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Das Herz ist ein einsamer Jäger (German Edition)

Das Herz ist ein einsamer Jäger (German Edition)

Titel: Das Herz ist ein einsamer Jäger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carson McCullers
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oberen Schneidezähne. Sie besuchten Zweizimmerbaracken, in denen zwölf bis vierzehn Personen hausten. In einem Zimmer, in dem das niedrige Herdfeuer rötlich glühte, erstickte ein alter Mann an Lungenentzündung, und sie standen hilflos daneben. Mister Singer lief die ganze Zeit hinter ihm her, schaute zu und verstand. Er gab den Kindern Fünfcentstücke, und da er so ruhig und taktvoll war, fühlten die Patienten sich durch ihn nicht gestört wie vielleicht durch andere Besucher.
    Das Wetter war kühl und hinterhältig. In der Stadt grassierte die Influenza, so dass Doktor Copeland fast rund um die Uhr beschäftigt war. In seinem hohen Dodge-Wagen, den er schon seit neun Jahren hatte, fuhr er durch die Negerviertel der Stadt. Er hielt die Fenster gegen den Zugwind geschlossen und hatte seinen grauen Wollschal fest um den Hals gewickelt. Er hatte Portia, William und Highboy schon eine Weile nicht gesehen, aber er dachte oft an sie. Portia kam einmal bei ihm vorbei, als er nicht zu Hause war, hinterließ einen Zettel und borgte sich eine halbe Tüte Mehl.
    Eines Abends war er schließlich so erschöpft, dass er, obwohl er noch Besuche hätte machen müssen, eine heiße Milch trank und zu Bett ging. Er fröstelte, fühlte sich fiebrig und fand keine Ruhe. Als er gerade am Einschlafen war, hörte er jemanden rufen. Müde stand er auf, ging in seinem langen Flanellnachthemd hinunter und machte auf: Es war Portia.
    »Unser Herr Jesus steh uns bei, Vater«, sagte sie.
    Doktor Copeland stand fröstelnd da, das Nachthemd eng um den Körper gezogen. Die Hand an der Kehle, sah er sie an und wartete.
    »Ist wegen unserem Willie. Er hat was angestellt und sich in mächtig schlimme Unannehmlichkeiten gebracht. Wir müssen irgendwas tun.«
    Doktor Copeland stakste ins Schlafzimmer, holte sich Bademantel, Schal und Pantoffeln und ging dann in die Küche, wo Portia auf ihn wartete. Der Raum war kalt und ohne Leben.
    »Also: Was hat er gemacht? Was ist los?«
    »Wart einen Moment. Muss mich erst ordnen und mir alles überlegen, damit ich es dir auch richtig erzähle.«
    Er knüllte etwas Zeitungspapier zusammen, das auf dem Herd lag, und nahm Kleinholz auf.
    »Lass mich Feuer machen«, sagte Portia. »Setz dich nur an den Tisch, und wenn der Herd heiß ist, machen wir uns eine Tasse Kaffee. Vielleicht sieht dann alles nicht mehr so schlimm aus.«
    »Es ist kein Kaffee da. Ich habe gestern den letzten verbraucht.«
    Als er das sagte, brach Portia in Tränen aus. Wütend stopfte sie Papier und Holz in den Herd und zündete mit zitternder Hand das Feuer an. »Also, das war so«, sagte sie, »Willie und Highboy haben sich abends in einem Lokal rumgetrieben, wo sie nichts zu suchen haben. Du weißt ja, ich hab Willie und Highboy am liebsten in meiner Nähe. Das ganze Unglück wäre nicht passiert, wenn ich da gewesen wäre. Aber ich war zur Frauenversammlung in der Kirche. Da hat es die zwei gejuckt, und sie sind in Madame Rebas Haus der tausend Freuden gegangen. Vater, und das ist nun wirklich ein schlimmer, böser Ort. Da sitzt ein Mann und verkauft verbotene Lotterielose – aber da sind auch diese verkommenen Niggermädchen, die so rumstolzieren und mit dem Hintern wackeln, und rote Seidenvorhänge und…«
    »Ich kenne das Lokal, meine Tochter«, sagte Doktor Copeland gereizt. Er presste die Hände an die Schläfen. »Komm zur Sache.«
    »Love Jones war da – und die ist nun wirklich ein echtes schwarzes Luder. Willie hat Schnaps getrunken und mit ihr getanzt, und im Handumdrehen steckt er mitten in ’ner Prügelei. Hat sich mit einem geprügelt, der Junebug heißt – und alles wegen Love. Und eine Weile haben sie mit den Händen gekämpft, und dann zieht dieser Junebug sein Messer. Unser Willie hatte kein Messer, also rennt er brüllend im Salon herum. Und schließlich gibt Highboy ihm ein Rasiermesser, und Willie geht auf diesen Junebug los und schneidet ihm beinah den Kopf ab.«
    Doktor Copeland zog seinen Schal fester um den Hals. »Ist er tot?«
    »So ’n Dreckskerl stirbt nicht so schnell. Ist im Krankenhaus, wird aber bald raus sein und wieder Ärger machen.«
    »Und William?«
    »Die Polizei kam rein und hat ihn mit der grünen Minna ins Gefängnis verfrachtet. Da ist er jetzt noch eingesperrt.«
    »Und er ist nicht verletzt?«
    »Oh, er hat ein blaues Auge und ’ne Schnittwunde am Hintern. Aber das ist nicht weiter schlimm. Ich versteh bloß nicht, was er mit dieser Love zu tun hat. Die ist noch zehnmal schwärzer

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