Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)
dachte ich, als ich die Diele betrat und meinen Briefkasten überprüfte. Der Läufer hier stank, als hätte ihn Flusswasser durchtränkt und schimmlig werden lassen. An diesem Morgen war der Geruch besonders durchdringend, oder vielleicht ging er auch von mir aus. Ich erklomm die klapprige alte Treppe zu meinem Zimmer im zweiten Stock am Ende des Gangs. Drinnen verriegelte ich die Tür, zog mich aus und legte mich aufs Bett. Der Geruch stammte eindeutig von mir. Ich wollte schlafen, aber hier war es nicht sicher. Nun, da ich innehielt, um nachzudenken, wurde mir klar, dass ich wahrscheinlich gar nicht hätte herkommen sollen. Ich war gerade erst vor dem geflüchtet, was Besitz vom Sommermädchen ergriffen hatte, weg vom Anwesen der Tombs auf den Höhen und den Schwierigkeiten dort. Was immer sich dort abspielte, war eine Nummer zu groß für mich. Den ganzen Weg vom Berg herunter hatte ich darüber nachgegrübelt, über die Pistole, über das Foto und über dieses … Ding. Das Mädchen. Ich wusste nicht, wen ich getötet hatte – das Mädchen oder die Kreatur, zu der es geworden war. Oder was es für einen Unterschied machte. Und was all das mit der Pracht des Tages und diesem Mechagen-Artefakt zu tun hatte. Dem Mechagen …
Das ich in Emilys Wohnung gelassen hatte. Jäh setzte ich mich auf, als mir wieder einfiel, wohin ich zuerst hätte gehen sollen. Ich stand auf und begann, mich anzuziehen. Offenbar war ich eingenickt, denn ich hörte den Mann vor meiner Tür erst, als er das Schloss knackte.
Mit einem Bein in der Hose und dem anderen mitten in der Luft erstarrte ich. Meine Hoden schrumpften. Ich ließ den Gürtel fallen und schlich leise zu meiner Jacke mit der Pistole. Ich bekam die Waffe gerade rechtzeitig heraus, als die Tür aufschwang.
Es war Pedr, einer von Valentines Laufburschen, ein kleiner, dünner Mann mit einem etwas zu großen Kopf und so schmalen, kantigen Wangenknochen, dass sie künstlich wirkten. Als hätte er einen Trickschädel, mit Sprungfedern versehen, um durch die blasse Haut hervorzuschießen. Er erblickte mich und ließ seinen Dietrich fallen.
»Oh. Oh Scheiße«, stieß er hervor.
»Das kannst du laut sagen.« Ich stand da und starrte ihn finster an, gab mir keine Mühe, meine Nacktheit oder die Pistole in meiner Hand zu verbergen. Er wandte den Blick ab und wollte hinauseilen. Ich zog ihn ins Zimmer und schloss die Tür. »Was ist los, Pedr?«
»Ich … ich dachte …« Er setzte sich aufs Bett und verstummte. Mit den Händen im Schoß zupfte er an seinen dreckigen Ärmelaufschlägen herum. Ich legte den Revolver auf meinen kleinen Schreibtisch und zog mich weiter an.
»Du dachtest.« Ich wurde mit der Hose fertig und kramte das unscheinbarste Hemd hervor, das ich besaß. Während ich es zuknöpfte, beobachtete ich ihn. »Was dachtest du, Pedr?«
»Nichts. Nur, dass du noch oben im Landsitz sein würdest. Wegen dem Regen und so.«
»Du dachtest, du stellst mal meine Bude auf den Kopf, während ich für den Boss unterwegs bin?«
Er zuckte zusammen, warf mir einen Seitenblick zu. Und nickte.
»Na schön. Also …« Ich setzte mich neben ihn aufs Bett, während ich meine Socken zurechtzupfte und meine Stiefel anzog. »Das ist deine Geschichte? Ehrlich? Du wolltest die bevorzugte Waffe deines Bosses ausrauben?«
Er starrte auf seine Füße hinab, fingerte weiter an seinen Ärmeln. Er mochte kaum merklich genickt haben. »Klar.«
»Du bist ein kleiner Scheißer, Pedr, aber du bist nicht dumm.« Ich stand auf, ergriff die Pistole und lehnte mich lässig an den Kamin. »Wer war es?«
Er saß nur da, wand sich unter meinem Blick und schien nicht antworten zu wollen. Ich beugte mich vor und schlug ihm quer über den Kiefer, gerade kräftig genug, um ihn vom Bett zu schleudern. Bei einem so großen Kopf bedurfte es keiner besonderen Kraft, um ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen. Wimmernd rappelte er sich auf.
»Jemand hat dich damit beauftragt, in mein Zimmer einzubrechen, Pedr. Wenn ich dich durchsuche, wenn ich dafür lang genug den Atem anhalten kann, werde ich bei dir Geld finden. Eine saubere, glänzende Stange Kronen, für die du noch keine Gelegenheit hattest, sie zu verschleudern. Hab ich recht? Wenn das passiert, wenn du nicht redest, ich dich durchsuchen muss und das Geld finde, tja … dann wird es laut. Dann wecke ich die Nachbarn, indem ich Dinge auf deinem verfluchten Schädel zerschlage, bis du den Mund aufmachst. Alles klar?«
»Das will ich nicht,
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