Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)
würde. Und vielleicht wolltest du auch Emily keine Gelegenheit geben, sich dagegen auszusprechen.«
»Also echt, leck mich doch.«
Er zuckte mit den Schultern. »Meine Loyalität gilt ihr, Jacob. Nicht dir. Wenn du uns verkauft hast, werde ich es herausfinden. Und wenn du zulässt, dass sie ihr etwas antun …«
»Zulassen, dass sie ihr etwas antun? Zulassen? Hast du eine Ahnung, was sie und ich durchgemacht haben, nachdem wir dich verlassen hatten? Solange sie das Mechagen nicht hatten, spielte es keine Rolle, was sie mit mir machten. Sobald du zugelassen hattest, dass sie es bekommen …«
Das Messer war an meiner Kehle, bevor ich mich rühren konnte. Und es war reichlich scharf.
»Sag das noch ein Mal«, forderte Wilson mich leise heraus. »Behaupte noch ein verdammtes Mal, dass es meine Schuld war.«
Ich schluckte und versuchte, in die Wand zurückzuweichen. Seine Hand folgte mir, ruhig wie ein Fels.
»Von hier an gibt es zwei Möglichkeiten, Wilson. Durch eine stirbt Em. Die andere sieht so aus, dass wir uns aussprechen, einen Plan schmieden und sie befreien.«
»Und die Leute töten, die sie haben.«
»Natürlich.«
»Dabei gehst du davon aus, dass ich sie nicht selbst befreien kann, Jacob. Dass ich deine Hilfe brauche.«
»Die brauchst du auch. Und ich kann es todsicher nicht ohne deine Hilfe tun.«
Eine Weile starrte er mich an. Seine dunklen Augen widerspiegelten sich in den Zacken und in der gekrümmten Schneide seiner Klinge. Schließlich senkte er das Messer.
»Das stimmt. Also sag, Jacob Burn: Wo seid ihr gewesen? Und was unternehmen wir wegen unseres Mädchens?«
»Du wirst mir nicht glauben. Ich glaube mir ja selbst kaum. Aber ich habe erfahren, dass dieses Ding in meiner Brust ein sehr altes Artefakt ist, das mit dem Segen meines Vaters in mir versteckt wurde. Und das Mechagen ist das Herz eines toten Gottes.«
»Das hatten wir ja bereits vermutet«, erwiderte er.
»Jetzt wissen wir es mit Sicherheit. Ich habe in der Kirche des Algorithmus ein weiteres gesehen. Und ich bin dem Mädchen begegnet.«
»Dem Mädchen?«
»Camilla. Der Märtyrergöttin von Veridon.«
Ich berichtete ihm grob, wo ich gewesen war, was ich gesehen hatte. Er sah mich dabei mit ausdrucksloser Miene an. Als ich fertig war, nickte er knapp.
»Diese Dinge hängen miteinander zusammen?«, fragte er. Ich nickte meinerseits. »Der Rat hat also etwas gefunden und versucht, es der Kirche vorzuenthalten.«
»Besser noch. Der Rat versucht, es für sich selbst zu nützen. Zwischen den alten Familien und den neuen Sitzen ist es zum Bruch gekommen. Wie du schon sagtest – die Dinge sind übel kompliziert.«
»Und sie haben Emily entführt …«
»Um mich zu bekommen. Um mich anzulocken. Außerdem haben sie vor, sie dem Engel zu opfern. Sie machen aus ihr einen idealen Wirt.«
Nachdenklich nickte er. »Und dein Vater?«
»Der ist mir zwei Mal in den Rücken gefallen. Er hat den Rat hintergangen, um mich an die Kirche zu verkaufen, dann wollte er mich überreden, mich den Tombs auszuliefern. Den Teil hast du ja mitbekommen.«
»Ja. Ich bin dir vom Familiensitz der Burns aus gefolgt. Dieser Diener, wie heißt er noch mal? William? Er brach gleich nach dir auf.«
»Wahrscheinlich, um meinen Vater zu warnen. Ich kam zwangsläufig nur langsam voran, weil ich den Patrouillen ausweichen musste. So konnte die Tomb arrangieren, dass mich all diese Gardisten bereits erwarteten.« Ich verschränkte die Arme vor der Brust und bedachte Wilson mit einem neugierigen Blick. »Warum hast du mein Haus beobachtet?«
»Ich war misstrauisch. Wenn du uns an den Rat verkauft hättest, wäre es nur eine Frage der Zeit gewesen, bis du zu Hause aufgekreuzt wärst.«
»Klingt einleuchtend«, meinte ich.
»Und was machen wir jetzt?«
Ich seufzte und faltete die Hände.
»Wir müssen entscheiden, wem wir vertrauen. Tomb hat mir gesagt, Emily sei bei Sloane. Waren es die Ordnungshüter, die dich angegriffen haben? Bist du da ganz sicher?«
Er nickte.
»Das ergibt Sinn. Tomb hat gesagt, sie hätten Emily hinauf zum Fackellicht gebracht.«
»Zum Fackellicht?«
Ich nickte. »Zum Stützpunkt.«
»Das ist eine befestigte Anlage. Da kommen wir nie rein.«
»Oh, ich denke doch. Das wollen sie ja. Mehr Kopfzerbrechen bereitet mir, wie wir wieder rauskommen sollen.«
»Das ist etwas, das uns allen Kopfzerbrechen bereitet, Jacob Burn«, ergriff hinter mir aus den Schatten der zerschmetterten Treppe eine Stimme das Wort. Sie klang melodisch,
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