Das Herz ihrer Tochter
bezahlt, was er
Elizabeth angetan hat, was er dir angetan hat. Wo ist da Platz für mich?«
Die Krankenschwester kam hereingerauscht
wie ein großer weißer Vogel und überprüfte hektisch die Monitorverbindungen und
den Venentropf. »Was ist hier los?«, fragte sie.
»Nichts«, sagten wir beide wie aus einem
Munde.
Die Schwester sah mich skeptisch an. »Ich
rate Ihnen dringend, den Hund hier rauszuschaffen und Ciaire ein wenig Ruhe zu
gönnen.«
Ich nahm Dudley und verfrachtete ihn
wieder in die Sporttasche. »Denk einfach drüber nach«, sagte ich flehend.
Ohne mich noch eines Blickes zu würdigen,
griff Ciaire in die Tasche und streichelte den Hund. »Mach's gut«, flüsterte
sie.
MICHAEL
Wieder in St. Catherine, versicherte ich
Father Walter, mein Blick sei getrübt gewesen und Gott habe mir wieder die
Augen für die Wahrheit geöffnet.
Ich ließ unerwähnt, dass Gott zufällig in
einer Gefängniszelle knapp drei Meilen von der Kirche entfernt saß und auf
einen Prozess wartete, der für diese Woche anberaumt war.
Jeden Abend betete ich dreimal
hintereinander den Rosenkranz - als Buße, weil ich Father Walter belogen hatte
-, aber ich musste dort sein. Ich musste mit meiner Zeit irgendwas Konstruktives
anfangen, da ich Shay nicht mehr besuchen konnte. Seit ich ihm im Krankenhaus
gebeichtet hatte, dass ich damals einer der Geschworenen gewesen war, die ihn
verurteilt hatten, weigerte er sich strikt, mich zu sehen.
Obwohl ich seine Reaktion durchaus verstehen
konnte, rätselte ich dennoch stundenlang herum, wieso die göttliche Vergebung
noch nicht eingesetzt hatte. Andererseits, falls das Thomasevangelium recht
hatte, waren wir nie richtig getrennt, egal, wie sehr Shay zeitlich und
räumlich zu mir auf Abstand ging: Menschheit und Gottheit waren Kehrseiten ein
und derselben Medaille.
Und daher erzählte ich Father Walter
jeden Mittag, ich würde ein Ehepaar besuchen, um eine drohende Scheidung zu
verhindern, während ich in Wahrheit mit meinem Trophy zum Gefängnis fuhr, wo
ich mich durch die Menschenmenge zum Eingang drängte und um einen Besuch bei
Shay bat.
Als ich die Metalldetektoren passiert
hatte, holte mich Aufseher Whitaker ab, um mich zu Block I zu eskortieren.
»Hi, Father. Neues Spiel, neues Glück?«
»Erraten«, erwiderte ich. »Heute irgend
etwas Aufregendes passiert?«
»Mal überlegen. Alma war bei Joey Kunz,
weil er Durchfall hat.«
»Unglaublich«, sagte ich.
Während ich mir die Schutzweste überzog,
ging Whitaker Shay informieren, dass ich da war. Wie jeden Tag. Aber keine
Minute später kam er zurück, mit einem verlegenen Ausdruck im Gesicht. »Wieder
nichts, Father«, sagte er. »Tut mir leid.«
»Ich komme wieder«, erwiderte ich, doch
wir beide wußten, dass es zu spät war: Shays Prozess begann morgen.
Ich verließ das Gefängnis und ging zurück
zu meinem Motorrad. Dabei dachte ich nach: Wenn Shay so etwas wie einen Jünger
hatte, dann mich. Und wenn das stimmte, dann galt es, aus den Fehlern der
Geschichte zu lernen. Bei Jesu Kreuzigung waren seine Jünger geflohen, nur
Maria Magdalena und seine Mutter waren bei ihm geblieben. Deshalb würde ich,
auch wenn Shay mich im Gerichtssaal nicht zur Kenntnis nahm, trotzdem da sein.
Ich würde Zeugnis für ihn ablegen.
Ehrlich, es war nicht meine Absicht
gewesen, Maggie nur wenige Tage vor dem Prozess damit zu überfallen. Wenn Shay
mich nicht mehr als Seelsorger haben wollte, gab es im Grunde keine Entschuldigung
mehr für mich, Maggie weiter zu verschweigen, dass ich einer der Geschworenen
gewesen war, die ihn verurteilt hatten. Im Laufe der letzten Wochen hatte ich
mehrmals versucht, sie zu erreichen, aber sie war immer entweder gerade nicht
im Büro oder nicht zu Hause oder ging nicht ans Handy. Und dann, als ich schon
nicht mehr damit rechnete, rief sie mich an. »Kommen Sie auf der Stelle her«,
sagte sie. »Sie haben mir einiges zu erklären.«
Zwanzig Minuten später saß ich in ihrem
Büro. »Ich hatte heute ein Gespräch mit Shay«, sagte Maggie. »Er hat gesagt,
Sie hätten ihn belogen.«
Ich nickte. »Hat er Genaueres gesagt?«
»Nein. Er meinte, Sie sollten es mir
selbst sagen, das hätte ich verdient.« Sie verschränkte die Arme. »Außerdem hat
er gesagt, er will nicht, dass Sie für ihn aussagen.«
»Klar«, murmelte ich. »Kann ich ihm nicht
verdenken.«
»Sind Sie wirklich Priester?«
Ich sah sie erstaunt an. »Natürlich -«
»Dann ist mir egal, was Sie ihm für eine
Lüge aufgetischt
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