Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)

Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz von Veridon: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Akers
Vom Netzwerk:
eine weitere Waffe für unterwegs und ließ die Schrotflinte immer für den Fall im Schrank, dass jemand sie angreifen sollte, wenn sie die Wohnung betrat.
    Somit blieb die beunruhigendere Möglichkeit, nämlich die, dass Emily irgendwie unvorbereitet in der Wohnung überrascht worden war. Entführt ohne Kampf und Chaos. Einfach mitgenommen, und das Mechagen mit ihr. Nicht vielen Leuten würde so etwas bei Em gelingen. Vielleicht hatte es auch einen Kampf gegeben, und der Angreifer hatte aufgeräumt, bevor er ging. Abermals sah ich mich um: Alles war penibel ausgerichtet, sauber, perfekt. Es würde Zeit in Anspruch nehmen, einen Raum wieder in diesen Zustand zu versetzen, und zwischen meinem Aufbruch und Cachers Eintreffen konnte nicht viel Zeit geblieben sein. Es ergab keinen Sinn.
    Ich stand auf, als ich sie auf der Treppe hörte. Meine Grübelei fiel jäh von mir ab, und ich begriff sofort, weshalb ich niemanden bemerkt hatte, der das Haus von der Straße aus observierte. Sie befanden sich gegenüber, zwei Ordnungsbeamte in grauen Mänteln, die seelenruhig durch das Fenster einer Mietwohnung spähten. Was war ich doch dumm und träge gewesen; ich war bei dieser Überlebensgeschichte nicht voll bei der Sache. Nun, da die Dinge in Bewegung geraten waren und ihre Leute die Treppe der Eingangshalle heraufpolterten, hatten es die Späher aufgegeben, sich hinter den Vorhängen zu verstecken, und beugten sich aus dem Fenster. Sie zielten mit den langen Gewehren, die der Rat selten austeilen ließ und die man nie innerhalb der Stadtgrenzen sah. Ich rollte mich gerade noch rechtzeitig vom Fenster weg, als das Glas in schillernde Scherben zerbarst und aus der gegenüberliegenden Wand Putz stob.
    Geduckt rannte ich vier Schritte auf die Tür zu, bevor ich mich an den Lärm auf der Treppe erinnerte und mich zurück in Emilys Zimmer warf. Die Eingangstür begann, unter den Stiefeln der Beamten zu erzittern. Flocken des Putzes rieselten wie Schnee von den Pfosten. Ich feuerte zweimal in die Tür und zuckte zusammen, als ein Schuss von der anderen Straßenseite die Fensterbank im Schlafzimmer splittern und Glasscherben durch den Raum spritzen ließ. Ich beugte mich vor, stemmte beide Füße gegen die Matratze und kippte sie gegen das Fenster. Sollten sie ruhig blind feuern. Das Hämmern an der Tür setzte wieder ein. Ich kroch auf dem Bauch zum Kamin und ergriff den eisernen Schürhaken. Eine weitere Kugel kam durch das Fenster. Staub und Federn explodierten aus der Matratze, vom Bettrahmen stoben Holzsplitter. Ich zwängte mich in eine Ecke des Schlafzimmers und begann, auf die Gipsdecke einzuhacken. Emily wohnte im Obergeschoss eines einstöckigen Gebäudes. Als ich auf die Bohlenschicht stieß, stieg ich auf einen Stuhl und durchschlug sie mit der Faust. Ich verließ mich darauf, dass mich die verflochtene Knochenverrohrung meiner Pilotenschnittstelle zusammenhalten würde. Es gab eine Menge Blut, und die Haut schälte sich von meinen Knöcheln, aber ich kam durch. Als sie die Tür überwanden, hievte ich mich in die Dunkelheit empor.
    Der Dachboden erwies sich als finster und heiß. Nur wenig Licht drang durch die Lüftungsöffnungen des Giebels ein. Ich hatte Putzstaub in den Augen und im Mund, und von meinen Händen lief Blut über die Pistole. Der Boden der Dachkammer bestand lediglich aus einem Balkenrahmen über Bretterwerk, deshalb balancierte ich vorsichtig auf die Lüftungsöffnungen zu. Schüsse peitschten durch den Boden herauf. Die Beamten wurden offenbar verdammt verzweifelt. Ich war ziemlich sicher, dass sie mir nicht herauffolgen würden, da bestimmt jeder Einzelne von ihnen zu kostbar war, um als Erster den Kopf in die Dunkelheit emporzustrecken.
    Ich trat die Lüftungsgitter hinaus und kletterte aufs Dach. Keine zwei Herzschläge verstrichen, bevor die Trottel von der anderen Straßenseite auf mich schossen. Aus dieser Lage mit einem Gewehr ein Ziel zu verfehlen, schien schwierig zu sein, trotzdem schafften sie es. Ich rollte mich auf der gegenüberliegenden Dachschräge hinunter, schlang ein Bein um das Regenabflussrohr und kletterte langsam – zu langsam – zur Straße hinab. Die Menschen hatten das Weite gesucht – all die Schüsse und umherfliegenden Gebäudeteile hatten sie versprengt. Die Beamten stürmten etwa zur selben Zeit aus dem Haus, als meine Stiefel den Boden berührten.
    Ich zielte erst gar nicht, sondern schoss einfach, lud durch, schoss erneut. Die Kugeln prallten von der Ziegelsteinmauer

Weitere Kostenlose Bücher