Das Herz Von Elowia
hinunterkletterte.
»Komm«, sagte er, ohne auf ihre Allüren zu achten und winkte ihr zu. Sie sträubte sich, wollte sie doch keinen Fuß in dieses Geisterdorf setzten, aber die Aussicht alleine in der Dunkelheit zurückgelassen zu werden, war noch furchterregender und so folgte sie ihm schließlich.
Er ging mit großen Schritten über den staubigen Weg, der weiter hinein in das Dorf führte, und vergewisserte sich nicht einmal, ob sie ihm überhaupt folgte.
Lilith war so in ihrem Ärger versunken, dass sie zu spät bemerkte, dass er stehen geblieben war. Sie prallte mit voller Wucht gegen seinen Rücken.
»Verdammt«, fluchte sie und rieb sich ihre schmerzende Nase. »Was fällt dir ein, einfach stehen zu bleiben?«
Verdrießlich zwängte sie sich an ihm vorbei und schaute auf den kleinen Erdhügel auf den Barrn zeigte. Ihr gefror das Blut in den Adern, als sie die frische, aufgewühlte Erde sah. »Was ist das hier?«, wisperte sie und trat schnell wieder einen Schritt zurück.
»Ein Grab«, bestätigte Barrn ihre Befürchtungen und sie verschwand vollständig hinter seinem Rücken.
Sie wusste, dass es hier Gräber gab, schließlich war sie selbst an deren Aushebungen beteiligt gewesen, aber das hier war ihr fremd. Es war viel zu klein und lag weiter abseits als die anderen Gräber.
Er drehte sich um. »Wir müssen sie ausgraben, ich muss dir etwas zeigen.«
»Ausgraben?« Liliths Stimme überschlug sich und hatte einen kreischenden Unterton angenommen. »Ich buddle keine Leichen aus. Du spinnst doch total.«
Eigentlich hatte sie damit gerechnet, dass er sie wegen ihrer respektlosen Worte, schimpfen oder zu Recht weisen würde, doch er nickte ihr nur bestätigten zu. »Doch wir werden sie ausgraben, damit du endlich verstehst, was hier passiert ist.«
»Will ich das denn?«, schimpfte Lilith und drehte sich weg, um wieder den Rückweg zur Kutsche anzutreten.
Er trat vor und versperrte ihr den Weg. »Du kannst nicht immer weglaufen. Kapierst du das denn nicht? Prophezeiung hin oder her, stell dich endlich der Wahrheit.
Obwohl er sie angeschrien hatte und alles andere als freundlich wirke, kam er ihr plötzlich so verletzlich vor. Immer wieder fuhr er sich mit seinen Händen über die Kleidung und kratze an imaginären Flecken rum.
Lilith machte sein unsinniges Treiben so verrückt, dass sie am liebsten seine Hände gepackt und ihn zum Aufhören gezwungen hätte. Sie versuchte es zu ignorieren, indem sie sich auf ihre Fußspitzen konzentrierte. »Weißt du«, sagte sie. »Die Prophezeiung ist in ihren Worten nicht sehr eindeutig, sie ist wage und verzerrt. Aber eine Zeile lässt keinen Zweifel daran, was passieren wird: Der schwarze Prinz wird sterben.«
Sie wischte sich über ihren Arm, und ihr wurde bewusst, dass sie gerade im Begriff war, sein Verhalten zu imitieren. »Und du bist der schwarze Prinz, nicht wahr, Narrp?«
Seine stechenden Augen zogen sich kurz zusammen, als er seinen Namen hörte, der seine wahre Herkunft verriet und ihn zu einem gefürchteten Sucher werden ließ. Selbst Lilith, die wusste, wem sie gegenüberstand, fröstelte bei den wenigen Buchstaben, die aus Barrn, einen anderen Mann machten, den niemand wirklich kannte.
Seine Mimik entsprach nicht den ruhigen Worten, die er wählte. »Damit würdest dem Anführer der Sucher und Persuars Sohn den Tod bringen. Falls du Elowia nicht vernichten wirst, wird man dich als Heldin feiern, was willst du mehr?«
Er lächelte verhalten und fügte hinzu: »Und doch machst du ein Gesicht, als würde dir das überhaupt nicht gefallen.«
Sie wollte aufbrausen. Sie wollte ihn spüren lassen, dass sie kein Mitleid mit ihm hatte, aber kein einziges, abscheuliches Wort wollte ihr über die Lippen kommen, stattdessen hörte sie sich zu ihrer eigenen Verwunderung sagen: »Ich will niemanden mehr töten. Auch dich nicht. Ich hab genug davon. Ich bin des Tötens so überdrüssig und wünsche mir nur noch Frieden.«
Er lächelte. »Was für edle Gedanken.« Der Hohn in seiner Stimme war nicht zu überhören. »Aber man kann leicht von Frieden reden und seine Hände reinwaschen, wenn man vergessen will, dass man selbst gemordet hat. Du hast Blut mit Blut heimgezahlt. Du hast Sucher getötet, nicht nur aus Selbstschutz, sondern auch aus Rache und Vergeltung. Also bitte tue mir den Gefallen und rede nicht von Dingen, die du nicht verstehst. Barmherzigkeit und Liebe sind dir genauso fremd, wie jedem Sucher. Grausamkeit liegt genauso in deiner Natur, wie in meiner. Wir
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