Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz von Veridon: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Akers

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»Das hat mit einem Piloten nichts zu tun. Jedenfalls nicht im unmittelbaren Sinn. Wie viel weißt du über Biotik?«
    »Biotik. Das, was die Schöpfergilde macht?« Was mit dem Sommermädchen gemacht wurde , dachte ich bei mir.
    »Richtig. Insbesondere darüber, wie es mit Mechagenetik zusammenhängt. Die Beziehung zwischen beidem.«
    »Es hängt gar nicht miteinander zusammen. Ich meine, das sind zwei getrennte Wissenschaften.«
    »Getrennte Wissenschaften, die ähnliche Ziele verfolgen.« Langsam ging er umher, und zum ersten Mal nahm ich bewusst den Raum wahr, in dem ich mich befand. Er sah wie ein Operationssaal aus, umgeben von staubigen, verwahrlosten Sitzreihen, die in die unbeleuchteten höheren Gefilde des Raumes verschwanden. Der Boden war mit Hausrat übersät: ein Schreibtisch, zwei Stühle, mehrere schmale Tische, auf denen allerlei Gerätschaften lagen, sogar ein Bett an der runden Wand. Der Fliesenboden war dreckig vor Schimmel, und ringsum waren ein paar dünne Läufer ausgelegt worden. Wilson blieb an einem der Tische stehen und ergriff ein kleines Glasbehältnis. Er begann, den Verschluss aufzuschrauben. »Früher waren sie nicht so getrennt. Wie du richtig sagst, bildet die Akademie Piloten aus. Früher jedoch diente sie einem zivileren Zweck. Weißt du, was das ist?«
    Er hielt das Glas vor mich hin. Es verströmte einen durchdringenden Gestank nach Verwesung und getrocknetem Erbrochenen. Ich rümpfte die Nase und spähte hinein. Im Inneren befand sich eine Lage aus zerstoßenen Blättern, in der ein Käfer wuselte. Wilson hob ihn mit zwei spitzen Fingern heraus.
    »Ein Engramm-Käfer«, sagte ich.
    »Ja. Ein Engramm-Käfer.« Er legte ihn auf seine Handfläche und präsentierte ihn mir. Der Rücken des Käfers war glatt. Er war noch nicht geprägt worden. »Eine der wenigen verbliebenen Praktiken der alten Akademie. Ein Relikt aus einer Zeit, als sich die Einrichtung noch dem Wissen, dem Erkunden der Welt rings um uns verschrieben hatte. Nun ist nur noch die Schöpfergilde mit ihren kleinen Belustigungen übrig.«
    »Als klein würde ich sie nicht bezeichnen. Ihre Engramme sind ziemlich unglaublich.«
    »Nichts im Vergleich zu dem, was sie sein könnten. Was sie waren, bevor du geboren wurdest, bevor die Kirche … egal. Verbitterung bringt mich davon ab, worauf ich eigentlich hinauswill.« Wilson hob die Hand. Der Käfer kroch über seine Knöchel und erklomm schließlich die Spitze eines Fingers, wo er sich an der Klaue festklammerte. »Biotik ist die Lehre von den Lebensformen. Was sie tun und was sie sein können. Von den Mustern im Inneren, und davon, wie diese Muster verwendet werden können, um die Form zu verändern.«
    »Klingt nach der Kirche.«
    »Die Kirche ist am äußeren Muster interessiert. Am Algorithmus des Unsichtbaren, wie die Erschaffer so gerne sagen. Sie versuchen, aus den Mechagenen, die sie aus dem Fluss zerren, aus den Brocken, die mit der Strömung kommen, ein Muster abzuleiten und der Welt dieses Muster aufzuzwingen.« Er gestikulierte mit dem Käfer, schwenkte ihn in langsamen Kreisen vor meinem Gesicht. »Dabei gibt es bereits ein Muster. Hier.« Er hob den Käfer an, dann deutete er erst auf mich, dann auf sich selbst. »Und hier und hier.«
    »Klingt für mich immer noch nach der Kirche«, brummte ich. »Führt das auch irgendwohin?«
    »Tut es«, gab er zurück und lächelte. »Dein Aggregat, das vermeintlich dafür entwickelt wurde, deinen Willen einem mächtigen Luftschiff aufzuzwingen, ist etwas anderes. Alle Mechagene leiten sich von den Mustern der Kirche ab, und doch ist das etwas anderes. Etwas, das ich noch nie gesehen habe – und ich habe schon sehr viel gesehen. Es ist ein Muster.« Sein Lächeln wirkte unangenehm strahlend. Er hielt den Käfer vor mich hin. »Eines, das ich verstehen möchte.«
    »Die Akademie hat es mir eingesetzt. Frag deren Leute.«
    »Sie sind nicht hier. Eine Käferung ist nichts, wovor man sich fürchten muss, Jacob Burn.«
    Verzweifelt sah ich mich im Raum um. Meine Brust schmerzte höllisch, und Wilsons Augen wirkten ungemein strahlend, seine Zähne außergewöhnlich spitz. »Wo ist Emily?«
    »Auch sie ist nicht hier. Nimm den Käfer. Ich möchte nur das Muster deines Herzens prägen, um zu sehen, was mit dir gemacht wurde.«
    »Hab ich dir doch gesagt – es ist ein Pilotenaggregat. Die Akademie hat es mir eingesetzt.«
    »Das mag sein, aber eines kann ich dir versichern.« Er beugte sich dicht zu mir. Sein Atem roch nach