. Sie hatte versucht, erfreut zu wirken, aber es war ihr klar gewesen, dass diese Geste von Schuldgefühl motiviert war.
»Warum ist er nicht mit Ihnen gekommen? Es ist eine lange Reise für eine Person allein.«
»Er ist bei einer Exkursion in der Antarktis. Er ist im März dorthin gereist und kann nicht einfach von dort weg.«
»Antarktis! Das ist ja sogar noch weiter als Afrika!«
»Er wird den ganzen Winter über dort bleiben. Noch drei Monate lang.«
Daniel wirkte schockiert. »Das ist aber eine lange Trennung für ein Ehepaar.«
»Wir sind daran gewöhnt«, erwiderte Emma. »Wir finden es nicht mehr schlimm – eigentlich ist es sogar gut für uns. So bleibt der andere etwas Besonderes.« Sie verstummte. Diese Sätze kamen ihr geläufig über die Lippen, weil sie sie immer dann sagte, wenn jemand seiner Überraschung darüber Ausdruck verlieh, wie sie und Simon lebten. Hier jedoch, Daniel gegenüber, klangen sie hohler als sonst. Und er hatte so offen und aufrichtig mit ihr gesprochen. Sie setzte noch einmal an. »Simon ist nicht mein Ehemann. Das sagte ich nur der Einfachheit halber, als Sie mich gefragt haben. Er ist mein Partner. Wir sind jetzt seit fünf Jahren zusammen. Simon wird mich nie heiraten, weil er ungebunden sein möchte. Ich glaube nicht, dass es ihm viel ausmacht, wenn er nicht mit mir zusammen ist. Er sagt, er liebt mich, aber …« Ihre Stimme schwankte. »Manchmal glaube ich, ich kenne ihn überhaupt nicht.«
Sie senkte den Kopf. Sie schämte sich, aber sie wusste nicht, ob es daran lag, dass sie nicht in der Lage war, in Simon tiefere Gefühle zu wecken, oder weil Simon ihr keine Liebe geben konnte. Verlegen zupfte sie einen Grashalm aus.
Kurz herrschte Schweigen, dann sagte Daniel: »Emma, ich kenne Sie erst seit kurzem, aber ich stimme mit Mama Kitu völlig überein. Sie hat Sie von Anfang an bewundert, und Tiere können für gewöhnlich Menschen sehr gut beurteilen.« Emma blickte überrascht auf. Er lächelte sie an, und sein Blick glitt über ihr Gesicht. »Und Sie sind wunderschön.« Er schüttelte den Kopf. »Ich verstehe dieses Leben nicht, das Sie beschrieben haben – Sie haben einen Partner, verbringen aber Monate getrennt. Ich kann nicht verstehen, warum ein Mann Sie auch nur einen einzigen Tag lang allein lassen möchte.«
Emma lächelte ihn an. Seine Worte legten sich wie ein feiner, wärmender Schal um ihre Schultern, hüllten sie weich ein und gaben ihr das Gefühl, sicher und umsorgt zu sein.
Schweigend saßen sie eine Zeitlang da und lauschten dem Zwitschern der Vögel. Dann stand Daniel auf.
»Wir haben noch eine weite Fahrt vor uns. Wir müssen aufbrechen.«
Er begann, die Essensreste einzupacken. Emma half ihm dabei,
Weitere Kostenlose Bücher