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Das Herz ist ein einsamer Jäger (German Edition)

Das Herz ist ein einsamer Jäger (German Edition)

Titel: Das Herz ist ein einsamer Jäger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carson McCullers
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Korruption. Dieses Zimmer, diese Flasche Wein, dieser Früchtekorb – das setzt sich alles aus Profit und Verlust zusammen. Wenn du leben willst, musst du diese Gemeinheit dulden. Für jeden Bissen, den wir essen, für jeden Faden, den wir am Leib haben, quält sich jemand bis aufs Blut – und alle tun so, als wüssten sie’s nicht. Alle sind sie blind, taub und vernagelt – dumm und gemein.«
    Jake presste die Fäuste gegen die Schläfen. Seine Gedanken kippten mal in die eine, dann wieder in die andere Richtung; er kriegte sie nicht zusammen. Er wäre gern hinausgelaufen, um sich auf der belebten Straße mit dem Erstbesten zu prügeln.
    Der Taubstumme sah ihn noch immer an, geduldig und interessiert, dann zog er seinen silbernen Bleistift heraus und schrieb sehr sorgfältig auf ein Stück Papier: Bist du Demokrat oder Republikaner? Er reichte ihm den Zettel über den Tisch. Jake zerknüllte ihn in der Hand. Das Zimmer drehte sich wieder, nicht einmal lesen konnte er mehr.
    Er heftete den Blick auf den Taubstummen, um sein Gleichgewicht wiederzufinden. Singers Augen schienen das einzige im Zimmer zu sein, das sich nicht bewegte. Sie waren verschiedenfarbig gesprenkelt: bernsteingelb, grau und hellbraun. Er starrte so lange hinein, bis er fast in Hypnose verfiel. Sein Bedürfnis zu randalieren legte sich, er wurde ruhig. Diese Augen schienen alles zu verstehen, was er hatte sagen wollen; außerdem schienen sie eine Botschaft für ihn zu haben. Nach einer Weile drehte sich das Zimmer nicht mehr.
    »Du verstehst das«, sagte er mit belegter Stimme. »Du weißt, was ich meine.«
    In der Ferne erklang das sanfte, silberne Geläut von Kirchenglocken. Das Mondlicht lag weiß auf dem Dach des Nebenhauses, und der Himmel war von einem freundlichen sommerlichen Blau. Es verstand sich von selbst, dass Jake, bis er ein Zimmer fände, einige Tage bei Singer blieb. Als der Wein ausgetrunken war, legt der Taubstumme neben dem Bett eine Matratze auf den Fußboden. Ohne sich auszuziehen, legte Jake sich hin und schlief sofort ein.
    5
     
    Weit weg von der Hauptstraße, in einem der Schwarzenviertel, saß Doktor Benedict Mady Copeland allein in seiner dunklen Küche. Es war neun Uhr vorbei, und die Sonntagsglocken schwiegen. Obwohl die Nacht sehr heiß war, brannte im Herd ein kleines Holzfeuer. Doktor Copeland saß vorgebeugt dicht davor auf einem geradlehnigen Küchenstuhl, den Kopf auf seine langen, schmalen Hände gestützt. Durch die Ritzen des Herds fiel rotglühender Feuerschein auf sein Gesicht, so dass seine vollen Lippen sich fast purpurn von der dunklen Haut abhoben und sein graues Haar, das seinen Kopf wie eine Lammfellmütze bedeckte, bläulich schimmerte. So saß er eine ganze Weile unbeweglich da. Auch seine Augen hinter der silbergefassten Brille blieben starr und schwermütig auf einen Punkt gerichtet. Endlich räusperte er sich kräftig und griff nach einem Buch, das neben dem Stuhl auf dem Boden lag. Da das Zimmer ganz dunkel war, musste er das Buch, um die Druckschrift zu entziffern, dicht vor den Herd halten. Heute Abend las er Spinoza. Obwohl er die komplizierten Sätze und das knifflige Spiel mit den Begriffen nicht recht verstand, spürte er doch hinter diesen Worten eine gewaltige Wahrheit, deren Sinn er bald erfassen würde.
    Oftmals riss ihn abends das Schrillen der Türklingel aus seiner Ruhe, dann wartete im Vorderzimmer ein Patient auf ihn, mit einem Knochenbruch oder einer Schnittverletzung. Heute Abend aber wurde er nicht gestört, und es geschah, wie so häufig nach langen, einsamen Stunden in der dunklen Küche, dass er sich langsam hin- und herzuwiegen begann und eine Art Klagegesang sich seiner Seele entrang. In diesem Moment kam Portia.
    Doktor Copeland hatte sie schon erwartet. Von der Straße her hörte er eine Mundharmonika, einen melancholischen Blues, an dem er seinen Sohn William erkannte. Ohne Licht zu machen, ging er durch die Diele und öffnete die Haustür. Er trat nicht auf die Veranda hinaus, sondern blieb im Dunkeln hinter der Gittertür stehen. Im hellen Mondlicht zeichneten sich die schwarzen Schatten von Portia, William und Highboy scharf auf der staubigen Straße ab. Doktor Copelands Haus war keine schäbige Baracke wie die anderen Häuser dieser Gegend. Es war ein solide verputzter Ziegelbau, und der kleine Vorgarten war von einem Holzzaun umgeben. Portia verabschiedete sich am Gartentor von Mann und Bruder und klopfte an das Gitter.
    »Wie kommt’s, dass du hier so im

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