Das Herz einer Löwin: Roman (German Edition)
Beine des Pyjamas herunter, um so viel Haut wie möglich zu bedecken. Hier draußen hatte sie noch nicht einmal ein Moskitonetz, und sie fühlte sich sehr ungeschützt. Sie stellte sich vor, wie das Land sich in die grenzenlose Wildnis außerhalb des Zauns um das Camp erstreckte, und sie musste sich ins Gedächtnis rufen, dass der Zaun sehr hoch war und die Tore bei Einbruch der Dunkelheit mit einer Kette und einem großen, altmodischen Eisenschloss versperrt worden waren. Und nur ein paar Meter von ihr entfernt lag die riesige Löwin. Moyo war zwar ein sanftes Tier, aber sie war auch wachsam und stark. Sie war wie eine Hüterin, die auf sie alle aufpasste.
Sie hörte kaum, wie Daniel näher kam, so leise waren seine Bewegungen. Plötzlich tauchte eine dunkle Gestalt aus den Schatten auf und wurde zu einer Person. Er ging um die Esshütte herum und löschte alle Lampen. Als nur noch eine, die außen am Baum hing, brannte, trat er an ihr Bett. Er trug nur seinen kitenge, den er um die Hüften geschlungen hatte. Auf seiner Haut schimmerten Wassertropfen. Im Licht funkelten sie wie Diamanten auf seiner Brust und seinen Schultern. Sie roch den Sandelholzduft der Seife, die sie im Camp selbst herstellten.
Sie lag still und ließ sich von ihm anschauen. Als sich ihre Blicke trafen, lächelten sie beide.
Daniel setzte sich auf sein Feldbett. Sein Gesicht wurde ernst. »Geht es ihr gut?«, fragte er leise und nickte zu Angel herüber.
»Heute Abend ist sie schnell eingeschlafen«, sagte Emma. »Es war ein anstrengender Tag für sie. Sie war bestimmt erschöpft.«
»Ich mache mir Sorgen um sie«, sagte Daniel. »Sie wirkt einfach zu glücklich. Sie hat nicht geweint.«
»Vielleicht ist sie noch nicht so weit. Sie hat sicher Angst vor einem Zusammenbruch. Ich weiß noch, wie sich das anfühlte.« Emma hoffte, es würde nicht zu lange dauern, bis Angel den richtigen Ort und die richtige Zeit fand, um zu trauern. Sie wusste nur zu gut, dass Tränen, die man zurückhielt, hart und schwer wie Blei wurden. Sie wollte sich nicht vorstellen, dass Angel dieses Gewicht genau wie sie ein ganzes Leben lang mit sich herumschleppte.
»Ich kann mich auch noch daran erinnern«, sagte Daniel. »Es ist gut, dass sie so stark ist.« Er schüttelte bewundernd den Kopf. »Sie hat uns heute viel geholfen. Wenn sie meine Tochter wäre, wäre ich sehr stolz auf sie.«
Emma blickte ihn forschend an. Seine Augen schimmerten. Ob er wohl an sein Baby dachte? Es wäre mittlerweile drei oder vier Jahre alt.
Er wandte sich wieder zu Emma. »Liegen Sie bequem?«
Emma nickte. Die Feldbetten waren hart, aber der Schlafsack polsterte die Liegefläche ein wenig.
»Ich mache jetzt das Licht aus.« Er stand auf und löschte die Laterne, die im Baum hing. Langsam erstarb das leise Zischen und mit ihm der gelbe Schein. Dann legte er sich auf sein Bett. Die Leinwand ächzte unter dem Gewicht seines Körpers.
Emma wartete darauf, dass er ihr gute Nacht wünschte, aber er schwieg. Vielleicht wollte er ja – wie sie – diesen Tag nicht enden lassen. Beide lagen sie ganz still. Emma konnte beinahe die Hitze seines Körpers spüren. Sie lauschte angestrengt auf seinen Atem und stellte sich vor, dass er wie die warme Nachtluft über ihre Haut strich und durch ihr Pyjama-Oberteil über ihre Brüste glitt. Sie stellte sich vor, wie sie die Hand nach ihm ausstreckte – um ihn zu berühren, um die Hand auf seine Brust zu legen. Mehr als das wäre nicht möglich. Schließlich waren sie nicht allein – aber nicht die anderen trennten sie. Es lag wohl eher daran, dass Daniel nicht der Mann war, der eine Affäre beginnen würde. Und sie empfand es genauso. Sie wollte nicht riskieren, dass nach allem, was sie miteinander geteilt hatten, Scham und Bedauern zwischen ihnen standen. Aber trotzdem sehnte sie sich nach einer kleinen, intimen Geste – etwas, das sie für immer wie einen Schatz in ihrer Erinnerung hüten konnte. Aber selbst eine einzige Berührung schien zu gefährlich zu sein. Sie musste sich mit dem Wissen begnügen, dass Daniel direkt neben ihr lag.
Sie blickte zum Himmel. Er sah samtig und weich aus wie ein riesiger Baldachin, der sich über die Welt spannte. Der Mond war aufgegangen, voll und hell. Für Emma sah er ungewohnt aus, weil sich die grauen Flecken an anderen Stellen befanden als zu Hause. Sie ließ ihre Blicke über die Sternzeichen wandern, die ihr aber auch unbekannt waren. Wie weit sie von dem Teil der Welt entfernt waren, in dem
Weitere Kostenlose Bücher