Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)
und atmete. Sie öffnete die Augen, sah mich, schloss sie wieder.
Ich kauerte über ihr, zitterte und sah ihr beim Atmen zu.
Kapitel 13
ANDERE FREUNDE,
GEFÄHRLICHE FREUNDE
Das Dock war über eine schmale Holztreppe mit einem der Häuser an der Wasserstraße verbunden. Nachdem ich zu zittern aufgehört hatte, brach ich die Tür auf und trug Emily hinauf. Es war ein hübsches Haus.
Ich legte Emily im Salon auf ein Sofa, dann suchte ich Verbände und fand in einer Speisekammer neben der Küche einen fertigen Wickel. Ich schnitt ihre Bluse auf und versorgte die Wunde, so gut ich konnte. Vorne und hinten prangte ein kleines Loch. Mattgraues Zinn verstopfte es, dessen Grate auf ihre Haut übergingen. Die Kugel hatte sie durchschlagen. Ihr Überleben hatte durch den Blutverlust und die Unbilden bei unserer Flucht aus der Kirche an einem seidenen Faden gehangen. Ich war nicht sicher, welche Auswirkungen Camillas Fötalmetall auf die Wunde hatte, aber es schien sie stabilisiert zu haben. Ich hüllte sie in eine Flanelldecke, die ich im großen Schlafzimmer im Erdgeschoss fand. Abgesehen von meinem hektischen Umherlaufen und einem vereinzelten verhaltenen Seufzen von Emily herrschte Stille im Haus. Nachdem ich sie versorgt hatte, durchsuchte ich den Ort, um mich zu vergewissern, dass wir alleine waren.
Im ersten Stock befand sich ein Kinderzimmer – Regale voll Holzspielzeug, staubig. Der Wäscheschrank roch nach Schimmel. Das Bett im Schlafzimmer war gemacht, doch es fehlten all die Kleinigkeiten des täglichen Lebens. Die Bilderrahmen, die den Flur säumten, waren leer, und in der Asche des Kamins im Arbeitszimmer fand ich Fetzen alter Fotos. Als ich zuversichtlich war, dass wir nicht gestört werden würden, ging ich zurück zu Emily, um nach ihr zu sehen.
Sie war blass und kalt, aber sie atmete noch, wenn auch flach. Ich schob eine Hand unter ihren Nacken und rückte das Kissen zurecht. Sie murmelte etwas, wachte jedoch nicht auf. Ich überprüfte die Vorhänge, die Türen, alle Fenster. Dann kehrte ich erneut zu Emily zurück. Immer noch atmete sie, immer noch war sie totenbleich.
Der Weinvorrat wurde in einem Trockenlager neben der Küche aufbewahrt. Ich griff mir eine Flasche und einen Korkenzieher sowie ein staubiges Glas, das ich mit dem lauwarmen Wasser der Spüle abwusch. Auf dem Rückweg in den Salon hielt ich an der Tür zu dem tiefer gelegenen Privatdock inne. Ich hatte den Rahmen beschädigt. Ich öffnete die Tür einen Spalt und lauschte. Was ich hörte, war Wasser, das unregelmäßige Klatschen der Wellen gegen Holzplanken und das Knarren von Seil. Es roch nach ertrunkenem Hund. Ich schloss die Tür, so gut ich konnte, und schob ein Bücherregal davor.
Der Wein war gut. Ein 14er Sauvignon von einem Winzer von den Rindenrücken jenseits des Ebd. Ein teurer Tropfen, und ich trank ihn aus einem schmierigen Wasserglas in einem verwaisten Haus. Wachs vom Korken rieselte in das Glas, als ich einschenkte, doch es war mir egal. Ich zog mir einen Stuhl heran, setzte mich neben Emily, trank, beobachtete sie und wartete. Worauf, das wusste ich nicht.
Ihre Atmung schien gleichmäßiger zu werden. Ihre Lippen hatten sich ein bisschen geteilt. Ein wenig Zunge und Zähne lugten dazwischen hervor. Ich wischte die letzten Reste der Metallrückstände mit einem in Sauvignon getränkten Tuch ab. Sie seufzte und schlug flatternd die Augen auf.
»He«, flüsterte sie. »Guter Wein.«
»Nur das Beste.« Ich stellte die Flasche ab und wischte ihr die Haare aus den Augen. »Wie fühlst du dich?«
Sie räusperte sich und nickte in Richtung der Flasche. Ich ging in die Küche und holte eine flache Schale. Behutsam trank sie, während ich ihr den Wein an die Lippen hielt.
»Hast du versucht, mich zu ertränken?« Ihre Stimme klang trocken, und sie verschluckte die halben Worte, trotzdem verstand ich sie. »Ich frage ja nur, weil ich das Gefühl habe, das könnte ein Teil deines Plans gewesen sein.«
»So siehst du das also, was?« Ich grinste.
»Nur eine Feststellung, Jacob.«
»Genau. Also fühlst du dich besser.«
»Ich fühle mich, als wäre ich angeschossen, unter Wasser gehalten und durch Jauche geschleift worden.«
»Du hast den Wein vergessen«, sagte ich und schüttelte die Flasche.
»Richtig. All das, und dazu der Wein. Was für eine tolle Entschädigung.«
»Es ist ein sehr guter Wein.«
Emily versuchte, sich aufzusetzen, musste es jedoch aufgeben und sank zurück auf das Sofa. Sie leckte sich über die
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