Das Herz meines Feindes
Corbett über ihre Gefühle angelogen. Ange sichts dieser plötzlichen Erkenntnis wurde es Lilliane schwindelig. Sie taumelte und wäre das schlammige Flus sufer hinabgefallen, wenn Corbett nicht schnell ihren Arm er griffen hätte, um sie zu stützen.
Einen Augenblick lang starrte sie ihm in die Augen, die den ihren jetzt so nahe waren, und sie war sicher, dass Sorge darin lag. Mitgefühl. Aber genauso schnell wie er gekommen war, war der Eindruck auch wieder verflogen, und sie wusste mit schrecklicher Gewissheit, dass es nur Wunschdenken ihrerseits gewesen war.
»Trauerst du so sehr um seinen Verlust?« Er spie die Wor te förmlich aus. »Dann sollte dir die Tatsache Trost spenden, dass ich seine Brut für dich hier behalten habe.«
Tränen glitzerten in Lillianes Augen, als sie in das raue und gu t aussehende Gesicht emporblickte. »Ich… ich danke dir dafür. Aber wenn du mich so sehr hasst, warum hast du sie dann nicht auch weggeschickt?«
Sie spürte, wie sein Griff um ihre Arme härter wurde, und er schien nach Worten zu ringen. Als er sprach, war seine Stimme nur noch ein leises, quälendes Flüstern. »Ich wollte sehen, ob du als Mutter besser bist denn als Ehefrau.«
Mit einem wütenden Schrei hob sie die Hand, um ihm ei nen Schlag zu versetzen. Aber er packte ihre Hand, bevor sie ihm auch nur nahe gekommen war. Dann riss er sie grob an sich. »So schlechtes Benehmen wie eh und je. Aber ich werde dich zähmen, mein kleiner Dämon von einer Frau.«
»Du bist viel zu grob und… und zu dumm, um mich je mals zu zähmen!« keuchte Lilliane und versuchte verzweifelt, sich aus seinem lähmenden Griff zu befreien. Aber es hatte keinen Zweck. Als ob er an ihren nutzlosen Bemühun gen Vergnügen fände, presste er sie nur noch fester an sich.
»Du fandest meine Grobheit in der Vergangenheit doch ganz nett«, murmelte Corbett, als er ihre wild um sich schla genden Arme geschickt zum Stillstand brachte. Dann spürte sie, wie seine breite Hand besitzergreifend über ihren Rüc ken strich, und sie keuchte angesichts der verwirrenden Mi schung der Gefühle, die sich in ihrem Körper bemerkbar machten. Sie war ihm völlig gleichgültig; er vertraute ihr nicht und glaubte sogar nur das Schlechteste von ihr. Und doch drohte seine erste Berührung ihren Zorn vollkommen aufzulösen und ihre hilflose Sehnsucht statt dessen nur noch mehr zu entfachen.
»Tu das nicht«, warnte sie ihn und versuchte, das Feuer, das tief in ihrem Inneren zu lodern begann, zu ersticken.
»Du bist meine Frau.« Seine Stimme war leise und rau, irgendwo in ihren Haaren vergraben, als er ihren Hals küsste. Dann neigte er ihr Gesicht nach oben und nahm ihren Mund in einem Kuss von brutaler Heftigkeit.
Lilliane spürte seinen Zorn. In der Art, wie seine Lippen rüc k sichtslos von ihr Besitz ergriffen, und in der Art, wie sei ne Zunge kühn jeden noch so versteckten Winkel ihres Mun des erforschte. Aber es gab auch andere Gefühle. Sie konnte sie nicht klar erkennen oder bestimmen, was sie bedeuteten, denn sie war von ihrer eigenen unwillkürlichen Reaktion zu überwältigt. Doch als sie nicht länger widerstehen konnte und ihre Zunge nach vorne kam, um sich mit der seinen zu vereinen, spürte sie die Veränderung, die in ihm vor sich ging: Sein Kuss war nicht länger fordernd, sondern betörend, nicht länger grob, sondern verführerisch.
Das war es vor allem anderen, was Lilliane ins Verderben führte. Gegen seinen Zorn konnte sie sich zur Wehr setzen. Aber sie besaß keinen Schutz gegen seine Zärtlichkeit. Ohne bewusst darüber nachz u denken, hob sie die Arme und schlang sie um seinen Nacken.
Als Corbett spürte, dass sich ihr Körper willig gegen den seinen presste, stöhnte er leise. »Mein Gott, wenn du mir so viel Süße entgegenbringst…« Den Rest hörte sie nicht mehr, und doch gab es immer noch einen Teil von ihr, der sich vor der wunderbaren Lust, die sie einander bereiteten, fürchtete, weil sie vielleicht nichts bedeutete, wenn die Leidenschaft einmal vergangen war.
Der Gedanke, dass er sie im Bett als seine Frau behandeln würde, sie aber ansonsten als Feindin betrachtete, schnitt Lil liane tief ins Herz. Verzweifelt klammerte sie sich an ihn, sie wollte ihn kraft ihres Willens dazu bringen, sie zu lieben und sie zu brauchen, genauso, wie sie ihn mittlerweile liebte und brauchte. Einen Augenblick lang schien Corbett verblüfft über ihre plötzliche Zurschaustellung von Leidenschaft. Aber schnell war er in dem Feuer
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